Herdecke. . „Historische Herdecker Höfe“: Tanja Münch und Wolfram Mellinghaus haben ihr 3. Buch über die Geschichte der Ruhrstadt und das Handwerk fertig.
- Ende März/Anfang April gibt Bürgerstiftung Herdecke Buch heraus
- Wolfram Mellinghaus wühlte sich durch alte Akten im Amtsgericht Wetter
- Tanja Münch kümmerte sich um Layout und Gestaltung
Historisch interessierte Herdecker wissen, dass die Stadtgründung eng mit dem Frauenstift verbunden ist. Doch Heimatforscher Wolfram Mellinghaus wollte es genauer wissen. Also begab sich der Autor auf Spurensuche zu den Siedlungsanfängen vor rund 1000 Jahren. Das Ergebnis erscheint nun Ende März/Anfang April: Dann gibt die Bürgerstiftung das Buch „Historische Herdecker Höfe“ heraus, wofür Tanja Münch die Gestaltung übernommen hat.
Diese Lokalgeschichte bietet einige Anknüpfungspunkte. Da wäre etwa das Duo Mellinghaus-Münch, das zuvor schon die Bücher „Herdecke angeklickt“ und „Herdecke um 1800“ verfasst hat. Letzteres bot gewissermaßen die Grundlage für den dritten Anlauf. Für jenes Werk aus dem Jahr 1999 hatte sich der Rentner, der zuvor lange als Jurist in der Ruhrstadt aktiv war, durch den Keller des Amtsgerichts Wetter gewühlt, dort die aus Hagen angelieferten Grundbuch-Vorläufer geordnet und diese historischen Hypothekenbücher ausgewertet. „Dabei habe ich weitergehendes Material entdeckt, daher wollte ich da noch mal ’ran. Um diese Rechtsgeschichte hätte sich wohl keiner mehr gekümmert“, meint Mellinghaus, der mit Unterbrechungen zwei Jahre an dem neuen Projekt arbeitete.
Über die Ursprungsquelle aus dem Jahr 1229 fand der gebürtige Herdecker heraus, welche 13 Anwesen sich damals um das Stift gruppiert hatten: Linder-/Brandergut, Puppen-/Syburgergut, Küchengut, Kochsgut, Nackenhof, Fron(e)hof, Grutshof/Drögehorngut, Gruter-Amt, Bäcker, Erg(e)stergut, Reydberges-/Wannemannsgut, Kammergut und Kammeramt. „Im Verlauf der Jahre verschwanden, verschoben oder verkleinerten sich diese Höfe, entsprechend schwierig gestaltete sich die Zuordnung der Flächen.“ Nur der Standort des Nackenhofs in der heutigen Vestestraße blieb unverändert. Spannend findet Mellinghaus die Entwicklung des Fronhofs, der nach der Errichtung eines für Grundstücksübertragungen zuständigen Femegerichts (ein Gemälde von einer Sitzung hängt im Rathaus Wetter) inmitten der Siedlung zum Koenenhof wurde und sich zur Ruhraue an die Stelle der heutigen A1 verlagerte.
Erster Katasterplan von 1824
Im Januar 2016 erhielt Tanja Münch das Manuskript. Und fühlte sich bei der optischen Gestaltung erst „überfordert, weil mir zunächst vieles unklar war“. Das Problem: Der erste Katasterplan für Herdecke stammt aus dem Jahr 1824, Kartenmaterial aus der Vorzeit existiert nicht, beim Fotomaterial sah es nur unwesentlich besser aus. Als Anhaltspunkte für Grenzen dienten damals Wege, Gassen, der Mühlengraben und Herdecker Bach, auch qualmende Schornsteine nutzte das Detektiv-Duo als Hinweise für die Zusammensetzung des historischen Puzzles. Auf diese Art und Weise fertigte Münch neue Karten an, die sie in Bezug zum gegenwärtigen Stadtplan setzte. Auch ihre aktuellen Fotos an den ermittelten Standorten der früheren Hauptgebäude sorgen dafür, „dass fast schon eine Art Bildband entstanden ist“, so Mellinghaus.
Zu den Kapiteln über die 13 Höfe gesellt sich auf den 144 Seiten mit 121 Abbildungen ein zweiter Teil. In diesem geht es um das örtliche Handwerk und Textilgeschichte, da dieses für Mellinghaus bisher zu selten beschrieben wurde. Bei den Recherchen über 300 Jahre Wolltuchmacher kam heraus, dass Mitte des 18. Jahrhunderts mit 500 Leuten knapp die Hälfte aller Herdecker Einwohner am Webstuhl arbeitete. Auch für diese Manufakturen als Vorläufer des späteren Großbetriebs des Blau- und Stoffdruckers Habig ermittelte der Heimatforscher Standorte. Während die Walkmühle am Herdecker Bach auch aktuell noch damit in Bezug zu setzen sei, führe der Straßenname Am Rahmen am heutigen Herrentisch in die Irre. „Die kostbaren Tücher wurden nicht den Berg hinauf gebracht, die wurden zum Walken, Trocknen und Formen in der Innenstadt über einen Rahmen gespannt.“
Kapitel über Lohgerber
Auch mit Blick auf ein weiteres Kapitel, das sich auf der Grundlage eines Notizbuchs von 1794 bis 1951 der Lohgerber-Dynastie Schäfer widmet, findet Mellinghaus: „Die nicht einfache Vernetzung von Bildern mit Texten ist im Layout wunderbar gelungen.“