Wetter. . Kindheitserinnerungen: Während die Eltern Angst hatten und vor der Ruhr warnten, schwammen früher viele Wetteraner in dem Fluss.
Themenabend im Heimatmuseum Volmarstein: Die Lokalredaktion wollte von älteren Wetteranern wissen, was sie mit dem Schwimmen in der Ruhr verbinden. Darüber hinaus meldeten sich weitere Senioren, die ihre Kindheits-Erfahrungen schilderten.
Wilma Diehl (77)
„Ich habe nicht nur schöne Erinnerungen an die Ruhr. Es war bekannt, dass die angesichts der Strudel tückisch ist oder sogar zum reißenden Fluss werden kann. Als jüngstes Kind nahmen mich meine älteren Brüder früher schon mal mit. Das durfte meine Mutter aber nicht wissen. Eines Tages, es war wohl 1947, bin ich ins Wasser geworfen worden. Da ich nicht schwimmen konnte, schrie ich um Hilfe und erreichte zum Glück einen Baum. Danach habe ich in der Badeanstalt schwimmen gelernt. Ich habe die Ruhr aber immer geliebt und habe da wunderbare Sachen erlebt. Wir haben uns oft den Eintritt für die Badeanstalt gespart und haben uns ein Eis gekauft. Vor den Eltern haben wir geflunkert, wenn wir in der Ruhr waren.“
Horst Fakler (78)
„Ich habe am 7. Juli 1952 meinen Freischwimmer in der Seebadeanstalt gemacht (unter Aufsicht 15 Minuten ununterbrochen schwimmen) und habe den dazugehörigen Schein noch heute. Wir Kinder haben oft am Obergraben gespielt und auch gebadet, an den Brücken war es aber wegen der schnellen Fließgeschwindigkeit gefährlich. Ich war aber schon damals sehr vorsichtig. Aus Volmarstein und Wetter kamen immer viele an beide Ufer.“
Herbert Sabiers (72)
„Pfingstmontag 1959, es war ein heißer Tag in der Badeanstalt am Harkortsee. Heiße Tage gingen diesem voraus, so dass die Liegewiesen schon eine braune Färbung hatten. Es zog ein starkes Hitzegewitter auf. Der Schwimmmeister Kurt Beckmann blies aus Sicherheitsgründen feste in seine Trillerpfeife und rief laut „Wasser frei“. Mit Blitzen und Donnern ging auch schon ein heftiges Unwetter mit Starkregen los. Alle rannten, um einen sicheren und trockenen Unterstand zu finden. Zwei meiner Lehrlingskollegen, Hans-Joachim Braun und Uwe Altenhain, suchten Schutz unter der dicht belaubten Trauerweide, die in der Nähe der DLRG-Station stand. In diesen Baum schlug ein Blitz ein und tötete den einzigen Sohn der Familie Braun. Uwe Altenhain wurde schwer verletzt ins Krankenhaus transportiert.“
Jürgen Sackschewski (68)
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„Ich habe damals in der Ringstraße gewohnt. Wir Kinder durften eigentlich nicht zum Obergraben gehen, sonst gab es was auf’s Fell. Dort gab es ein Loch, eine Art Tümpel, der im Winter zufror und durch aufgefüllten Hausmüll auf die heutige Höhe kam. Wir wussten damals, dass mehrere Kinder im Laufe der Jahre in der Ruhr ertrunken waren, daher die Sorge unserer Eltern. Dort war es teilweise so voll, dass kein Platz für ein Badetuch frei blieb, zumal man dort zehn Pfennig Eintritt sparte. Als das heutige Freibad 1964 eröffnete, war dann am Obergraben weniger los. Ich habe noch in der alten Harkortsee-Badeanstalt 1954 Schwimmen gelernt, das wurde immer am 15. Mai geöffnet – egal ob es regnete oder schneite. Der See war warm, die Becken füllte die Feuerwehr per Hydranten mit kaltem Wasser. Und auf dem Zehn-Meter-Turm gab es eine Metallgitterklappe. Wer sich den Sprung doch nicht zutraute, konnte so lange zurück, bis der Bademeister diese verriegelte. Außerdem darf man bei diesem Thema die Entwicklung der DLRG unter Leitung von Wilhelm Bergerhoff nicht unerwähnt lassen.“
Helmut Hülshoff (80)
„Ich kam vor 43 Jahren nach Wetter und war in jungen Jahren Mitglied im Ruderclub Witten. Ich habe ab 1946 unterhalb des Wasserkraftwerks nahe des Vereinsheims in der Ruhr schwimmen gelernt. Wenn das Wasser durch die Turbinen kam, gab es eine ordentliche Strömung. Dort war es tiefer als im oberen Flussverlauf. Wir haben uns dann hinüber zum Ufer nach Bommern treiben lassen und sind dann bis zum Stahlwerk gelaufen. Meine Mutter hatte immer eine Heidenangst wegen der Strudel, ich bin aber nie in Gefahr geraten. Wenn ich aber aus der Ruhr herauskam, war ich schon ziemlich dreckig, die kleinen Härchen auf der Brust waren braun. Das hat uns Kindern aber nichts ausgemacht. Wir hatten ja auch keine Alternative, die Freibäder kamen erst später. dann bin ich auch mit dem Fahrrad zum Harkortsee-Strandbad gefahren.“
Klaus Becker
„Ich kam 1958 nach Wetter und hatte zuvor in der Havel Schwimmen gelernt. Wir haben nahe der Ruhr gewohnt, die Badeanstalt am alten Gymnasium fand ich herrlich. Es war ein Jammer, als diese dann nicht mehr zur Verfügung stand. Ich habe das wirklich bedauert.“
Erinnerungen an ursprünglichen Fluss
Und dann kam noch ein Volmarsteiner Ehepaar in das Heimatmuseum, das über seine Erlebnisse berichtete. Ihren Namen wollen die 89-Jährige und der 95-Jährige aber nicht in der Zeitung lesen, „denn dann wird man so oft angesprochen“. Der ältere Herr jedenfalls kann sich noch gut an seine Badeerfahrungen in der damals noch nicht aufgestauten Ruhr in den 1920-er Jahre erinnern. „Ich ging mit meinen Brüdern immer ins Schöntal, da war das steinige Ufer so schön flach.“ Er habe sich das Schwimmen selbst beigebracht: „Wir wollten zum anderen Ufer und haben uns an Ästen festgehalten. Dann ging’s wieder zurück.“
Seine Frau berichtete von Schwimmerfahrungen am Herdecker Bleichstein (nahe der heutigen Schiffsanlegestelle): „Die größeren haben auf die kleineren Kinder aufgepasst, dass diese nicht untergingen. In jener Zeit ist aber niemand abgesoffen. Wobei es etwa am Viadukt gefährliche Strudel gab.“ In den Sommertagen des Zweiten Weltkriegs ging sie mit zehn bis 15 ihrer Freundinnen so wie viele andere nach Feierabend oft zur Ruhr. „Unsere Anziehsachen haben wir einfach am Ufer liegen gelassen, da wurde nichts geklaut.“
Aus ihrer späteren Zeit in Volmarstein seien ihr Erinnerungen an viele Hochwasser im Gedächtnis geblieben. „Fast jedes Jahr nach der Schneeschmelze, das konnten wir gut vom Dorf oben aus sehen.“