Wetter/Herdecke/Dortmund. . Friedrich Harkort und Heinrich Habig: Zwei Wetteraner und eine Herdeckerin stellen der Westfalen-Ausstellung in Dortmund Exponate zur Verfügung.
Heimat, Geschichte, Erinnerungen: Das sind drei Schlagworte für die Ausstellung „200 Jahre Westfalen. Jetzt!“, die noch bis zum 28. Februar im Dortmunder Museum für Kunst und Kulturgeschichte zu sehen ist. Zwei Wetteraner und eine Herdeckerin haben einen kleinen Anteil an dem Erfolg der Schau, die dann bis Ende 2017 in verkleinerter Version als Wanderausstellung an weiteren Orten gastieren wird.
Drei Schwerpunkte zu westfälischen Themen setzten die Museums-Macher seit der Eröffnung am 28. August. Los ging es mit dem ersten Territorium, Unterzeile: Aufbruch einer Region in die Moderne. Wer darf bei einem solchen Rückblick nicht fehlen? Richtig, Friedrich Harkort, der Vater des Ruhrgebiets. Und wer darf bei dieser Persönlichkeit nicht ungefragt bleiben? Richtig, Dietrich Thier, der Stadtarchivar Wetters. „Die Landschaftsverbände haben die Ausstellung vorbereitet, im Zuge dessen fragte das Westfälische Wirtschaftsarchiv an, ob ich ein paar Worte angesichts der Popularität Harkorts schreiben könnte.“
Der Historiker verfasste für das Begleitbuch der Ausstellung einen Aufsatz über den Industrie-Pionier. Darin beschreibt er, wie die Familie Harkort im 18. und 19. Jahrhundert im hiesigen Schöntal die Metallindustrie etablierte und über das frühere Bergamt Burg Wetter die Mechanischen Werkstätten einrichtete. Thier erklärt auch, wie sich Harkort mit seinem Bruder Gedanken über die aufkommenden Eisenbahnen machte.
Büste und Tafelaufsatz
Optisch sichtbar wird die Bedeutung Harkorts in der Westfalen-Ausstellung über eine weiße Büste, die nach wie vor im hinteren Teil der Ausstellung zu sehen ist. Dort befindet sich auch ein weiteres Exponat aus dem Nachlass der Familie, das zunächst prominent nahe des Eingangs präsentiert wurde: ein versilberter Tafelaufsatz. Auch davon wusste Dr. Thier, der nach einem Gespräch mit der Urgroßnichte dem Dortmunder Museum dieses Ausstellungsstück vorschlug.
Harkort erhielt diesen Tafelaufsatz während seiner Zeit als liberaler Abgeordneter des Deutschen Reichstags (1871-74) als Geschenk zu seinem 80. Geburtstag von Lehrern. Angesichts seines Einsatzes für das preußische Schulwesen wollten die Auftraggeber etwas Besonderes darstellen: Harkort thront als Plastik in fast schon staatsmännischer Pose an der Spitze dieses Werks auf einem Denkmalsockel. Es zeigt den Politiker als Redner, Vergleiche mit dem alten Rom sind laut Thier durchaus zulässig. „Dieser Tafelaufsatz atmet natürlich den Geist der damaligen Zeit und muss mit den Anspielungen etwa auf das Lehrertum auch in dieser Sichtweise interpretiert werden.“ Das Werk sei zuvor noch nie in der Öffentlichkeit zu sehen gewesen, da es sich im Privatbesitz befindet. Die Darstellungsweise und Hinweise auf vermeintliche Lehrer-Tugenden wie Wissen oder Fleiß passe aber zur Persönlichkeit, so Thier: „Harkort war mehr Pragmatiker als Theoretiker.“
Genähtes von Frohnes Mutter
Als praktisch sollte sich auch erweisen, dass die Herdeckerin Doris Frohne Kleidungsstücke ihrer Mutter aufbewahrt hat. Denn damit waren in der zweiten Phase der Westfalen-Ausstellung, die sich u.a. der Arbeit und Produktion mit Wasserkraft widmete, auch Erinnerungsstücke der Stoffdruckerei von Heinrich Habig zu sehen. Genauer gesagt ein Kleid aus Brokat und eine festliche Bluse. Als gelernte Industriekauffrau hat Frohne von 1955 bis Anfang der 1960-er Jahre bei dem großen Betrieb am Herdecker Ruhrufer gearbeitet. So kam sie günstig an Stoffe, die dann vor allem ihre Mutter verarbeitet hat. „Sie hat viel für ihre beiden Töchter genäht, ich selbst war da nicht so begabt.“
Das Andenken an ihre Mutter hat sie aber aufbewahrt. Erstmals stellte Frohne auch knapp 55 Jahre alte Schürzen aus Habig-Stoffen bei der 275-Jahr-Feier der Stadt Herdecke im Foyer des Zweibrücker Hofs aus. Diese fehlten nun in Dortmund, wobei das Kleid und die Bluse in einem großen Glaskasten gut zur Geltung kamen. „Dazu gab es einen kleinen Erläuterungs-Text. In direkter Umgebung wurden weitere Textilien präsentiert, etwa Hochzeitskleider von Bauern und genähte Hemden oder Knöpfe.“
Der Kontakt kam über den Heimat- und Verkehrsverein zustande, den wiederum der Westfälische Heimatbund nach Ausstellungsstücken gefragt hatte. Während einer Vorstandssitzung schlug Mitglied Doris Frohne ihren Beitrag vor, was alle dann befürworteten. „Die Kleidung ist noch gut erhalten, das könnte man heute noch tragen.“
Kleine Belohnung: Kuratorin Dr. Brigitte Buberl kündigte an, dass Frohnes Kleid und Bluse auch mit auf Wanderschaft gehen und bei den Ausstellungen in Wadersloh, Brilon, Corvey, Lüdenscheid, Lüdinghausen, Bünde, Gescher, Minden und Paderborn zu sehen sein werden. „Die Textilien sind ein gutes Beispiel dafür, was in Westfalen im industriellen Zusammenhang hergestellt wurde.“ Als Verantwortliche für die Zusammenstellung der Exponate habe sie darauf geachtet, was für die Gegend und die Zeit charakteristisch (gewesen) sowie in welchen historischem Kontext das dann aussagekräftig darzustellen sei. „Wir bekamen von den 500 Heimatvereinen zum Teil zu viele Ausstellungsstücke, da war die Auswahl nicht ganz einfach.“