Wengern. . Firmenrundgang in der Edelstahlzieherei Mark, dann Diskussion im Hotel Elbschetal: Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) besuchte Wengern.
- Politiker sehen sich Stahlverarbeitung an
- 40-minütiger Rundgang und dann Debatte in lockerer Runde
- Gespräche über Rente, Zeitarbeit und Gerechtigkeit
Locker, informativ, kontrovers: Die SPD Wetter hatte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles zu einem Meinungsaustausch nach Wengern eingeladen. Vor dem Feierabendbier und Gesprächen im Hotel Elbschetal stand eine Betriebsbesichtigung in der Edelstahlzieherei Mark (EZM) auf dem Programm am Montagabend. „Hier wird noch richtig malocht“, sagte Stadtverbandsvorsitzender Peter Zinn zur Begrüßung der Bundespolitikerin, die von der Arbeitnehmerkonferenz aus Bielefeld kam und gegen 21.30 Uhr noch nach Berlin zurückfuhr.
Mit ihrem lila Hosenanzug fiel Andrea Nahles schon optisch inmitten der SPD-Politiker – vom Europaabgeordneten Dietmar Köster über Rainer Bovermann aus dem Landtag und Landrat Olaf Schade bis hin zu lokalen Vertretern – auf. Während vor der Tür die Polizei nach dem Rechten schaute, hörte die 46-Jährige beim Firmenrundgang interessiert den Erläuterungen der EZM-Geschäftsführer Kai Eck und Ralf Schneider zu. „Mein Opa war Schmied, von daher ist mir der Geruch vertraut“, sagte die Bundesarbeitsministerin, als es durch die Produktionsstätten ging. Der markante „Duft“ von Maschinen, Lärm und Regen auf den Wegen waren die steten Begleiter bei der Tour über das 120 000 Quadratmeter große Gelände (ca. 40 000 Quadratmeter bebaut) mit 40 Hallen an der Ruhr.
250 Mitarbeiter packen an
Die beiden EZM-Verantwortlichen sowie Ralf Dümpel vom Betriebsrat erklärten den Politikern, wie die knapp 250 Mitarbeiter (darunter Ingenieure und angelernte Kräfte) an der Nordstraße Blankstahl im Ofen vorbehandeln, diesen dann durch die Maschinen ziehen und Profile vor allem für die Automobilbranche herstellen. „Hier läuft ein traditioneller, fast altertümlicher Prozess ab. Dadurch entstehen aber“, so Ralf Schneider, „Produkte für Hightech-Anwendungen.“ Zum Beispiel Ölpumpen für Motoren.
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Zwischenzeitlich ging es auch mal lustig zu. Etwa in jener Halle, wo mit teurem Rohmaterial Ringprofile durch mehrfache Umformung hergestellt werden. In Anspielung auf den VW-Abgasskandal betonte Kai Eck in der Profilzieherei bei den Erläuterungen über Dieseleinspritzpumpen: „Wir liefern dafür nur den Stahl, nicht die Software.“ Schmunzeln und Gelächter in der Runde, bevor ein paar Meter weiter in der großen Blankstahl-Fertigung Stäbe krachend aufeinander fallen. „Ein Gehörschutz ist hier schon sinnvoll“, so Eck, bevor die Gruppe an Lagerbeständen vorbeigeht.
So vergingen die 40 Minuten bei der Tour wie im Flug. Wobei der Rundgang auch für die heimischen Sozialdemokraten neue Erkenntnisse brachte. Der 15-köpfige Tross erfuhr, dass alle großen Automotive-Zulieferer zu den EZM-Kunden gehören und die Edelstahlzieherei Mark ihre Produkte weltweit ausliefert, vor allem Asien und speziell China seien wichtige Märkte. „Unseren technischen Vorsprung wollen wir beibehalten, das ist ebenso eine Herausforderung wie unsere hohe Produktivität mit möglichst wenig Arbeitsschritten“, teilten die Geschäftsführer mit. „Die Auftragslage ist derzeit sehr ordentlich.“
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Sie führten die Gäste dann an Unmengen Draht vorbei, der meist im Drei-Schicht-Betrieb verarbeitet wird. „Für uns kommt es seit der Wirtschaftskrise wegen immer kürzeren Zeitfenstern im Markt verstärkt auf Flexibilität an“, sagte Schneider und lieferte damit inhaltlich den passenden Anknüpfungspunkt für die anschließende Diskussionsrunde der Genossen.
Debatte über Rente und Löhne
In der Elbschetal-Gaststätte diskutierten dann 40 Sozialdemokraten laut Zinn „ungezwungen“ über verschiedene Themen. Etwa über Leiharbeit. Das neue ab April geltende Gesetz (über Zeitverträge dürfen Angestellte nur noch maximal 18 Monate in einem Betrieb arbeiten) ist für die heimische SPD ein guter Anfang. „Wir wünschen uns aber generell gleichen Lohn für gleiche Arbeit, und das nicht erst nach einigen Monaten“, so der Stadtverbandsvorsitzende. Während Nahles auf die Koalitions-Kompromisse hinwies, hoffen hiesige Genossen auf Kanzlerkandidat Martin Schulz und dessen Einsatz für mehr soziale Gerechtigkeit. Beispiel: die Schere zwischen Arm und Reich bekämpfen. Dazu stellte Wetters SPD eine Grafik vor und bat Nahles, sich für eine bessere Verteilung einzusetzen.
Ein weiteres Thema: die Rente. Nahles erfuhr, dass viele in der SPD Wetter das vorliegende Betriebsrentenstärkungsgesetz kritisch sehen. „Wir sind für eine Stärkung der gesetzlichen Rente“, so Zinn und regte auch eine Einbeziehung von Selbstständigen sowie Beamten an. „Es ist ja kein Einzelfall, dass wir in der SPD schon mal unterschiedlicher Meinung sind, umso spannender sind die inhaltlichen Auseinandersetzungen“, resümierte Peter Zinn.