Herdecke. . Feuerwehrmänner können bei Notfällen nicht nur mit Löschfahrzeugen eingreifen. Die „First Responder“ aus Herdecke sind auch Rettungshelfer.

  • Erstversorger sind bei Notfällen wichtiges Glied in der Rettungskette
  • Alle Feuerwehrmänner hatten eine grundlegende medizinische Ausbildung
  • Zahl der Einsätze steigt in den vergangenen Jahren

Ein Säugling im Ortsteil Herrentisch, drei Wochen alt, läuft blau an. Herz- und Atemstillstand. Der Notruf geht ein. Christian Arndt und zwei seiner Kollegen rücken aus, das Trio ist nach vier Minuten am Ort des Geschehens. Sie leiten erste Notfallmaßnahmen bis zur Ankunft des Rettungsdienstes ein und retten dem Kind damit das Leben. So geschehen vor drei Wochen.

„Häufig fragen sich die Leute, warum denn ein Feuerwehrauto kommt, obwohl sie doch einen Krankenwagen gerufen haben“, weiß Arndt.

Der Grund: Er ist, wie 18 weitere Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Herdecke, ein sogenannter „First Responder“, zu deutsch: Erster Eintreffender. First Responder sind Feuerwehrmänner, die auch für Notfallmaßnahmen ausgebildet sind. Ein zusätzliches Glied in der Rettungskette zwischen Laienreanimation und fachmännischer rettungsdienstlicher Versorgung, dem eine besondere Bedeutung zukommt. Denn pro Minute sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit nach einem Herzstillstand um zehn Prozent. „Zudem können die Ersthelfer dem Rettungsdienst über Funk vorab wichtige Informationen über den Patienten und die Lage durchgeben“, erklärt Arndt.

Das Konzept sieht eine Alarmierung vor, wenn die Rettungsmittel aus Herdecke und Wetter bereits belegt sind. Arndt: „Die Entscheidung, ob geschickt wird, obliegt dann allein dem Disponenten in der Leitstelle in Schwelm.“

Wie wird man First Responder?

„Wir suchen dringend interessierte Leute“, bekräftigt Christian Arndt. Wer sich für eine Ausbildung zum Feuerwehrmann und First Responder interessiert, schreibt am besten eine Mail an www.feuerwehr-herdecke.de/mitmachen.html.

Eines muss Anwärtern aber klar sein: „Wir sind in erster Linie eine Feuerwehr. Von 400 Einsätzen jährlich sind nur 22 First Responder-Einsätze“, erinnert Arnd Langohr. Im Vordergrund steht bei Einsätzen ohnehin die Rettung in der Not.

Die Zahl der Einsätze für die „Helfer vor Ort“, die in Herdecke seit 2013 professionell organisiert sind, nimmt jedenfalls stetig zu. Waren es 2015 noch neun und im letzten Jahr zwölf, sind es für das Jahr 2017 bis dato schon 22. „Die Rettungsdienste sind mit ihren normalen Aufgaben meist schon gut gefüllt, Rettungsmittel werden über die Krankenkassen kalkuliert und sind manchmal knapp. Zudem wird die Bevölkerung älter. Viele legen sich neuerdings noch E-Bikes zu und stürzen womöglich schwer“, benennt Feuerwehrmann Arnd Langohr mögliche Gründe für den Anstieg der Einsätze.

Zeitintensive Ausbildung

Die Arbeit erfolgt ehrenamtlich und aus hoher Eigenmotivation. In den späten Stunden sowie am Wochenende kommen die First Responder meist von zuhause aus zu den Einsätzen. „Das ist doch die ursprünglichste Geschichte überhaupt: Die Feuerwehr soll Menschen retten. Ich lasse lieber für einen Notfall meine Familie alleine, als dass ich irgendwo eine Ölspur fegen muss“, gibt Langohr, der seit 1983 im Feuerwehr-Dienst ist, zu. Bevor ein Feuerwehrmann zu solchen Einsätzen geschickt wird, steht zunächst eine zeitintensive Ausbildung auf dem Programm. Leiter Hans-Jörg Möller verrät: „Zu Beginn steht eine 80-stündige Grundausbildung zum Feuerwehrmann. Darauf folgt ein Praktikum auf einem Rettungswagen, die nochmal 80 Stunden dauert und eine Abschlussprüfung.“

In Vollzeit kommen Anwärter also auf mindestens vier Monate Ausbildung und Theorie. „Viele müssen die Theorie aber auf das Wochenende legen, weil sie unter der Woche normal arbeiten. Dann ist das alles schon recht zeitaufwendig“, gibt Feuerwehrmann Tim Fieber zu bedenken.

Ebenfalls wichtig ist – wie in fast allen Berufen, die sich mit Notfällen, Schwerverletzten, Kranken und Erster Hilfe befassen – eine gewisse mentale Stärke und die Fähigkeit, Distanz zu wahren: „Man darf keinen zu persönlichen Kontakt zu den Betroffenen aufbauen. Häufig erfahren wir nicht einmal, was aus dem Notfallpatienten geworden ist“, sagt Langohr.

Und was sollten Anrufer und Betroffene im Notfall tun? Christian Arndt erläutert: „Machen Sie sich bitte an Ort und Stelle bemerkbar und weisen uns möglichst genau ein. Wenn wir in Schritttempo an der Stelle vorbeifahren und den Patienten erst noch suchen müssen, kostet das wertvolle Zeit. Zudem sollten Passanten vor unserem Eintreffen mit Laienreanimation beginnen. Viele haben Angst davor, da kann man aber nichts verkehrt machen.“ Es sei denn, man macht gar nichts.