Herdecke. Weil eine Vielzahl historischer Tapeten im Zwei-Schwerter-Haus gefunden wurde, haben sich die Arbeiten verzögert. Der Denkmalschutz ist aktiv.
- Jede Menge historischer Tapeten haben Denkmalschützer im Zwei-Schwerter-Haus gefunden
- Bis zu 12 Schichten lagen übereinander
- Die Wandbehänge sollen nun auch für ein Museum gesichert werden
Erneut haben sich die Sanierungsarbeiten am Zwei-Schwerter-Haus verzögert. Der Grund sind Tapeten. Bis zu zwölf Schichten hat man entdeckt, als alle Vorbauten vor den Originalwänden entfernt waren. Schichten, die historische Bedeutung haben, wie die Experten des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe feststellen. Die historischen Wandverkleidungen stammen zum Teil aus dem Erbauungsjahr und reichen bis in die 1960-er Jahre.
Bunte Bilderschau im Ausschuss
Mit einer wahrlich bunten Bilderschau beeindruckte Claudia Schulte, in der Verwaltung für die Bauunterhaltung zuständig, jetzt den Bauausschuss. Tapeten-Fragmente mit Jugendstil-Elementen tauchen dabei ebenso auf wie abstrakte Muster oder florales Design. Zum Teil gut erhalten, zum Teil arg angefressen. So attraktiv diese Funde für die Denkmalschützer sind, für die Bauherren haben sie eine weitere Verzögerung bedeutet. Im Juni 2016 wurden die ersten Tapeten freigelegt. Dazu Stuckreste sowie eine Ofennische, die ebenfalls als historisch wertvoll eingeschätzt wird.
Um den historischen Wert der Tapeten fachlich bewerten zu können, wurde neben einer Restauratorin auch das Tapetenmuseum Kassel eingeschaltet.
Lehmputz ist sehr marode
"Nun geht es darum, wie diese Funde gesichert werden können“, erklärt Schulte den aktuellen Stand. Eine Sicherung vor Ort sei schwierig, weil „der Lehmputz darunter sehr marode ist“. Dennoch sollen einige Wände im historischen Zustand belassen werden, dürfen aber mit einer Vorbauwand versehen werden. „Dem Denkmalschutz reicht es in diesem Fall, dass die Tapeten im Objekt erhalten bleiben.“
LWL will personelle Untersützung geben
Doch sollen auch Teile der Funde sichtbar werden. „Dazu müssen sie von der Wand geschält werden“, erklärt Claudia Schulte. Die als „besonders wertvoll“ eingestuften Tapetenfunde sollen durch das Kassler Museum begutachtet, fachgerecht abgenommen und archiviert werden. Einen weiteren Teil will der LWL selbst einlagern. „Die Restauratorin, die zur Begutachtung schon vor Ort gearbeitet hat, soll in diesem Rahmen weiter beauftragt und vom LWL auch personell unterstützt werden“, erklärt Schulte das weitere Vorgehen.
Große Schäden am historischen Gebäude
Im Jahr 2015 sind beim Zwei-Schwerter-Haus gravierende Schäden entdeckt worden.
Bei genauerer Untersuchung stellten sich auch statische Mängel heraus, die durch eine frühere Sanierung bedingt waren.
Das Gebäude wurde bis auf die historische Bausubstanz entkernt. Die Balken einer Zwischendecke sind stark angegriffen.
Die komplette Heizung-, Sanitär- und Elektroinstallation muss ebenfalls erneuert werden.
Lange Bearbeitungszeit bei Fördermitteln
Zunächst war angedacht, für diese Arbeiten Fördermittel zu beantragen. Bei Gesamtkosten von geschätzt 800 000 Euro für die Sanierung des Zwei-Schwerter-Hauses ein Gedanke, der naheliegt. Doch sind die Wege bei den Förderinstitutionen lang. Gefördert wird zum einen durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz sowie durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM-Mittel). Allein für den Antrag auf die BKM-Mittel rechnet die städtische Bauexpertein mit neun Monaten, die Beantragung bei der Stiftung Denkmalschutz laufe sogar ein Jahr „und ein vorzeitiger Maßnahmebeginn ist dann ausgeschlossen“.
Jugendstil-Treppengeländer
Angesichts dieser Verzögerung, der Ungewissheit, ob und wieviel gefördert würde und der Tatsache, dass auch ein weiterer Baustopp Kosten nach sich zieht, wolle man auf diese Mittel verzichten. Ein Antrag auf BKM-Mittel sei dagegen denkbar, auch für weitere Elemente im Haus wie historische Türen oder ein Jugendstil-Treppengeländer.
Deckenfelder herabgestürzt
Die Verzögerung, die die Tapetenfunde mit sich gebracht hat, macht nicht nur eine längere Auslagerung der im Zwei-Schwerter-Haus ansässigen Ämter notwendig. Sie habe dem historischen Gebäude auch arg zugesetzt. Kleinere Deckenfelder im Obergeschoss seien herabgestürzt, ein Teil der Räume könne nicht mehr betreten werden, so Schulte. „Die Gefahr, dass aufgrund eines späteren Beginns der Arbeiten ein noch größerer Schaden und damit noch höhere Kosten entstehen, ist groß.“ Hinzu komme, dass auch die Sanierung des Rathauses verzögert würde, weil die entsprechenden Ämter auf längere Sicht nicht ins Zwei-Schwerter-Haus zurückkehren könnten.
Ein Dutzend Planungsvarianten
Die Zusammenarbeit mit den Denkmalschützern sei für die Verwaltung kein Leichtes, betont Claudia Schulte bei ihrer Projektvorstellung im Bauausschuss. Allein elf Planungsvarianten habe man für den Innenausbau und die dringend notwendigen statischen Sanierungsarbeiten vorgelegt. „Der zwölfte Vorschlag hat nun endlich Zustimmung gefunden.“ Mit diesem Ok der Denkmalbehörde und dem Ausschuss-Votum, auf die langwierige Beantragung von Stiftungs-Mitteln zu verzichten, hofft Schulte nun, mit den Arbeiten in dem historischen Gebäude voranzukommen. „Hoffentlich finden sie nun nicht noch irgendwelche Tonscherben“, scherzte der Ausschuss-Vorsitzende Jan Schaberick (SPD) mit bitterem Humor. Mit den Tapeten hatte schließlich auch niemand gerechnet.