Herdecke. . Eine Studentengruppe aus Südkorea besucht zum zweiten Mal das Therapiezentrum am Nacken. Das hat Verbindungen noch in ganz andere Länder

  • Das Ambulanticum in Herdecke betreibt ambulante Nachsorge
  • Häufig hatten die Patienten einen Schlaganfall
  • Das Therapiezentrum hat Kontakte in alle Welt

Universität, Gemeinschaftskrankenhaus, Koepchenwerk oder Mini-Hotel: Manche Herdecker Einrichtung ist auch über Stadtgrenzen hinweg bekannt. In diese (unvollständige) Liste gehört mittlerweile auch das seit 2012 bestehende Ambulanticum. Das Therapiezentrum am Nacken hat Kontakte nach Amerika, Asien, Russland, Nordafrika und in den arabischen Raum. Die Geschäftsführer Marion Schrimpf und Dr. Bernd Krahl erhalten auch immer wieder Anfragen aus Holland, Belgien und darüber hinaus zu ihrem besonderen Ansatz, Reha-Patienten mit neurologischen Erkrankungen individuell und interdisziplinär zu behandeln.

Technische Ausstattung beeindruckt

Schon zum zweiten Mal hospitiert für zwei Wochen eine südkoreanische Studentengruppe am Leharweg in Herdecke. Wie vor zwei Jahren führt Professor Byoung-Kwon Lee von der Konyang-Universität in der Mitte des asiatischen Landes die jungen Leute (meist Anfang 20) an. „Wir sind sehr beeindruckt vom Ambulanticum und empfinden es sowohl als Glück wie auch als große Motivation, hier Erfahrungen sammeln zu dürfen“, sagt Lee, der neben Englisch auch Deutsch spricht. In Korea gebe es viele Reha-Zentren, aber die technische Ausstattung sei längst nicht so gut wie hier, wo zur Rehabilitation robotik-assistierte und computergestützte Therapien zum Einsatz kommen.

Auch die Studenten, die nebenbei das leckere Bier in Deutschland loben, äußern sich begeistert. Bei ihrem ersten Auslandsaufenthalt über vier Wochen, der sie noch nach Österreich und in die Niederlande führt, stach für sie die Bereitschaft der Patienten hervor. „Die machen sehr aktiv mit und sind sehr motiviert. Außerdem steht hier für die Behandlung mehr Zeit und mehr Geld als bei uns zur Verfügung.“ Ihr Studium an der Konyang-Universität mit gesundheitlichem Schwerpunkt und angeschlossener Klinik (1500 Betten) sei recht theoretisch, entsprechend wertvoll seien die praktischen Erfahrungen als Assistenten der Therapeuten in Herdecke. Die Eindrücke seien auch lehrreicher als ein absolviertes Praktikum in Seoul und helfen den jungen Leuten, die sich im sechsten Semester befinden, bei der Vorbereitung auf das Examen an der Uni mit den 8500 Studenten nach vier Jahren.

Für die 25 Mitarbeiter im Ambulanticum sind die südkoreanischen Gäste Herausforderung und Bereicherung zugleich. Als Supervisions-Projekt angelegt, können Schrimpf und Krahl ihre interdisziplinäre Idee von der Reha nach Schlaganfällen oder anderen neurologischen Krankheiten doch über ihr Haus hinaus verbreiten. „Wir werden international immer mehr wahrgenommen. Die Anerkennung für unseren Ansatz zur ambulanten Nachsorge, bei dem der Mensch im Vordergrund steht, ist dort zum Teil größer als hier im eigenen Land“, sagt Schrimpf. Und ergänzt: „Wir können aber nicht zaubern.“ Krahl erwartet von den Patienten die Bereitschaft zu hartem Training, es brauche Wille und Mut. „Dazu gehört dann noch eine gute Ausstattung der Therapie, die bieten wir hier.“

Auch Kostenträger profitieren

Während die südkoreanischen Gäste das deutsche Gesundheitssystem loben, berichten Schrimpf und Krahl über unterschiedliche Erfahrungen bei der Kostenübernahme. Das Ambulanticum betreut sowohl gesetzlich wie auch privat Versicherte. Auch mit Berufsgenossenschaften gibt es Vereinbarungen. „Über therapeutische Fortschritte lassen sich ja auch Pflegegelder reduzieren“, meinen die Geschäftsführer, die kritisch auf kürzlich erfolgte Veröffentlichungen aus der Pharmaindustrie zu neurologischen Patienten blicken. „Wir brauchen in der Politik Leute, die den Bedarf sehen und keine Statistiken in den Vordergrund heben.“

Beim Besuch von Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster, die den neun Physiotherapie-Studierenden kleine Präsente mit Herdecker Bezug überreichte und dafür Applaus sowie gewissermaßen ein Gegengeschenk erhielt, gab es zudem kurze Einweisungen zu kulturellen Gepflogenheiten. Zur Begrüßung in Südkorea erfolgt eine leichte Verbeugung, das Wort Nein gilt als unhöflich. Zu einer von Strauss-Köster angebotenen Stadtführung sagten aber alle applaudierend sofort Ja.