Herdecke. . Die Bürgerinitiative Semberg rät von vorschnellen Unterschriften unter eine Dienstbarkeit für Amprion ab. Auch Haus&Grund empfiehlt, Rechtsbeistand zu suchen.
Die Bürgerinitiative (BI) Semberg und die Eigentümerschutzgemeinschaft Haus&Grund Herdecke und Ende raten von vorschnellen Unterschriften unter eine so genannte beschränkte persönliche Dienstbarkeit für den Netzbetreiber Amprion ab. Man solle sich auf jeden Fall beraten lassen, sagen Hartmut Ahlborn, Vorsitzender der BI Semberg, und Dr. Michael Füllkrug, Vorsitzender des Haus&Grund-Ortsvereins.
Amprion sucht derzeit die etwa 160 Grundstückseigentümer auf, die vom Neubau der Höchstspannungsfreileitung in Herdecke betroffen wären. Denn auch wenn die neue Trasse nach den Plänen des Netzbetreibers zwei bestehende Freileitungen ersetzen soll, müssen neue Verträge geschlossen werden. „Die bislang gültigen Dienstbarkeiten beziehen sich auf die 220-KV-Leitungen“, sagt Amprion-Sprecher Claas Hammes.
Beschränktes Recht
Eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit ist quasi ein Wegerecht. Im Fall der Höchstspannungsleitung wird das Recht an Amprion abgetreten, eine Leitung über ein Grundstück hinweg zu führen oder einen Leitungsmasten auf einem Grundstück zu bauen. Für die Stromtrasse müssen zudem Schutzstreifen freigehalten werden, für die der Netzbetreiber die Dienstbarkeit der Grundstückseigentümer einholen muss. Dieses Recht bezieht sich ausschließlich auf die Höchstspannungsleitung. „Wir dürfen nicht plötzlich ein Erdkabel ziehen oder Funkmasten aufstellen“, so Jörg Prygoda, bei Amprion als Grundstücksverhandler im Einsatz.
Abgegolten wird die Dienstbarkeit durch eine gesetzlich geregelte Entschädigung. Hier setzt die Bürgerinitiative Semberg an, die seit Beginn des Planfeststellungsverfahrens gegen den Bau der Höchstspannungsfreileitung kämpft. „Jeder sollte wissen, dass Amprion auf neue Leitungsrechte angewiesen ist“, heißt es in einer Mitteilung der BI Semberg. Eigentümer sollten sich vor einer Unterschrift juristisch beraten lassen. Bei einem Anwalt, oder als Mitglied von Haus&Grund beim zuständigen Rechtsexperten.
Dr. Michael Füllkrug, Vorsitzender des Haus&Grund-Ortsvereins und Oberstaatsanwalt in Dortmund ist selbst Betroffener. Es gehe zwar nur um wenige Quadratmeter seines Grundstücks, doch werde er derzeit nicht unterschreiben. Haus&Grund stehe beim Thema Höchstspannungsfreileitung politisch neutral da, doch müssten Eigentümer wissen, dass sie bis zum Ende aller Tage dem Leitungsbetreiber Rechte einräumen würden. Und damit würde für wenig Geld ein dauerhafter Wertverlust hingenommen.
Unterschreibt ein Eigentümer die Verträge nicht, kann es mit Feststellung des Planverfahrens zur Enteignung kommen. Das heißt, bei Anerkennung des geplanten Trassenverlaufs durch die Bezirksregierung kann der Netzbetreiber die Dienstbarkeit einfordern. Also ein Enteignungsverfahren anstreben. „Das wollen wir nicht, weil wir für die Trassenunterhaltung auf gute Zusammenarbeit angewiesen sind“, betont Hammes. „Wenn wir jetzt jemanden verprellen, bleibt das für eine lange Zeit so.“ Man wolle Verständnis für das Projekt einwerben und sei darum sehr dafür, dass sich die Betroffenen rechtlichen Rat holen. „Dann können wir auf Augenhöhe verhandeln“, sagt Jörg Prygoda.
Beschleunigungszuschlag
Klar ist aber auch, dass ein Netzbetreiber eine genehmigte Trasse durchsetzen möchte. Prygoda verweist auf das Grundgesetz, in dem der Grundsatz festgeschrieben sei, dass Eigentum auch verpflichte. Auf dieser Grundlage gebe es zur Errichtung einer sicheren und preiswerten Stromversorgung eine Enteignungsgrundlage. „Es besteht ein übergeordnetes Interesse“, so Jörg Prygoda.
Amprion ist zuversichtlich, dass sie mit den Betroffenen handelseinig werden. Wer sich schnell entscheide, könne von einem „Beschleunigungszuschlag“ profitieren. Lehnen Eigentümer eine Einigung dagegen ab, wird das gesamte Verfahren zumindest verzögert. Dann entscheiden Gerichte über die Dienstbarkeit.