Wetter. . Wie erfährt die Politik, was die Bürger wirklich wollen? Frank Schneider kennt einen Weg, der über die Wahltermine hinaus geht.
- Frank Schneider will mit gesammelten Daten der kommunalen Politik Entscheidungshilfen geben
- Der Wetteraner sucht zur Gründung seines Start-ups noch weitere Partner
- Seine Dienstleistung soll auch für die Wähler Vorteile bringen
Wer hat wo wie abgestimmt? Die Bundestagswahl hat jüngst eine Fülle von Daten geliefert, die Auswertung beschäftigt die Politiker auf vielerlei Arten. Bis zum nächsten Urnengang dauert es nun wieder. Was aber passiert in der Zwischenzeit? Wie lassen sich relevante Themen und Äußerungen der Bürger über Zyklen von vier oder fünf Jahren analysieren? Welche Willensbekundungen im Internet spielen für Parteien und ihre Programmatik auch auf kommunaler Ebene eine Rolle? Auf diese Fragen will Frank Schneider aus Wetter Antworten finden und das zu seinem Beruf machen.
Ehrenamtliche gearbeitet
Ein Satz wie „So etwas fehlt in Deutschland“ lässt aufhorchen. Der 30-Jährige will auf den „Big-Data“-Zug aufspringen, obwohl Frank Schneider eigentlich schon lange mitfährt. In seiner Heimatstadt hat das SPD-Mitglied für die Bürgermeisterwahl 2013 und die Kommunalwahl 2014 ehrenamtlich Datenanalysen erstellt. Daraus habe sich die Idee entwickelt, mehr als nur Excel-Tabellen nebeneinander zu legen und Vergleichswerte aus Wahlbezirken in neuen Darstellungsformen aufzubereiten. Und zwar als Dienstleister für alle Parteien. Seit dem Ende seines Jura-Studiums an der Ruhr-Universität Bochum in diesem Jahr forciert er seine Projektvorstellungen: Schneider will ein Start-up-Unternehmen gründen, bereitet derzeit einen Business-Plan für die Hochschulausgründung Jülich vor und hofft auf Fördermittel vom Land über einen Zeitraum von 18 Monaten.
Bienenfleißig Statements sammeln
Sein Ansatz: „Den Parteien fehlen Echtzeit-Daten, zwischen zwei Wahlen sind sie auf Umfragen angewiesen, wobei die Ergebnisse dann von diesen Erhebungen ja immer wieder abweichen“, sagt der 30-Jährige. Dabei sind im Internet-Zeitalter soziale Medien wie Facebook oder Twitter voll von Meinungsäußerungen, von denen viele auch für die Politik von Belang seien. Sein Projekt trägt den Namen „Bee Statistics“: Wie eine Biene (englisch „bee“) soll es hier um das Sammeln von Nektar gehen, um daraus Honig machen zu können. Anders gesagt, sieht sich Schneider zuvorderst als Dienstleister für Parteien, erwähnt aber auch die Wechselwirkung zugunsten der Wähler: „Wenn ihre Themen bei den Entscheidungsträgern aufschlagen, haben ja auch die Bürger etwas von diesen Untersuchungen. Vielleicht lässt sich so Politikverdrossenheit reduzieren.“
Suche nach Partner
Frank Schneider klingt zuversichtlich und engagiert, wenn er über sein Vorgehen spricht. Das liegt nicht nur an vielen Gesprächen mit Fachleuten und spezifischen Weiterbildungsseminaren, die er besucht. Mit Computer-Programmen habe er sich schon in der Schulzeit am Geschwister-Scholl-Gymnasium beschäftigt, während seines Studiums habe er die Internetseite des Lehrstuhls für öffentliches Recht gestaltet und professionell die EDV verwaltet, seit einigen Monaten arbeitet er für die CAIS GmbH (Center for Advanced Internet Studies). An der Fachhochschule Bochum fand er mit Informatik-Professor Hendrik Blunck einen kompetenten Begleiter für sein geplantes Unternehmen. Zum Start fehlt ihm noch ein zweiter Gründer, der profunde Kenntnisse im Programmieren und in der Mathematik haben sollte. Gespräche mit weiteren Förderern wie Landtagsabgeordneten oder aus Wirtschaftskreisen laufen.
Auf kommunaler Ebene
All jenen zeigt er sein Online-Erstlingswerk, die Datenanalysen aus seiner Heimatstadt (www.wahleninwetter.de). Daran lasse sich auch aufzeigen, dass es noch Hürden bei der Darstellungsform gebe. „Mit meinem Unternehmen möchte ich über Algorithmen eine Norm entwickeln, um dann eine anschauliche Vergleichbarkeit vorlegen zu können.“ Zunächst einmal betrachtet er seine Idee als Alleinstellungsmerkmal in Deutschland. Während beispielsweise in den USA die politische Facebook-Analyse längst läuft, fehlen Parteien hierzulande solche Informations-Bewertungen. Daraus leitet Schneider seine Vision ab, den gewählten Vertretern ein aktuelles Feedback von der Basis bereit zu stellen. „Im Kern möchte ich herausfinden: Was wollen die Leute, wie kann ich diese Wünsche und Daten mathematisch modellieren?“ Und all dies auf kommunaler Ebene.
Während immer mehr Studiengänge zu Datenanalysen entstehen, schwebt Schneider für seinen Start-up-Betrieb ein Drei-Schritt vor. Nach der Datenermittlung geht es um die Visualisierung, um eine entsprechende Matrix, die auf einer x- und y-Ebene Stimmen in Wahlkreisen ins Verhältnis setzt und sich damit von den gängigen Balkendiagrammen unterscheidet. Abschließend soll sich daraus eine Handlungsempfehlung ableiten lassen. „Das ist eine Kombination aus Datenanalyse und Sozialwissenschaften.“ Bei aller Technik ersetzen die Computer-Berechnungen ja nicht die Rückschlüsse für Verbesserungen durch die Politik, für die es Gehirnschmalz braucht.
Zur Person
- Frank Schneider wuchs in Wengern auf und machte sein Abitur im Jahr 2007. Schon in der Oberstufenzeit programmierte er für heimische Vereine und Verbände Internetseiten. „Als Jugendlicher haben ein Kumpel und ich aus Spaß viel ausprobiert, was Design und Fotoprogramme betrifft.“
- Nach den Selbstversuchen folgten Fachseminare an der Uni, zumal er nie eine klassische Jura-Karriere anstrebte. Seine politische Heimat ist die SPD. Schneider führte über einen längeren Zeitraum die Jusos in Wetter als Vorsitzender. Als sachkundiger Bürger saß er mal im Sportausschuss, ehe das Studium zu viel Zeit einforderte.
- Während seiner ehrenamtlichen Tätigkeit auf kommunaler Ebene reifte bei den Jusos eine Gemeinschafts-Idee, Daten nach politischen Wahlen zu analysieren. „Wir Studenten tauschten uns untereinander aus und dachten, dass jeder seine Fähigkeiten einbringen könnte.“
- Mit Fachkenntnissen von angehenden Programmierern, Mathematikern, BWL-ern, Statistikern oder Designern entstanden für Wetters SPD erste Wahlauswertungen. „Da dachte ich mir: Wenn das im Kleinen funktioniert, dann doch auch im größeren Stil,“, so Schneider.