Herdecke. . Irmgard Peters (79) pflegt nahezu täglich Wege und Pflanzen auf dem Friedhof Buchenstraße. Es gibt gute Gründe, warum sie das tut.

„Ich brauche Bewegung. Aber am liebsten mache ich Gartenarbeit. Mir tut das einfach gut“, sagt Irmgard Peters. Wer die Seniorin mit den wachen Augen und der gesunden Gesichtsfarbe anschaut, zweifelt nicht einen Moment daran. Immer wieder staunen Nachbarn und Bekannte über den Elan der Ur-Herdeckerin. Aber auch Dank und Anerkennung werden der 79-Jährigen zuteil, weil sie mit all ihrer Kraft und gärtnerischem Geschick unermüdlich auf dem Waldfriedhof Buchenstraße wirkt.

Ein Zimmer für die Familie

„Mein Leben besteht aus Arbeiten“, sagt Irmgard Peters rückblickend. Als Jüngste von fünf Geschwistern habe sie schon als Kind „immer gewirkt“. Nach der Schule absolvierte sie eine Lehre zur Lebensmittelverkäuferin in Altenhagen. Als sich dann Nachwuchs ankündigte und die junge Herdeckerin „heiraten musste“, wohnte sie mitsamt ihrer kleinen Familie und ihrer Mutter in der Wohnung Auf den Brennen, in der sie heute noch lebt. „Die Wohnungsnot war groß damals. Wir hatten ein Zimmer zu Dritt, und meine Mutter lebte auch mit in der Wohnung. So war das früher“, erzählt Irmgard Peters. Später dann sei ihre Mutter „zurück in die Stadt, in die Wetterstraße,“ gezogen. Familie Peters blieb.

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Gemeinsam mit ihrem Mann Karl-Heinz sei sie für Spaziergänge oft zum Waldfriedhof Buchenstraße und von dort weiter zum Speicherbecken und zurück gegangen. „Als mein Mann vor 18 Jahren starb, gefiel es mir rings um sein Grab nicht. Ich hab’ dann mal an Wegen und Büschen sauber gemacht“, erinnert Irmgard Peters an die Anfänge ihres Wirkens auf dem Friedhof. Und nachdem Friedhofsgärtner Bernd Römer sein Einverständnis gegeben hatte, „habe ich immer mehr gemacht“. In den letzten fünf Jahren arbeitete sie beinahe täglich sechs bis sieben Stunden dort. „Es hat mir Freude gemacht“, kommentiert sie rückblickend. Eine Nachbarin habe irgendwann bei der Stadt angerufen und vorgeschlagen, sie auf 450-Euro-Basis anzustellen. „Aber die Stadt hat kein Geld“, weiß Irmgard Peters, „und ich war wohl auch schon zu alt“. Stattdessen bekam sie einen Brief von der Bürgermeisterin – und immer wieder liebe Worte von Menschen, die ihre Arbeit zu schätzen wissen.

Hilfe vor Weihnachten

Bernd Römer habe sie jedenfalls versprochen, auch ohne Bezahlung ehrenamtlich auf dem Friedhof weiterzuarbeiten. „Einmal kam er und fragte mich: Irmgard, hast Du noch Zeit vor Weihnachten, um ein wenig zu helfen? Klar habe ich geholfen. Oder er fragte mich, ob ich die Rosen in dem großen Rosenbeet am Eingang schneiden könne. Zwischendurch hat er mich dann mal gedrückt. Er und die anderen Gärtner haben das Grobe gemacht und ich ringsum die Feinarbeiten“, erzählt die Herdeckerin. Der Tod von Bernd Römer im Sommer dieses Jahres fügte dem Leben von Irmgard Peters nach dem Verlust ihres Sohnes, der mit nur 48 Jahren verstarb, und dem Tod ihres Mannes ein weiteres trauriges Kapitel hinzu. Aber sie macht weiter: „So lange ich kann, möchte ich das beibehalten. Ich kann sehr gut ackern. Das ist auch für meine Psyche gut.“

Und wenn sie mal gerade nicht auf dem Friedhof im Einsatz ist, dann kümmert sie sich „privat“ um einen Garten zwei Straßen weiter oder hilft zwischendurch auch mal bei Familie Mellinghaus aus. „Ich kann nicht, gibt’s nicht. Ich sage immer, ich will“, so die 79-Jährige. „Wenn ich nicht in einem Garten bin, dann renne ich um den See.“ Eigentlich sei sie wunschlos glücklich, antwortet die Herdeckerin auf die Frage nach einem ganz persönlichen Weihnachtswunsch. Dann hält sie kurz inne und sagt: „Wobei es schon schlimm ist, wenn man alleine ist.“

Selbstständig bleiben

Auf jeden Fall aber möchte sie ihre Selbstständigkeit behalten: „Von jemandem abhängig zu sein, das wäre ein großes Problem für mich.“ Einen Wunsch für die Welt hat Irmgard Peters auch: „Frieden!“ Dann zählt sie auf: „Trump, Putin, Erdogan und Kim Yong-un – unsere Welt ist doch nicht mehr sicher.“