Herdecke. . Zehn Herdecker Kneipen, Bistros und Restaurant beteiligten sich an der Premiere. Schon am frühen Abend waren 800 Karten weg. Es hätten durchaus mehr sein können.

Samstag abend, 18.30 Uhr. Ein Mann steigt an der Wetterstraße aus einem Auto mit Dortmunder Kennzeichen und fragt nach einer Sportsbar. Der BVB spielt! Eine Viertelstunde später steht derselbe Mann vor dem Blue Jay. „Läuft hier das Spiel?“ „Nein, hier gibt es heute Musik!“ Und nicht nur dort: In zehn Herdecker Kneipen, Bistros oder Restaurants wurde am Samstag abend bei der ersten Herdecker Kneipennacht aufgespielt. Live und laut. 800 Karten hat der Veranstalter ausgegeben, zu wenig, wie sich schon am frühen Abend herausstellte. „Der Vorverkauf war anfangs schleppend, doch dann ging es plötzlich ab“, sagt Adam Ruta, der als Veranstaltungsmanager die Kneipennacht von der Nordseeküste nach Herdecke importiert hat. „Das nächste Mal müssen wir wohl noch ein paar Kneipen dazugewinnen.“

Das Plug&Play-Duo machte im Rheinischen Hof den Auftakt. Schnell war es drinnen zu eng, doch das gute Wetter sorgte dafür, dass auch die Sitzplätze draußen zu Konzerträngen wurden. Kurze Pause für die Sängerin, die Menschen ziehen weiter. Doch das gehört zum Konzept der Kneipennacht. Überall einmal reinschnuppern und dann irgendwo hängen bleiben. Oder doch noch einmal zwischen Korkenzieher und La Piazza wechseln, zwischen der Magic Boogie Show und Rumbambé. Die Boogie-Experten boten Show und Swing gleichermaßen und brachten eine ganze Damenriege vor den Fenstern zum rhythmischen Hüftwackeln, drinnen war kaum noch Platz dafür. Zu den Salsa-Klängen im italienischen Restaurant drehten sich die Paare zwischen den Tischen, und die Kellner mussten beim Servieren von Pizza und Pasta im Takt bleiben, um nicht ihre Teller zu verlieren.

Für jeden Geschmack etwas

Mehr Platz zum Tanzen gab es nur im Haus Pfingsten, wo sich einige Paare, aber vor allem die Damen beim Discofox übers Parkett schoben. „Die Herren haben wohl alle Rücken“, frotzelte Sängerin Kiki. Und forderte so manchen Mann persönlich zum Tanz auf. Stimmung auch hier, doch eine andere als zum Beispiel im Blue Jay oder im Shakespeare. „Die Herdecker stehen wohl auf Rock!“ war ein erstes Zwischenfazit von Adam Ruta angesichts der Massen, die versuchten, sich noch ins Shakespeare zu drängeln. „Voll!“ hieß es da und tatsächlich: Bis zur Theke brauchte man mehrere Minuten, von der Band war da nur etwas (aber was!) zu hören, so eng standen die Besucher. Encoveree gab alles, was die Rockgeschichte zu bieten hatte. Und wer es nicht mehr hinein schaffte, hörte draußen zu.

Zehn Schritte weiter hinter der Rockbude ging es leiser zu -- aber nicht weniger gut. Im Il Cortile sorgten drei Italiener („alles Buccos“, wie Nicola Bucco aus der Hagener Gastronomen-Familie betonte) für den richtigen Klang zu Chianti und Co. Ruhige Kneipenmusik, genossen von einem entspannten Publikum bei Wein und italienischen Spezialitäten.

Tanz hier, Rock da und leisere Klänge dort – das ist das Konzept des Kneipenfestivals, das in Herdecke eine so erfolgreiche Premiere feierte. Manager Adam Ruta absolvierte dabei kaum weniger Kilometer als die Gäste, war er doch den ganzen Abend über in den unterschiedlichen Kneipen, um zu sehen, wie die Resonanz ist. „Bei der Premiere in einer Stadt muss man ein Gefühl für die Orte bekommen“, erklärt er. Zwar war er bei seinem ersten Besuch an der Ruhr gleich von der Kneipenkultur in Herdecke begeistert, doch müssen Gastronomie und Gesang auch noch zusammenpassen.

Der letzte Bus kommt zu früh

Aus Sicht der meisten Besucher passte es. Jeder fand für seinen Geschmack den richtigen Sound. Anja Müller, bald Neu-Herdeckerin und an diesem Abend aus Dortmund angereist, hatte nach drei Kneipen ihren Platz im Sackträger bei Country und Oldies gefunden. „Super Stimmung!“ lautete ihr Fazit. Stephan Sonnek und Markus Köster hatten den Eintritt allein für den Korkenzieher investiert. „Die Musik ist geil“, befand Köster. Den Eintritt fand er weniger gut. „In Hagen gibt es das umsonst.“

„Toll“, war auch das Fazit von Susanne Insel, „nur zu kurz.“ Die Wetteranerin musste um 23.30 Uhr zum Bus. Der letzte an diesem Tag. „Das ist blöd. Da sollte man doch über einen Sonderfahrplan nachdenken“, sagte sie und trauerte der schönen Zeit im Ruhrschlösschen hinterher.
P.S: Das BVB-Spiel gab’s dort übrigens auch.