Herdecke. . Der Familienbetrieb Grandi kämpft in Herdecke um den guten Ruf des Ruhrsandsteins. Und die lange Tradition an der Attenbergstraße geht weiter.
- Vierte Generation ist in den Betrieb voll integriert
- Vorzeigeprojekte auch außerhalb von Herdecke
- Unter 21 Angestellten ist auch ein Flüchtling
Der Senior-Chef ist in seinem Element. Klaus Grandi fährt Bagger und transportiert schwere Blöcke. Das geschieht an einem besonderen Ort mit besonderer Geschichte: Nur im Steinbruch Grandi an der Attenbergstraße gibt es den Herdecker Ruhrsandstein. Und das wird auch weiterhin so sein, denn mit Kati und Nico Grandi als Meister im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk ist die vierte Familiengeneration bereits vollständig in den Betrieb integriert.
„Um den Ruf des Ruhrsandsteins ist es nicht gut bestellt. Wir arbeiten daran, dass sich das ändert“, sagt Klaus Grandi, als er kurz den Bagger verlässt. „Dabei ist das eigentlich ein tolles Produkt, das so hart wie Granit ist und mit dessen Oberfläche sich sehr viel machen lässt“, ergänzt Kati Grandi, die schon seit ihrer Kindheit mit dem elterlichen Steinbruch vertraut ist.
Doch wie war das gleich noch mit dem Propheten im eigenen Lande? An öffentlichen Stellen in Herdecke ist der Grandi-Ruhrsandstein nicht so häufig zu sehen. Großflächig liegt er am neuen Bahnhof, zudem an der Treppe hoch zur Stiftskirche und am Quartier Ruhraue, nicht zu vergessen die Pilgerstele und die markante Mauer an der Mühlenstraße. Vorzeigeprojekte des Attenberg-Steinbruchs sind aber eher am Zugangsgebäude des Kölner Doms, an der Reinoldikirche Dortmund, in den Fußgängerzonen in Braunschweig oder Ratingen sowie seit Kurzem am Domplatz in Paderborn zu finden, wo gesägte Blockstufen für Blinde angebracht wurden und Aufmerksamkeit erregten.
Firmen- und Privatkunden
„Wir erhalten viele Anfragen für den Garten- und Landschaftsbau, andere wollen unseren Stein für Grabmale, Mauern, Fassaden, Treppenstufen oder auch als Bodenplatten für Kirchen“, sagt Kati Grandi, die sich wie ihre Mutter Erika Stahlschmidt-Grandi (Geschäftsführerin) um die Kunden kümmert. Wie der Name vermuten lässt, eignet sich der Ruhrsandstein auch für Gestaltungen im Wasser, zu sehen ist das am Herdecker Bach (Walkmühle), an der Emscher oder bei einer Bachrenaturierung in Gladbeck. „Dort sind steinerne Wegweiser und Laubblätter in Originalgröße angebracht. Ein richtig schöner Auftrag war auch die Gestaltung von Kreuzen für den Sozialverband VdK.“
21 Angestellte – darunter auch ein Flüchtling – kümmern sich im Steinbruch um den Abbruch, jeweils ein Trio kümmert sich um Büroangelegenheiten und ist als Steinmetz sowie Sprengmeister aktiv. 2015 erhielt der Betrieb vom Ennepe-Ruhr-Kreis die Genehmigung, das 2,8 Hektar große Gelände am Ende der Attenbergstraße um 1,15 Hektar zu erweitern. Was aus Fluss-Sedimenten über Millionen von Jahren entstand, können die Grandis auch in den nächsten Jahrzehnten noch abbauen. „Das kann hier quasi so lange gehen, bis nichts mehr da ist“, sagt die Junior-Chefin. Im Sommer brechen die Mitarbeiter täglich Stein aus den Wänden in den zwei Abbaugebieten, die Experten beginnen stets in den oberen Schichten und arbeiten sich nach unten bis zur Schieferschicht unter der Erde vor. „Zu den größten Feinden gehören Frost und Feuchtigkeit“, erklärt Klaus Grandi, warum es im Winter etwas ruhiger zugeht bzw. dann eher die Lagerbestände im Fokus stehen. „Material mit Kohleeinlagerungen verkaufen wir nicht, das würden wir dann verkleinern und als Schotter verkaufen.“
Im Vergleich zum eher rötlichen Mauersandstein zeichnet sich der Ruhrsandstein durch seine beige-braune bis graue Farbe aus. „Durch das Wasser kam es zu Verdichtungen in dem Stein, manchmal findet man zum Beispiel riesige Grashalme im Inneren eines Blocks, auch einen quasi eingemauerten Ast haben wir schon entdeckt“, erklärt Kati Grandi, warum das Material auch für Geologen von Interesse ist oder auch in Ausstellungen präsentiert wird. Die Nachfrage nach diesem Produkt war vor allem in Zeiten mit vielen Brückenbauten um 1900 besonders hoch, zu jener Zeit kam auch ihr Urgroßvater Felice Grandi als italienischer Gastarbeiter nach Deutschland. Dessen Sohn Domenico erwarb 1945 das heutige Gelände und die Firma von der Familie Lange, wo beide arbeiteten.
Nachdem es in Herdecke früher mal bis zu 20 Steinbrüche gab und solche auch vielfach in Wetter oder Witten anzutreffen waren, sind in der Umgebung heutzutage nur noch drei weitere aktiv, und zwar in Sprockhövel, Dortmund sowie Bochum. „Erfahrung ist in diesem Metier sehr wichtig, bei der Spaltung der Steine können unsere Leute die Qualität einschätzen“, so Kati Grandi. Knapp die Hälfte der Aufträge beinhalten Sonderanfertigungen, die mit der Seil-, Diamant- oder Blocksäge dann bereit gestellt werden. Mit dieser feinsten Bearbeitungsmethode lassen sich zentimetergenau Elemente etwa für die Küche vorbereiten.
Verschiedene Bearbeitungen
Bei der Bearbeitung der Oberfläche ist das Vorgehen unterschiedlich: Der Betrieb kann schleifen, polieren oder naturglatte und dementsprechend raue Steine anbieten. Für Außenflächen kommt das Sandstrahl-Verfahren infrage, zudem kann die Flamme eines Riesenbunsenbrenners den Eisengehalt umwandeln und das Material rötlich färben. Abgerechnet wird dann meist nach Quadratmeter-Preisen, Sägestücke für Steinmetze auch mal nach Kubikmeter. So besteht etwa mit dem Steinbildhauer Timothy Vincent in Wetter ein enger Kontakt, über ihn wurden die Grandis auch Mitglied im Verein „Handwerk mit Verantwortung“. Zumal der Ruhrsandstein ja ein besonderes Naturprodukt ist, das in Herdecke etwa in vielen Sockeln von Fachwerkhäusern zu sehen ist.
Der Steinbruch Grandi