Wetter. . Die Jugendarrestanstalt Wetter, in der Mädchen aus ganz NRW untergebracht sind, bekommt Unterstützung. Hervorgegangen aus einem Inner-Wheel-Projekt hat sich ein Förderverein gegründet.
Tütenkleben als Beschäftigungsmaßnahme im Strafvollzug, man sollte meinen, dass es das nicht mehr gibt. Und doch kleben die Mädchen in der Arrestanstalt (JAA) in Wetter bunte Papiertaschen aus alten Kalenderblättern zusammen. Ein kreatives Projekt, das ihnen helfen soll, eigene Fähigkeiten zu entdecken. Und es ist nicht das einzige Projekt, das in den vergangenen zwei Jahren in der JAA angestoßen wurde.
Man könnte es mit dem neudeutschen Begriff nachhaltig beschreiben, was Heike Grosch als ehemalige Präsidentin des Inner Wheel Distrikts 90 und die Damen des Inner Wheel Clubs (IWC) Wetter-Witten da auf die Beine gestellt haben. Aus einem Hilfsprojekt für die Jugendarrestanstalt, das Grosch in ihrer Zeit als Präsidentin angestoßen hat, ist nun ein Förderverein gewachsen. Neun Gründungsmitglieder wollen die Unterstützung für die Mädchen in der JAA auf ein festes Fundament stellen.
11 000 Euro für die Kasse
„Mir ging es während meiner Präsidentschaft im Jahr 2013 darum, ein Projekt in der Region zu fördern“, sagt Heike Grosch. Mit der Arrestanstalt für Mädchen geriet eine Einrichtung in den Blick, die in Wetter eher ein Schattendasein führt. Was wohl auch daran liegt, dass hier Mädchen und junge Frauen aus ganz NRW ihre Strafen absitzen. Umso schwieriger ist deren Unterstützung, weil koordinierte Hilfsangebote vor allem für die Zeit nach dem Arrest fehlen.
Genau hier soll die Arbeit des Fördervereins ansetzen. „Wir wollen versuchen, Kontakte in verschiedene Städte zu knüpfen, um dort Ansprechpartner für die Mädchen finden“, sagt Ingrid Paas, die in ihrer gerade zu Ende gegangenen Amtszeit als Clubpräsidentin in Witten-Wetter das Projekt ebenfalls intensiv gefördert hat. Eine „sehr erfolgreiche“ Kunstauktion spülte 11 000 Euro in die Club-Kasse. „Geld, das nun dem neuen Förderverein zukommt“, sagt die frisch gewählte Vorsitzende von „Sprungbrett e.V.“ Heike Grosch.
Es geht um ein Netzwerk für die Nachbetreuung, aber natürlich auch um Hilfen, die schon während des meist nur wenige Tage dauernden Arrests angeboten werden. Ob es eine Schnupperstunde für ein Anti-Aggressionstraining oder ein Bewerbungscoaching, ein Kochkursus oder eine psychologische Beratung ist – die bisher ehrenamtlich organisierten Angebote sollen vom neuen Verein noch ausgebaut werden. Elisabeth Coerdt, die in der JAA als Sozialarbeiterin tätig ist und zu den Gründungsmitgliedern von Sprungbrett gehört, ist sicher, dass die Betroffenen von diesen Projekten nur profitieren können. „Vielen wird die Teilnahme an einem Anti-Aggressions-Training auferlegt“, sagt sie. „Bei uns können sie erste Hemmschwellen abbauen. Das fördert die Akzeptanz.“
Amtsrichter Heinz-Dieter Beckmann, stellvertretender Vorsitzender, freut sich, dass mit dem künftigen Wirken des Vereins Sprungbrett die Jugendarrestanstalt wieder mehr in den Fokus gerückt wird. Der Ennepe-Ruhr-Kreis hatte sich lange zum Beispiel mit der Finanzierung des Anti-Gewalt-Trainings an der inhaltlichen Arbeit beteiligt. Da aber nicht nur Mädchen aus dem Kreis in Wetter untergebracht sind, zog man sich zurück. Nun kommt wieder ein Trainer, der einmal in der Woche unterschiedliche Aspekte von Gewalt und Aggression mit dem Mädchen thematisiert und ihnen Wege aufzeigt, mit ihren Gefühlen besser umzugehen.
Persönliche Nachbetreuung
Besonderen Stellenwert gibt der Richter aber der persönlichen Nachbetreuung, die durch den Verein geleistet werden soll. Zurzeit engagiert sich unter anderem die Mitgründerin Claudia Zimmermann um diesen Part. Als Psychotherapeutin bietet sie in der Anstalt Gespräche an und bleibt vielfach auch nach der Entlassung in Kontakt mit den Mädchen und jungen Frauen. „Das ist besonders wichtig, damit Dinge, die sich die Mädchen im Arrest vorgenommen haben, im alltäglichen Umfeld auch umgesetzt werden können“, so Zimmermann. Denn häufig müssten viele Hürden überwunden werden, bis zum Beispiel ein neuer Job oder eine Ausbildungsstelle gefunden wird. „Man verfällt schnell wieder in alte Muster“, weiß die Expertin. Und in den Städten seien die Ansprechpartner gerade für die über 18-Jährigen Frauen rar. „Wir brauchen also Menschen, die sie an die Hand nehmen.“
Gemeinnützigkeit angestrebt
All das kostet Geld. Und das lässt sich nicht nur über Spenden oder Benefizaktionen hereinholen. Auch wenn die Inner-Wheel-Damen in diesem Bereich sehr erfolgreich wirken. Der Verein will darum so schnell wie möglich als gemeinnützig anerkannt werden. Dann könnten auch von Gerichten verhängte Bußgelder an Sprungbrett überwiesen werden. Damit das auch bei den Kollegen bekannt ist, will Heinz-Dieter Beckmann aktiv werden. „Ich werde alle Kollegen in NRW auf uns aufmerksam machen“, schließlich profitieren auch die Mädchen, die sie in den Arrest schicken, von den Vereinsprojekten.