Wetter. . Susanna Schneeberger leitet das globale Geschäft für Demag-Produkte und ist vor den Gesprächen mit Konecranes optimistisch.
Im Interview erklärt Susanna Schneeberger als Leiterin des Geschäftsbereichs Terex Material Handling, wie sie die aktuelle Lage bei der Demag einschätzt.
Bereuen Sie es, vor mehr als einem Jahr hier angefangen zu haben?
Susanna Schneeberger: Nein, überhaupt nicht. Ich habe aber Verständnis für die Unsicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angesichts der Situation mit Konecranes. Es ist natürlich auch nicht gut, dass es hier etwa seit dem Jahr 2000 immer eine gewisse Unruhe gibt. Ich hoffe, dass wir in Zukunft eine stabilere Basis haben werden. Daher möchte ich an die Mitarbeiter positive Signale senden, zum Beispiel, dass wir in Innovation, Produktentwicklung und eine Verbesserung der Markpositionierung investieren und so zukunftsfähig sind. Wir wollen in einem schwierigen Markt systematisch wachsen und haben ein Programm namens „Fit for the Future“ entwickelt, das unsere Marktposition deutlich verbessern soll. Das haben wir vor einigen Monaten u.a. in einem Video auf Englisch und Deutsch an unsere Teammitglieder kommuniziert und sind jetzt dabei, es umzusetzen.
Was wollen Sie denn tun, damit es besser wird?
Wir arbeiten an vielen Fronten, um weltweit unsere Marktposition zu stärken. In unserer Strategieplanung für die nächsten drei bis fünf Jahre, an der auch Terex-Chef John L. Garrison mitwirkt, geht es um Schlüsselthemen wie Effizienzsteigerung, Differenzierung vom Wettbewerb und Innovation.
Demag ist nach wie vor eine starke Marke, wir wollen noch mehr in diese Marke investieren. Umso erfreulicher ist es, dass nach einigen Jahren Pause auch in unserem Schwestersegment in Zweibrücken wieder die Marke Demag für deren Mobilkrane genutzt wird.
Derzeit verbessern wir auch intensiv unsere Prozesse und haben in einigen Produktlinien die Durchlaufzeiten erheblich verkürzt, so dass wir die Kunden schneller beliefern können. Sehen Sie, am Ende ist es wichtig, dass der Kunde bei uns kauft. Damit er das tut, müssen und wollen wir ihm die beste Materialflusslösung und den besten Service liefern.
Innovation ist ein sehr wichtiges Thema für uns und wir haben u.a zwei neue Produkte in der Pipeline, die wir hier in Wetter Anfang Oktober den Kunden und Fachleuten vorstellen werden. Mehr kann ich dazu noch nicht verraten. Ziel ist, den Innovationspfad, den wir mit dem V-Profilkran angefangen haben, weiter zu verfolgen und regelmäßig neue Produkte und Servicelösungen herauszubringen. In der Vergangenheit haben wir zwei Drittel des Forschungsbudgets in bestehende Produkte investiert. Nun wollen wir die Ressourcen umverteilen, den Schwerpunkt verändern und eben zwei Drittel für Forschung und Entwicklung neuer Produkte ausgeben. Daran arbeitet ein global agierendes Team, zudem wollen wir Kundenideen stärker aufnehmen und umsetzen. Wichtig sind diesbezüglich auch externe Ideengeber und Einflüsse. Wir behalten zum Beispiel die Entwicklung in anderen Branchen im Blick. Ein Beispiel: Industrie 4.0. Diese Entwicklung führt dazu, dass traditionelle Hersteller Kooperationen eingehen müssen, um sich verändern und flexibel auf die Marktlage reagieren zu können.
Aus der Belegschaft kommt Kritik, dass die Arbeitsverdichtung zunehme. Sehen Sie das auch so?
Es gibt einen allgemeinen Trend zu Geschwindigkeit, der überall zu spüren ist. Das Tempo ist vor allem markt- und kundengetrieben. Unsere Arbeit und die Anforderungen an uns verändern sich damit natürlich auch. Wir gehen damit um, indem wir die Arbeitsprozesse vereinfachen wollen – das entlastet auch die Teams. Ich sehe auch ein großes Potenzial in digitalen Tools und Prozessabläufen. Hier ist man im Konsumentenbereich schon viel weiter.
Wie sieht denn die Marktlage aus?
Die Situation in Brasilien ist sehr schwierig, der Markt ist dramatisch geschrumpft im Vergleich zu 2014. Diese Entwicklung hat hoffentlich den tiefsten Punkt erreicht. Einige unserer Kunden schließen sogar ihre Fabriken und das trifft uns dann natürlich auch. Ebenfalls zu unseren Top-5-Ländern gehört China, auch dort spüren wir Einbußen gegenüber dem letzten Jahr. Allerdings sehen wir auch viel Potenzial in diesen Märkten. Unser im September vorgestellter modularer Seilzug wurde in Brasilien bei einer Messe im Mai lanciert und kam sehr gut an, zumal unsere Neuerungen von dort aus in ganz Südamerika beachtet werden. Den neuen Seilzug wollen wir jetzt im Herbst auch in China erfolgreich auf den Markt bringen.
Gibt es denn auch erfreuliche Entwicklungen?
In den USA ist die Lage für uns stabil, projektbezogen bekommen wir zurzeit schon einige größere beachtliche Aufträge. Sowohl der Seilzug als auch der Profilkran laufen dort gut. In Europa und damit auch Deutschland ist es insgesamt ebenfalls recht stabil, auch wenn es in den nordischen Ländern nicht so gut aussieht wie 2015. Auch der Blick nach Indien zeigt: Insgesamt ist es allenfalls okay, wir haben kein Wachstum, halten uns aber auf einem gewissen Niveau und verbessern unsere Positionen Schritt für Schritt.
Gibt es denn keine andere Lösung als einen Stellenabbau im Werk von Wetter?
Wir müssen unsere Kostenbasis verbessern, damit wir konkurrenzfähig sind, da führt leider kein Weg dran vorbei.
Wetter ist ein wichtiger Standort für Produktion und Entwicklung in unserem globalen Netzwerk, hier gibt es viele zentrale Andockpunkte unseres Geschäftsbereichs. Allerdings erwirtschaften wir den größeren Teil unseres Umsatzes im Ausland. Wenn von dort Aufträge kommen, ist das auch gut für die Produktion in Wetter. Das hängt alles miteinander zusammen. Ich bin deswegen viel unterwegs und spreche mit unseren Kunden und Teams auf der ganzen Welt, um mehr Aufträge für Demag-Produkte und Services zu akquirieren.
Wir haben hier in Wetter eine große Belegschaft aber unsere Arbeit an der Kostenbasis bezieht sich nicht nur auf Wetter. Ich kann als Leiterin der globalen Geschäftsaktivitäten sagen, dass es weltweit Personalanpassungen gibt und wir auch an anderen Standorten unsere Kostenstruktur anpassen müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben.
So geht es im Übrigen vielen internationalen Maschinenbauunternehmen. Auch in den anderen Geschäftsfeldern von Terex gibt es notwendige Anpassungen. Dabei geht es nicht um Profitgier, sondern um marktbedingte Veränderungen. Wenn wir Verluste erleiden, können wir nicht in unsere Zukunft investieren.
Besorgnis erregend ist die Sorge der Auszubildenden und jungen Leute, die Zweifel an ihrer Zukunft bei Demag/Terex haben...
Auch dafür habe ich Verständnis. Die Zeiten sind leider wirtschaftlich schwierig. Trotzdem kann ich sagen, dass das Thema Ausbildung bei Terex immer noch mit hoher Priorität behandelt wird. Unsere engagierten Ausbilder bieten höchstes Niveau im Branchenvergleich. Eine Ausbildung bei Terex ist immer noch eine sehr gute Wahl.
Was können Sie denn zum Zusammenschluss von Demag/Terex mit dem finnischen Konkurrenten sagen? Wie sieht Ihre Rolle dabei aus?
Ich gehörte bereits Ende 2015 zu einem der Integrations-Teams, die den Zusammenschluss vorbereiten sollten. Das wurde wegen Zoomlion auf Eis gelegt und geht jetzt voraussichtlich im September weiter. Wir müssen noch die Entscheidung der Kartellämter und die Zustimmung der Konecranes-Aktionäre abwarten. Vor einigen Wochen waren Konecranes-Vertreter um CEO Panu Routila hier im Werk in Wetter. Meine Aufgabe dabei ist: Ich will das Demag-Portfolio bestmöglich in diesem Prozess repräsentieren um sicherzustellen, dass kein Wert verloren geht. Konecranes will viel Geld für uns bezahlen, daher denke ich, dass sie sehr an unseren Mitarbeitern, Kompetenzen, Innovationsideen und unserer Kundenbasis interessiert sind. Mein Fokus liegt weiter auf dem Demag-Geschäft und die Verbesserung, die wir gestartet haben. In den Integrations-Teams will ich die gemeinsame Zukunft mitgestalten. Ich habe den Eindruck, dass es mit Konecranes ein offenes Miteinander geben wird.
Mancherorts werden Sorgen laut, dass mit Konecranes die Marke Demag gefährdet ist...
Das sehe ich ganz und gar nicht so. Demag wird ein fester Bestandteil der Markenfamilie werden. Gerade bei den großen globalen Kunden zB in der Automobilbranche und bei den Flugzeugbauern sind wir der bevorzugte Lieferant. Um im Demag-Geschäft zu wachsen, wollen wir auch die indirekten Kanäle ausbauen, also mehr über Händler, Kranbauer und Distributoren unsere Position als führender Hersteller stärken. Wir investieren auch in unsere Marke und in Marketing und haben noch viel vor. Es dauert aber, bis direkte Effekte sichtbar sind.
Wie das Portfolio und die Struktur im Detail aussehen werden, erarbeiten die Integrationsteams miteinander, die voraussichtlich im Herbst ihre Arbeit aufnehmen werden. Terex mit der Marke Demag und Konecranes haben unterschiedliche Stärken in verschiedenen Geschäftsfeldern und Märkten. Ich bin optimistisch für Demag, denn wir haben eine gute Marke, gute Leute und gute Produkte.