Wetter. . Als „der Papiersammler“ in Wengern schenkt Eckehard Methler tausenden von Druckwerken ein zweites Leben. Warum? Das sagt er im Gespräch.
- Er liest eigentlich nicht mehr als andere. Und doch hat Eckehard Methler eine besondere Leidenschaft
- Der Wengeraner sammelt Bücher, damit diese nicht weggeworfen werden - und verkauft sie weiter
- Zwei Mal im Monat öffnet sein Laden in Wengern. Dann gibt es Bücher zum Einheitspreis von 99 Cent
„Wie Sie sehen: Es wird nicht mehr gelesen“, nimmt Eckehard Methler den Gast in Empfang – und lacht. 20 000 Bücher stapeln sich in seinem Laden an der Osterfeldstraße auf 80 Quadratmetern. Gelesen worden sind sie fast alle. Wenn Methler, der „Papiersammler“ kommt, löst er zunächst ein Platzproblem. Und er gibt den Menschen, die sich von ihren Büchern trennen müssen, ein gutes Gefühl. Was ihnen beim Lesen einst Freude gemacht hat, ist nicht völlig wertlos, bleibt bei anderen gefragt. Aber stimmt das auch wirklich? Werden Bücher tatsächlich noch gebraucht? Eckehard Methler gibt Antworten.
Haben Sie schon mal ein Buch auf dem Handy oder einem Tablet gelesen?
Eckehard Methler: Noch nie.
Ist auf ihrem Handy ein Programm, mit dem sich Bücher lesen lassen?
Wahrscheinlich, aber keins, das ich bewusst selbst installiert hätte.
Wann haben Sie die besondere Liebe zu Büchern entdeckt?
Das sind für mich zwei verschiedene Ebenen. Das Lesen bei mir bewegt sich eher im normalen Umfang. Also nicht, dass ich jeden Tag ein Buch durchlesen würde. Das andere war, dass ich Bücher im Altpapier habe liegen sehen und das so dramatisch fand. Da habe ich dann nach einer Lösung gesucht, das zu verhindern.
Lesen braucht viel Zeit. Fernsehen und Filme können auch Geschichten erzählen und das ebenfalls sehr gut. Warum also noch lesen?
Das eine schließt das andere nicht aus. Für mich persönlich ist Lesen auch immer ein netter Tagesabschluss. Wenn man manchmal auch nur zwei drei Seiten liest und damit den Tag beendet, zur Ruhe kommt, ist das schön. Das heißt nicht, dass ich nicht vorher auch einen Film geschaut haben kann.
Sind gedruckte Bücher ein Schatz, der sich besser bewahren lässt, besser etwa als Downloads bei eBooks, die mit Ablauf der Lizenz wieder verschwinden?
Wenn jemand so viel Energie ins Schreiben eines Buches gelegt hat, sollte man auch ein Cover entwerfen und es schön drucken – und den Text nicht nur wie ein Word-Dokument platt auf dem Rechner lassen.
Früher galt die Welt der Bücher als unbegrenzter Raum der Fantasie und des Wissens. Heute wird gegoogelt, und die Enzyklopädie-Redaktionen machen dicht. Sollte man das nicht einfach akzeptieren? Man kann doch nicht alles horten, was seine große Zeit hinter sich hat?
Angebote wie Google oder Wikipedia lösen ein Lexikon mit kurz gefassten Einträgen sicherlich ab. Aber im Zuge von Fake-News kann man das natürlich auch wieder hinterfragen. Wie wahr sind die Sachen? Wer steckt dahinter? Wenn ich einen Brockhaus habe, ist das doch eine sicherere Quelle.
Gibt es ein Buch, das Sie schon mehr als einmal gelesen haben?
Ich bin Krimifan, wobei es für mich nicht blutrünstig sein darf, und habe gerade wieder angefangen, von Donna Leon die Brunetti-Reihe zu starten. Das sind aber nicht die Ausgaben, die ich schon mal gelesen habe, sondern Bücher aus dem Laden.
Sollte man nicht Bücher gleich nach dem Lesen weitergeben, weil sie fast immer kein zweites Mal angepackt werden?
Ich selbst bin gar nicht der, der zuhause Bücher hortet. Ich habe durchaus das Prinzip, wenn ich ein Buch gelesen habe, kann ich es erst mal weitergeben. Bei den Leuten, bei denen ich die Bücher abhole, ist das ja meistens der Fall. Deren Standardsatz lautet: „Ich habe die meisten Bücher zwar selbst gelesen, aber ganz selten ein Buch ein zweites Mal in die Hand genommen – und jetzt muss einfach Platz geschaffen werden.“
Jedes Jahr kommen Zehntausende Titel auf den Markt. Werden nicht überhaupt viel zu viele Bücher gedruckt?
Ein Verlag druckt ja nur, wenn er auch eine entsprechende Gewinnerwartung hat. Wenn’s den Markt dafür nicht gäbe, würden die Titel wahrscheinlich gar nicht erst erscheinen.
Es gibt immer mehr Ecken zum Einlegen und kostenlosen Mitnehmen von Büchern wie im Herdecker Rathaus. Wertet das Bücher ab, weil gezeigt wird, dass sie materiell nichts mehr Wert sind, oder auf, weil die Bücher für andere noch interessant scheinen?
Ich sehe das nicht als Abwertung. Eine Abwertung wär’s, wenn die Bücher im Altpapier landen würden. Aber wenn sie noch einmal irgendwie zur Verfügung gestellt werden, zeigt das für mich, dass derjenige, der das Buch abgegeben hat, sich Gedanken gemacht hat, dass es nicht im Müll landet, sondern ein zweites Leben hat.
Wann ist selbst bei Ihnen ein Buch „reif“ zum Wegwerfen?
Nur vom Materiellen her: Wenn das Buch einen Wasserschaden hat, wenn es verschimmelt ist oder mehrere Seiten fehlen, dann sage auch ich, dieses Buch kann ins Altpapier. Ansonsten finde ich, gehört kein Buch weggeworfen.