Wetter/Herdecke. . Die beiden DLRG-Ortsgruppen Wetter und Herdecke müssen immer wieder an und auf der Ruhr aktiv werden. Eine Bestandsaufnahme der Lebensretter.

  • Vorstandsmitglieder blicken auf besondere Einsätze zurück
  • Kritischer Blick auf Freigabe für das Schwimmen in der Ruhr
  • Ehrenamtler vielfach selbstständig gefordert

Manchmal geht es tatsächlich darum, Leben zu retten. Während viele ihren Freizeitvergnügungen am Hengstey- und Harkortsee oder an der Ruhr nachgehen, kann es für die hiesigen Mitglieder der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) schon mal brenzlig werden. Wie es derzeit um die beiden Ortsgruppen steht, darüber tauschten sich nun Nicole Döpper als DLRG-Vorsitzende in Wetter sowie Vorstandsmitglied Theo Schelberg mit ihren Herdecker Kollegen Wolfgang Muhs und Carsten Fröse als 1. und 2. Vorsitzender aus.

Einsätze

Im Bezirk Hagen/Ennepe-Ruhr gibt es 20 DLRG-Katastrophenschutz-Einheiten, darunter lagebedingt sechs aus Wetter und vier aus Herdecke. Zahlreiche Mitglieder der beiden Ortsgruppen, darunter einige Strömungsretter, gehören zu den Wasserrettungstrupps und sind nach einer entsprechenden Ausbildung beim Land NRW gemeldet. Über dieses erhalten die Ehrenamtler schon mal Anfragen zu nationalen Hochwassereinsätzen. „Für den Katastrophenschutz können wir finanzielle Zuschüsse beantragen“, so Schelberg. Freiwillig übernehmen manche im Sommer über Wochen Wachdienste an der Küste.

Beiden Ortsgruppen stehen vier Motorboote zur Verfügung. Da in Wengern eine Slipstelle zum Einlassen fehlt, kommt dort ein (fünftes) Schlauchboot zum Einsatz. Regelmäßig präsent ist die DLRG Wetter beim Seefest, bei Kanupolo-Spielen oder -Turnieren. Stromaufwärts stechen im Herdecker Jahreskalender die Kanu-Regatten hervor. „Die beiden Ortsgruppen kennen sich schon lange, die Unterstützung klappt meist schon auf Zuruf.“

Sinkende Mitgliederzahlen

Die DLRG-Ortsgruppe Wetter wurde 1927 gegründet, hat derzeit rund 500 Mitglieder – Tendenz zuletzt sinkend, waren es vor zehn Jahren doch 630.

Im Vergleich 2016/17 hielten sich immerhin Ein- und Austritte die Waage, nach einiger Zeit ist aber ein leichter Mitgliederanstieg zu verzeichnen. Besonders die Gruppe der 15- bis 18-Jährigen könnte aber noch mehr Verstärkung gebrauchen.

Seit 1932 gibt es die DLRG Herdecke, aktuell zählt sie 260 Mitglieder. Auch hier gehe die Zahl kontinuierlich zurück, wobei die Gruppe der Schwimmanfänger (im Alter von bis zu zehn oder elf Jahre) als Schwimmschüler und nicht als Mitglieder gezählt werden.

Differenzierter als die Wassersportler blickt die DLRG übrigens auf die Ausbreitung der Wasserpest. In Elodea-Hochzeiten gebe es deutlich weniger Einsätze.

Döpper, Muhs und Fröse berichten irritiert, „dass die DLRG manchmal wie ein Dienstleister angesehen wird. Dabei gehen wir bei Einsätzen schon mal an unsere Grenzen und riskieren einiges.“ Den Wetteranern sind die im Februar 2016 gekenterten Kanuten in Erinnerung geblieben oder auch ein Surfer, der Anfang der 1980-er Jahre bei Hochwasser vor die Walzen am Harkortsee trieb. „Der ist dann bei uns Mitglied geworden“, berichtet Döpper. Die Herdecker DLRG spricht heute noch vom gekenterten Ruderachter, der vor Jahren durch die starke Strömung vor den Viadukt trieb. Die Sportler retteten sich auf die Pfeiler und bekamen dann Hilfe.

Schwimmen in der Ruhr

Ob an der Kieselbank in Wetter oder an Herdecker Uferwiesen: Immer wieder sieht die DLRG Leute, die ins Wasser gehen. Die Lebensretter sehen das kritisch. Fehlende Duschen bzw. Toiletten, offene Aufsichtsfragen oder Hygiene-Probleme nach starken Niederschlägen und überlaufende Regenrückhaltebecken: „Ich verstehe den Ruhrverband, dass er das Baden in der Ruhr nicht freigibt“, sagt Muhs, der auf die moderaten Eintrittspreise in den beiden Freibädern hier hinweist.

In Wetter sind zudem die Erinnerungen an zwei Ertrunkene in den Jahren 2013 und 2015 sehr präsent. Gerade Fließgewässer wie die Ruhr seien wegen der Strömung oder Untiefen wie in Wengern gefährlich. „Das wird schon mal unterschätzt, erst recht, wenn Alkohol im Spiel ist“, sagt Döpper, die den Tod des Achtjährigen vor vier Jahren als „Riesen-Schock“ bezeichnet. Umso unverständlicher, dass zwei Tage danach einige an der Unglücksstelle wieder grillten und ins Wasser gingen. „Gegen die Unvernunft mancher können wir nichts ausrichten“, meint Fröse, der viele offene Organisations-Fragen im Falle einer Freigabe sieht: „Das darf man nicht auf Ehrenamtler abwälzen.“ Hier wie dort seien aber keine Bestrebungen bekannt, der Initiative vom Baldeneysee zu folgen: Dort ist das Baden nun im Sommer teilweise erlaubt.

Die DLRG setzt prinzipiell auf Aufklärung und Prävention. Döpper: „Wir gehen schon mal in Kindergärten und warnen vor den Gefahren in Gewässern.“ Die Schwimmfähigkeit hierzulande könnte besser sein. In Wetter war sie besser, als die Lehrschwimmbecken in Wengern und am Harkortsee noch zur Verfügung standen. Weitere Folge: Die Wartelisten für einen Schwimmkurs werden länger und länger, zweieinhalb Jahre dauert es schon mal bis zur Zusage.

Aufwertung des Freizeitareals

Von den Plänen in den interkommunalen Gesprächen zum Freizeitgebiet an den Ruhrstauseen wissen die Ortsgruppen noch nichts. Die DLRG-Vorstände gehen davon aus, mittelfristig beteiligt zu werden. „Damit wir auch planen und uns darauf einstellen können“, meint Döpper. Derzeit seien die Auswirkungen schwer einzuschätzen, es gebe aber keinen Anlass zu Pessimismus. Zum Thema könnte etwa die Absicherung des neuen Radwegs auf der Hagener Seite werden.

„In Herdecke haben wir mehr am Ufer als auf dem Wasser zu tun. In der Regel fällt einmal pro Woche ein kleiner Einsatz an, meistens nichts Dramatisches“, erzählt Muhs. Segler oder Kanuten kentern, Radfahrer kommen mal vom Weg ab, andere klagen über Unwohlsein oder nutzen das Vereinsheim am Viadukt als Toilette. „So etwas gehört zwar nicht zu unseren Kernaufgaben, decken wir aber auch ab.“ Bei Unfällen habe sich vor allem das Ruhr-Standort-Informationssystems (RuSIS) bewährt, das über Schilder die betreffende Örtlichkeit anzeigt.

Vereinsheime

Die DLRG agiert oft nach dem Motto „Hilf dir selbst, sonst hilft dir niemand.“ Am Haus unter dem Herdecker Viadukt pflasterten Mitglieder vor einiger Zeit die Außenanlage, derzeit gestalten sie den Übernachtungsraum. Die Ortsgruppe sucht nach einem neuen Standort für eine Halle, um Fahrzeuge auslagern zu können. Das passende Grundstück zu finden und eine Baugenehmigung zu erhalten, sei nicht so einfach. Muhs: „Wir haben noch eine Zusage zur Teilfinanzierung der alten Sparkasse Herdecke.“

Auch in Wetter werkelten die Mitglieder fleißig am Vereinsheim an der Obergraben-Brücke. Durch die dortige Sanierung fühlt sich die Ortsgruppe etwas abgeschnitten, was Vor- und Nachteile mit sich bringe. „Wir werden kaum wahrgenommen, verbrauchen aber auch weniger Pflaster nach Radunfällen“, berichtet Döpper. Hier geht es momentan um Instandhaltungen und Heizungsprobleme. Je nach externer Spendenbereitschaft will die Ortsgruppe das Rettungsboot „Klaus“ (seit 1961 auf dem Harkortsee unterwegs) nach 40 Jahren restaurieren und ein in die Jahre gekommenes Einsatzfahrzeug austauschen. Das Material warten die Ortsgruppen übrigens meist selbst.

Jugend

Im Alter von 12 bis 16 Jahren steigt der Nachwuchs in den Rettungswachdienst ein, entsprechend wichtig sind für alle Ortsgruppen die Jugendeinsatzteams (JET). Unterhaltsam und locker geht es dort oft zu, zugleich stehen Sanitätskurse oder das Erlernen von Erster Hilfe auf dem Programm. 13 Jugendliche gehören zur DLRG Wetter, in Herdecke pendelt sich die Zahl zwischen 12 und 15 ein, der Jahresbeitrag für diese Gruppe liegt unter 50 Euro.