Herdecke. . Buch über alle Herdecker Straßennamen: Arne Cremer hat 228 Bezeichnungen erforscht. Der Heimat- und Verkehrsverein stellt dies Samstag vor.

Wer einmal mit einem umfangreichen Thema angefangen hat, kann so schnell nicht los lassen. Seit fünf Jahren erforscht Arne Cremer Straßennamen in Herdecke. Was als lockerer Beitrag für die Maiwanderungen des SGV geplant war, hat sich zu einem größeren Projekt entwickelt. Das der Heimatforscher nun abgeschlossen hat: Nach einer Flurkarte im vergangenen Jahr hat Cremer nun mit dem Heimat- und Verkehrsverein ein Buch über Herdecker Straßennamen herausgebracht, um darin über die jeweilige Herkunft, Bedeutung und Geschichte aufzuklären. Das Werk kostet fünf Euro und wird an diesem Samstag, 12. März, bei der Einweihung des neuen Kampsträter Platzes von 11 bis 14 Uhr vorgestellt.

Teilweise falsche Überlieferungen

Wer Arne Cremer nachts um drei Uhr wecken würde, könnte direkt einen Vortrag über alle 228 aktuellen Straßennamen in Herdecke und aus seiner Heimat Ende bekommen. „Alle interessanten Geschichten habe ich gespeichert, die historischen Bezüge kann ich auch jederzeit referieren.“ Zumal seine Recherchen bis ins 18. und 19. Jahrhundert zurückreichen. Was die preußischen Kartenschreiber damals notierten, könne durch mündliche Überlieferungen und Verballhornungen teils fehlerhafte Auswirkungen in der Gegenwart haben. Etwa die Hellbracke: Der Name stammt eigentlich von dem Hofbesitzer bzw. Kötter Hetbräcker, der auf einem Gebiet mit auffälligen Heidebüschen (Het-Bracke) wohnte.

Die Nachforschungen hätten ihm Spaß gemacht, da er über einzelne Bezeichnungen auch Rückschlüsse auf die Vergangenheit ziehen konnte. Sprich: Jahrhundertealte Flur- und Lagebezeichnungen erklären, wie es in einzelnen Gebieten früher einmal aussah oder wer woher kommt. Als Beispiel nennt der 45-Jährige Familiennamen wie Siepmann, Brinkmann oder Hagenkötter. Ein Siepen ist eine feuchte Niederung oder ein Engtal mit zumeist kleinem Bach. Ein Brink war ein Hügel oder der Rand einer Siedlung. Und wenn ein Kotten, also ein kleiner Hof mit einfachem Haus und Garten mit einer starken Hecke (auch Hagen genannt) umwachsen war, dann nannte man dieses Grundstück Hagenkotten. Diese Herleitung veranlasste Cremer auch dazu, eine Zeichnung dazu mit dem Layouter Martin Schulz als Titelbild für sein 85 Seiten starkes Buch auszuwählen. Dafür sei der Heimat- und Verkehrsverein, so Vorsitzender Christian Münch, in Vorleistung gegangen und habe 500 Exemplare drucken lassen.

Rückschlüsse auf Stadtentwicklung

Darin befinden sich auch Sagen und Legenden. In hiesigen Wäldern gebe es so genannte Hexentanzplätze und im Piepensack Geisterreiter, während an der Teufelskanzel nächtliche Erscheinungen auftauchen. Auch hinter schlicht anmutenden Bezeichnungen wie Hauptstraße (schon in vorchristlicher Zeit eine Hauptverkehrsader durch das Ardeygebirge) oder Stiftsstraße verbergen sich Heimatgeschichten über die Stadtentwicklung. Der altsächsisch Name Ende sei übrigens auch mehr als 1000 Jahre alt. Schwierig sei es gewesen, frühere Ideengeber zu einzelnen Namen etwa aus Ratsbeschlüssen zu recherchieren. Einfacher sei es in der Neuzeit, dabei gebühre Bürgern Dank für ihre Vorschläge etwa zum Stoffdruckerweg, Meinrad-Miltenberger-Weg und Mühlsteinskuhle am alten Steinbruch in Bahnhofsnähe.

All das hat Cremer auch nach der Durchsicht vieler Ausgaben der Herdecker Blätter alphabetisch geordnet und teils mit historischen Fotos versehen. Diese zeigen etwa noch zwei Brücken am heutigen Zweibrücker Hof oder auch den Koenenhof, der bis zum Abbrennen 1909 nahe der Ruhr stand und Namensgeber für die einst sehr lange Koenenstraße war. Besonderes Interesse habe bei ihm die Geschichte des Niedernhofes (Villa Funcke) mit Mäuseturm im Hengsteysee ebenfalls an der Hagener Stadtgrenze geweckt.

Auch Telefonbuch im Einsatz

„In den letzten Monaten habe ich mich fast täglich damit beschäftigt, davor war es temporär mal mehr, mal weniger Arbeit“, so Cremer, der bei seinen Erkundigungen auch schlicht das gute, alte Telefonbuch bemühte. Nur ein einziger Makel bleibt: Der Kermelberg an der Stadtgrenze zu Witten bleibt für Cremer vorerst ein Rätsel. Der Bezug zu einem Kloster habe sich als falsch erwiesen, Recherchen in der Nachbarstadt und bei einem 94-jährigen Anwohner brachten auch kein endgültiges Ergebnis. Vielleicht wissen ja Zeitungsleser mehr...