Hagen/Herdecke. 4,5 Prozent der Fahrer tippen oder lesen am Steuer Nachrichten. Doch die Folgen können dramatisch sein, wie auch Beispiele aus Südwestfalen zeigen.

  • Neue Studie: 4,5 Prozent der Autofahrer lesen oder tippen am Steuer Handy-Botschaften.
  • Die Folgen können dramatisch sein, wie Beispiele aus Südwestfalen belegen.
  • Polizisten beklagen fehlendes Unrechtsbewusstsein.

E-Mails, SMS und Whatsapp-Nachrichten: Einer neuen Studie der Universität Braunschweig zufolge beantworten viele Autofahrer während der Fahrt solche Nachrichten. 4,5 Prozent, so das Ergebnis der Studie, tippen und lesen am Steuer Botschaften. Die Folgen sind manchmal dramatisch.

Die Folgen

Es war einziger Moment. Nur ein kurzer Blick, der eine 21-jährige Dortmunderin im Februar 2014 das Leben kostete. Unterwegs durch Herdecke auf der Hagener Straße griff sie damals nach ihrem Smartphone, auf dem eine ­Whatsapp-Nachricht eingegangen war. Dies ist zumindest laut Polizei und Staatsanwaltschaft die wahrscheinlichste Ursache, warum die Frau an diesem Nachmittag in den Gegenverkehr geriet und frontal auf den Landrover eines Paares aus Herscheid stieß.

Die junge Frau kam ums Leben; das Paar überlebte schwerverletzt, litt aber noch viele Monate später an den Folgen des Unfalls: posttraumatisches Angstsyndrom, Gedächtsnisverlust, Schmerzen trotz intensiver Behandlungen und Operationen. Seinen Beruf konnte der Fahrer des Landrovers nicht mehr ausüben, weil er das Gefühl in einer Hand verloren hatte. „Der Unfall hat unser Leben völlig umgekrempelt“, berichteten beide in dieser Zeitung und appellierten, auf Handys während der Fahrt zu verzichten.

Die Ausreden

Doch das Unrechtsbewusstsein scheint nach wie vor nicht allzu groß. Zwei Mal innerhalb einer Stunde erwischte die Polizei im Kreis Olpe im Februar 2016 einen 31-jährigen Autofahrer in Finnentrop mit dem Handy am Ohr. Die Anzeige, die die Beamten nach der ersten Kontrolle erstattet hatten, zeigte offenbar keine Wirkung.

Stattdessen ersinnen Sünder gern hanebüchene Ausreden: Er habe sich doch nur rasiert, wollte ein Lkw-Fahrer in Lippetal den Polizisten einreden, sich getäuscht zu haben, erinnert sich Frank Meiske, Polizeisprecher im Kreis Soest.

Strafen und Kontrollen

Wer sich keine glaubwürdigere Ausrede einfallen lässt, der muss mittlerweile 60 Euro Buße bezahlen und wird mit einem Punkt in der Flensburger Verkehrssünderkartei bestraft. „Die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, ist aber noch zu gering“, glaubt Clemens Fischer, Vorsitzender der Verkehrswacht Arnsberg und Dozent für Verkehrsrecht an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung. Doch zunehmend nimmt die Polizei in Südwestfalen die Handy-Sünder ins Visier. In Hagen zum Beispiel gibt es seit Sommer 2015 Handy-Schwerpunktkontrollen.

Damals gab es auch in der Volme-Stadt bei einem Unfall sieben Schwerverletzte. Der Unfallverursacher, so berichtete zumindest Zeugen, soll ein Handy in der Hand gehalten haben.

Vorbeugung und Aufklärung

„Wir müssen aber auch noch besser über die Risiken aufklären“, fordert Clemens Fischer. Bei der Arnsberger Verkehrswacht will er daher künftig seinen „Schülern“ auf dem Hindernisparcours ein Handy in die Hand drücken, damit sie buchstäblich erfahren, welche Folgen die Ablenkung haben kann: „Wer bei Tempo 50 zwei Sekunden aufs Display guckt, legt 30 Meter im Blindflug zurück“, so Fischer.