Wetter. Die ärztliche Qualitätsgemeinschaft EN-Mitte will die medizinische Versorgung in Wetter weiterentwickeln. Neue Spezialärzte werden gesucht.

  • Zertifiziertes Praxisnetz für die Versorgung der Stadt
  • Regelmäßige Treffen der Doktoren zum Austausch über Behandlungsmöglichkeiten
  • Einstellung eines neuen Sozial-Scouts steht bevor

Der Begriff des Netzwerks ist eigentlich zu abgedroschen, um ihn tatsächlich als Qualitätssiegel zu nutzen. Doch genau das wollen die Ärzte in Wetter nun ändern: Mit einem zertifizierten Praxisnetz will die Ärztliche Qualitätsgemeinschaft EN-Mitte (ÄQEN) die Versorgung der Stadt auf dem „derzeit guten Niveau halten und weiter entwickeln“, so Dr. Jörg Woeste, Arzt in Alt-Wetter und gemeinsam mit Dr. Klaus Timpe und Dr. Stephan Schleyer aus Grundschöttel Geschäftsführer der ÄQEN. Die Geschäftsführung ist somit fachärztlich und hausärztlich besetzt.

Das Praxisnetz gibt es in Wetter bereits seit gut zehn Jahren. Damals wollte man sich beim Notdienst gegenseitig unterstützen und die Kräfte bündeln. Der Notdienst ist längst – auf regionaler Ebene – neu geordnet worden, das Netzwerk ist geblieben. Allerdings mehr als lockerer Zusammenschluss der wetterschen Mediziner – Hausärzte, wie Fachärzte. Doch so ein Netz kann mehr, das habe auch die Politik erkannt, sagen die Ärzte. Mit der Aufnahme dieser Strukturen in die Sozialgesetzgebung hätten die regional unterschiedlich aufgestellten Netze mehr Anerkennung bekommen. „Und sie sind förderwürdig geworden“, so Woeste. Unterstützung gibt es allerdings nur, wenn ein Standard gewährleistet wird – bestätigt mit einer Zertifizierung durch die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe.

Ein guter Ort zum Niederlassen

Die ÄQEN-Ärzte haben sich diesem Prozess gestellt und damit ihrem eigenen Netzwerk wieder neues Leben eingehaucht. „Wir haben viele Ideen, die wir nun nach und nach umsetzen wollen“, sagt Stephan Schleyer. Oberstes Ziel dabei: Die beste medizinische Versorgung der Patienten zu gewährleisten. „Es geht nicht um die Befindlichkeiten der Mediziner“, betont Schleyer. Der Patient stehe im Mittelpunkt, „doch für den einzelnen Arzt kann sich als Nebeneffekt auch etwas verbessern.“ Ein Beispiel: Ärzte und Apotheker treffen sich regelmäßig in der Villa Vorsteher zum Austausch. Darüber, was an nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten über die Ladentheke geht, oder auch über Möglichkeiten, die Kommunikationswege zwischen Arzt und Apotheke zu verbessern. „Das Wichtigste an einem solchen Treffen ist, sich gegenseitig kennenzulernen“, sagen Woeste und Schleyer unisono.

Der Anstoß, die landesweiten Ärztenetze zu professionalisieren, ist von Politik und Krankenkassen gegeben worden. „Sie haben erkannt, dass es mit Hilfe dieser Zusammenschlüsse leichter ist, die ärztliche Versorgung für Regionen sicherzustellen“, sagt Jörg Woeste und weiß, dass es dabei vordringlich um ländlichere Bereiche wie das Sauerland geht, in denen die Versorgung weitaus schwieriger ist. „In Wetter ist die Situation derzeit noch gut, wir haben ausreichend Hausärzte und auch die notwendigen Fachärzte“, so Stephan Schleyer. Doch gerade bei den Spezialisten kann es in wenigen Jahren schon anders aussehen. Da seien einige ältere Kollegen dabei. Anders als bei Hausarztpraxen dürften die so genannten Praxissitze von Fachärzten auch in andere Städte verkauft werden. Das heißt, ein Orthopäde hört in Wetter auf und ein neuer eröffnet seine Praxis dann in Witten. „Auch da wollen wir mit dem Netzwerk gegensteuern und Wetter als guten Ort für eine Niederlassung bewerben“, sagt Woeste. Ein Argument an die Ruhr zu kommen, liefert das Praxisnetz gleich selbst: „Hier muss niemand Einzelkämpfer sein.“

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Wie eng der Gedanke, die Patientenversorgung zu verbessern, und die Arbeitsrealität der Ärzte verknüpft sind, zeigt ein Projekt, das die Qualitätsgemeinschaft jetzt angehen will. „Wir möchten einen Sozialscout etablieren, der unseren Patienten parallel zur medizinischen Versorgung hilft“, erklärt Stephan Schleyer. Der Hintergrund: Viele Patienten seien in sozialen Notlagen, die teilweise Ursache für medizinische Probleme seien oder diese verstärken würden. „Der Sozialscout soll Hilfen vermitteln“, sagt Jörg Woeste. Dabei wolle man auch an bestehende Strukturen anknüpfen. Aber: Die Ärzte wollen dieses erste Projekt aus eigenen Mitteln finanzieren. „Förderfähig ist das leider nicht.“

Seniorenheime im Blick

Ebenfalls in den Blick des Netzwerkes gerät die Versorgung der Seniorenheime in Wetter. Da haben nicht nur die Hausärzte in der Stadt eine Mammutaufgabe zu bewältigen. „Wir haben doppelt so viele Altenheimplätze wie Witten, versorgen diese aber mit einem Drittel an Ärzten“, sieht Woeste eine spezifische Lage in Wetter. Die Idee: Als Netzwerk mit den Kassen über einen Heimvertrag zu verhandeln, der für diese Patienten eine Versorgung vor Ort sicherstellt. „Das ist immer preiswerter als die Einweisung in ein Krankenhaus.“

Und damit wird noch ein weiterer Effekt des Netzwerkens deutlich. Langfristig kann im Gesundheitswesen so auch Geld eingespart werden. „Das Signal aus der Politik ist zum Glück aber nicht, dass die Effekte sofort zu spüren sein müssen“, hoffen Woeste und Schleyer auf einen langen Atem bei den Fördermittelgebern. „Manche Dinge brauchen Geld und Zeit, um dann vielleicht auch Kosten zu sparen.“