Wetter. Ein Original geht in den Ruhestand: Nach fast 30 Jahren leitete Richter Heinz-Dieter Beckmann nun am Amtsgericht Wetter seinen letzten Prozess.
Im Namen des Volkes sprach er fast drei Jahrzehnte am Amtsgericht Wetter Recht, gab nicht selten die sprichwörtlich letzte Chance oder sorgte zwischen verfeindeten Parteien für Frieden. Jetzt wird Richter Heinz-Dieter Beckmann pensioniert. Ein Abschied, der nicht nur ihm alles andere als leicht fällt.
An sich strebte Heinz-Dieter Beckmann nach seinem Abitur im Jahr 1968 eine Karriere beim Fiskus an. Beim Finanzamt machte er seine Ausbildung und arbeitete dort einige Monate nach der Zeit bei der Bundeswehr. Allerdings wurde ihm schnell bewusst, dass er diese Tätigkeit nicht sein gesamtes Berufsleben würde ausüben wollen. Also begann er 1974 sein Jurastudium an der Ruhr-Uni in Bochum. Im Juli 1979 bestand er das erste und im Mai 1982 das zweite Staatsexamen. Doch erst der Rat von Freunden, Richter zu werden, brachte ihn auf den Weg, den er bis heute nicht bereut. Als Richter, so wiesen ihn die Freunde hin, sei er unabhängig und nicht weisungsgebunden.
Anruf beim Dezernenten
Das überzeugte und Beckmann rief beim Personaldezernenten des Oberlandesgerichts in Hamm an. Heute undenkbar: Eineinhalb Stunden später hatte er die Stelle. Es folgten Stationen an Amts- und Landgerichten der Umgebung, bis er im Januar 1986 zum Richter am Amtsgericht Wetter ernannt wurde. Dort übernahm er Straf- und Zivilsachen, wurde Vollzugsleiter der Jugendarrestanstalt.
Seine Arbeit hat ihm immer Freude bereitet. Auf die Frage, ob ihm Zivil- oder Strafsachen mehr Spaß gemacht haben, findet er keine klare Antwort: „Das kann man nicht sagen. Ich halte Zivilsachen für juristisch anspruchsvoller, aber Strafsachen für menschlich interessanter.“ Generell: „Was mir am meisten Spaß gemacht hat, war mit Menschen im Gerichtssaal zu sprechen und zu verhandeln.“ Ähnlich ging es ihm bei seiner Arbeit in der Arrestanstalt. Hier legte er größten Wert auf die Gespräche mit den Mitarbeitern und den Mädchen, die sich im Arrest befanden.
Ob er jemals einen Menschen zurück auf den richtigen Weg bringen konnte, weiß Beckmann nicht. „Ein Feedback gibt es da eher selten.“ Aber mit einem Lächeln erinnert er sich an einen Besucher, der plötzlich in seinem Büro stand, sich bedankte und erklärte, er habe sich seinen Rat zu Herzen genommen. Auch gab es Briefe, in denen sich Menschen für den fairen Umgang mit ihnen bedankten.
Auf ein vielleicht besonders skurriles Verfahren angesprochen, erinnert er sich an einen Hahn, der Hausarrest bekam, damit er die Nachbarn mit seinem Krähen nicht mehr in aller Herrgottsfrühe aus dem Bett warf. Nicht nur, dass Beckmann am Abend des Prozesses seinen Fall im ZDF als Kuriosum wiederfand, als die Sache später in Berufung ging, lebte das arme Tier schon gar nicht mehr.
Ein hervorragendes Team
Allerdings gab es auch die Momente, die selbst dem erfahrenen Richter unter die Haut gingen – beispielsweise dann, wenn sich Verfahren um Unfallopfer oder das Schicksal von Kindern drehten.
Die Arbeit und die Kollegen werden ihm, den seine Angehörigen und Freunde nur Alfred – nach seinem dritten Vornamen – nennen, fehlen. „Ich finde, wir haben ein ganz hervorragendes Team. Das gilt für alle, die im Amtsgericht Wetter und in der Arrestanstalt tätig sind – sowohl fachlich als auch menschlich.“ Er ist sich sicher, dass seine Kontakte auch nach der Pensionierung bestehen bleiben. Zumal er weiterhin Vorstandsmitglied des Fördervereins „Sprungbrett e.V. – Verein zur Förderung der Jugendarrestanstalt Wetter“ bleiben wird. „Es beginnt ein neuer Abschnitt, aber ich bin ja nicht aus der Welt.“
Mehr Zeit für den Enkel
Gestern hat Richter Heinz-Dieter Beckmann sein letztes Urteil verkündet. Ab dem 1. März gilt er als Pensionär. Die Zeit danach will er nutzen – für Besuche der Oper und Konzerte, Spaziergänge und Fahrradtouren. Und, das ist ihm besonders wichtig: Er will mehr Zeit mit seinem Enkel verbringen. „Es soll ein Unruhestand werden“, verspricht er. Und vielleicht gibt es ja ein Wiedersehen im Gerichtssaal.