Herdecke/Hamm/Gevelsberg. . Da ihr Mann seit OP-Fehlern am Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke impotent ist, wollte eine Frau Schmerzensgeld. Das Oberlandesgericht lehnte ab.

  • Seit fehlerhaften Operationen am Gemeinschaftskrankenhaus ist ein Mann impotent
  • Ehefrau beklagte sexuelle Beeinträchtigungen im Eheleben
  • Berufung gegen Hagener Urteil aus erster Instanz zurückgenommen

Auf den ersten Schritt, um deutsche Rechtsgeschichte zu schreiben, folgte kein weiterer. Eine juristische Auseinandersetzung, in der es durch Operationsfehler am Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke um Impotenz und um Schmerzensgeld sowohl für den betroffenen Mann als auch für seine Partnerin ging, ist beendet.

Zwischen April 2010 und Februar 2011 war der Gevelsberger (Jahrgang 1966) in der Westender Klinik in Behandlung. Nach drei Wirbelsäulen-Operationen dort und medikamentöser Behandlung ist er seither auf Dauer impotent. Der folgende Prozess endete im März 2016 mit einem Vergleich: Wegen der Fehler zahlte ihm das Krankenhaus abgeltend 85 000 Euro. Im Abschluss forderte seine Frau angesichts der Auswirkungen auf das Eheleben 20 000 Euro Schmerzensgeld von der Klinik. Die Klägerin gab an, dass die Impotenz ihr zuvor ausgefülltes Sexualleben beeinträchtige.

Hagener Urteil am 26. Januar 2017

Bei allem Verständnis für das persönliche Schicksal entschied im Januar 2017 das Landgericht Hagen, dass ihr kein Geld zustehe.

Gegen dieses Urteil legte die Gevelsbergerin (mit ihrem Anwalt aus der gleichen Stadt) Berufung beim Oberlandesgericht Hamm ein. Hätte die Klägerin nach einem Prozess dort danach womöglich den Bundesgerichtshof angerufen, wäre das national ein einmaliger Vorgang gewesen. Hätte, wäre, könnte. So weit kommt es nicht, für die Klägerin wird es keine mündliche Verhandlung in Hamm geben.

„Faktischer Verlust ihrer Sexualität“

Das Oberlandesgericht bestätigte direkt das vorliegende Urteil und die geltende Rechtslage, wonach einer Ehefrau aufgrund einer fehlerhaften Arzt-Behandlung ihres Mannes kein Schmerzensgeld zusteht. Der 3. Zivilsenat hatte den Ansprüchen der Gevelsbergerin keine Erfolgsaussichten beigemessen und ihr das schriftlich am 6. Juni per Hinweisbeschluss mitgeteilt. „Die Kammer muss so etwas einstimmig beschließen“, erklärte Christian Nubbemeyer, Pressedezernent am Oberlandesgericht.

Richter in Hamm argumentierten, dass es an der Verletzung eines eigenen Rechtsgutes der Klägerin und damit an einer Voraussetzung für Schmerzensgeldansprüche fehle. Die Frau habe laut Senat nicht vorgetragen, dass die Impotenz ihres Ehemanns bei ihr zu einem körperlichen oder psychischen Schaden geführt habe. Sie mache lediglich einen faktischen „Verlust ihrer Sexualität“ geltend, wobei anzumerken sei, dass die in Frage stehende Impotenz keinen vollständigen Verlust der ehelichen Sexualität bedeuten müsse.

Der (teilweise) Verlust ihrer ehelichen Sexualität stelle keine Verletzung ihrer Gesundheit oder ihres Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung dar. Es handele sich nur um eine Auswirkung auf das Leben der Klägerin und nicht um einen Eingriff in ihre Rechtsstellung, so das Oberlandesgericht.

Viele weitere Ansprüche denkbar

Würde dieses der Auffassung der Klägerin folgen, könne grundsätzlich in allen Fällen einer rechtswidrig und schuldhaft verursachten Einschränkung des Sexlebens – denkbar etwa nach einem schweren Autounfall – auch der Ehepartner des Geschädigten eigene Ansprüche geltend machen. Solche Gerichtsentscheidungen kenne der Senat aber nicht.

Nach diesen Hinweisen nahm die Gevelsbergerin die Berufung am 5. Juli zurück. Somit bleibt das erstinstanzliche Urteil vom Landgericht Hagen bestehen.