Wetter. . Nach 27 Jahren, davon 15 als Werksleiter in Wetter, verabschiedete sich Rainer Harkort als Freidrich-Nachfahre schweren Herzens in den Ruhestand.
- Nachfahre von Friedrich Harkort prägt Ära
- Rainer Harkort sieht Unruhe als Dauerzustand
- Nachfolger kommt aus Wetter
Allein schon der Nachname lässt Wetteraner aufhorchen. Als hätte Dr. Rainer Harkort dadurch nicht schon genügend Verbindungen zu dieser Stadt, landete er hier beruflich auch noch bei dem bedeutendsten Unternehmen, der Demag.
Was sein Ururur-Großonkel Friedrich Harkort 1819 als Mechanische Werkstätten und Vorläufer des weltweit bekannten Kranbau-Betriebs gegründet hatte, führte fünf Familiengenerationen später ein Nachfahre (wenn auch nicht in direkter Verwandtschaftslinie) jahrelang als Werksleiter in gewisser Weise weiter.
Doch nun ist Schluss. Im November 1988 kam Rainer Harkort zur Demag, seit wenigen Tagen ist der 58-Jährige im Ruhestand bzw. in Altersteilzeit. „Ich konnte mich schon im Frühjahr auf einer Betriebsversammlung verabschieden und ein paar Worte an die Belegschaft richten. Das war schön, da ich so viele erreichen konnte.“ Mehr als 27 Jahre pendelte der Dortmunder nach Wetter. Vor allem die vergangenen 15 Jahre als Werksleiter haben ihn geprägt. Der Abschied, so sagt Harkort, „ist mir nicht leicht gefallen.“
Kein Wunder, verbrachte er doch sein gesamtes Berufsleben bei der Demag. So nennt er das Unternehmen auch in Terex-Zeiten, wohlwissend, wie stark die Präsenz der Marke ist. Harkort habe stets versucht, für die Firma seinen Beitrag zu leisten. Die Sicherung von Arbeitsplätzen stand demnach ganz oben auf seiner persönlichen Agenda. Personalabbau war für ihn stets unternehmerisch nachvollziehbar – in der Umsetzung hat es ihn aber persönlich immer sehr berührt.
Zum neuen Werksleiter Thomas Wiesmann, dessen Arbeit er bereits als seinen Stellvertreter kennen und schätzen gelernt hatte, sagt Harkort, dass es so neue Impulse für die Kranbauer in Wetter oder Uslar geben kann. „Ich sehe die Mannschaft insgesamt gut aufgestellt.“
Der fühlte sich der Ingenieur stets verbunden und schlug im Verlauf der Jahre Jobofferten anderer Firmen aus. „Hier gab es immer das beste und interessanteste Angebot für mich.“ Auch die vielen Wechsel in der Führungsetage hätten daran nichts geändert, wobei er auf dieser Ebene Identifikationsfiguren für wichtig hält. Er selbst wollte in all den Berufsjahren nah an den Kollegen und kein Zahlenmensch sein.
Promotion über Roboter
Zurück zum Anfang. Zunächst lockten Harkort Roboter-Entwicklungen zur Mannesmann Demag Fördertechnik, womit er an sein Promotions-Thema anknüpfen konnte. Eine Herausforderung, traf doch ein Theoretiker auf 200 praktisch orientierte Mitarbeiter.
Doch die Zeit in der mechanischen Fertigung habe ihn rückblickend besonders berührt. „Dank der emotionalen Intelligenz auf beiden Seiten haben wir viel geschafft, die Kollegen hätten mich immer wieder auch auflaufen lassen können, stattdessen haben sie mir eine echte Chance gegeben.“ Generell habe er in all den Jahren viel Vertrauen gespürt.
Abwägender werden Harkorts Ausführungen, wenn die Umbruchphasen in seiner Demag-Zeit zur Sprache kommen. Waren die Mannesmann-Jahre technologisch geprägt, konnte er anschließend auch der Hinwendung zum Kunden Gutes abgewinnen. „Das war zwingend nötig.“ Wobei sich der Maschinenbauer auch unter der Ägide von KKR alias Kohlberg Kravis Roberts („Da hatten wir extrem kurze Berichtswege und jeder musste Verantwortung übernehmen – klasse!“) stets auf der Seite der Produktion sah, daher auch 2002 die Übernahme durch Investoren als „überlebenswichtig“ erachtet.
Eisiger Wind des Marktes
Länger wurden die Entscheidungswege ab 2006 durch den Börsengang der Demag Cranes AG. Und beim Blick auf die Terex-Übernahme 2011 resümiert Harkort: „Die Planungszyklen wurden im Laufe der Jahre immer kürzer. Gab es früher Planungen über mehrere Jahre, zählen heute Monatsauswertungen. Wir spüren den Wind des Marktes, der kann auch mal eisig sein.“ Lobenswert sei die konsequente Fokussierung der Amerikaner auf das Thema Arbeitssicherheit, zumal im Mai 2000 ein schwerer Unfall im Werk in Wetter den absoluten Tiefpunkt seines Berufslebens darstellt.
In der Rückschau ist der 58-Jährige auch froh, dass sich viele Ideen zur Arbeitsausführung durch Roboter nicht verwirklicht haben, diese nur zur Entlastung der Kollegen im Einsatz sind und ihnen helfen, effizienter zu arbeiten. Rainer Harkort und die „Demagogen“ – auch wenn er diesen Begriff nicht mag – verbindet offensichtlich die hohe Identifikation mit den Produkten.
Nun sind für ihn also beruflich die unruhigen Phasen, die Harkort bei der Demag gewissermaßen als Dauerzustand erlebt hat, vorbei. Den vorzeitigen Ruhestand betrachtet er als geschenkte Lebenszeit. Hobbys intensivieren, reisen, sich neu sortieren. Gleichwohl hält er abschließend fest: „Ich gehe mit einem guten Gefühl und glaube, doch etwas hinterlassen zu haben. Ich wollte immer das Beste für den Standort. Die Leute wissen, dass mein Herz für die Demag schlägt.“