Ende. . 150 Mal Café Vergissmeinnicht : Beim Jubiläums-Treff im Gemeindehaus in Ende wurde deutlich, warum Demenz-Kranke und Angehörige gerne kommen.
Fröhlichkeit und ausgelassene Stimmung passen auf den ersten Blick nicht zur Krankheit Demenz. Doch wer einmal das Café Vergissmeinnicht besucht hat, weiß das muntere Treiben bei den Treffen im Gemeindehaus der evangelischen Kirche in Ende zu schätzen. Neben Musik und Unterhaltung bleibt an jedem zweiten und vierten Freitag im Monat aber auch Zeit für ernsthafte Gespräche. „Hier kann jeder so sein, wie er oder sie ist“, sagt Uschi Beyling vom Organisations-Team. „Niemand soll hier eine Hemmschwelle überwinden müssen, bei uns sollen sich Erkrankte und Angehörige wohl fühlen.“
Ehrenamtlich seit 2008 aktiv
Seit siebeneinhalb Jahren gibt es nun schon diese Anlaufstelle. Und kürzlich konnten die Ehrenamtlichen um Susanne Wulff am Akkordeon, Susanne Schmidt, Karin Seuker, Waltraud und Reinhard Haake sowie Beyling Jubiläum feiern: Die 150. Auflage bot Anschauungsunterricht, wie vielfältig Betroffene im Café Vergissmeinnicht auf ihre Kosten kommen. Sommer, Sonne, Strand und Urlaub standen im Mittelpunkt. Über ausliegende Postkarten sollten sich die Demenz-Erkrankten an schöne Reisen erinnern. Bei passender Musik: Durch Klassiker wie „Berliner Luft“, „In München steht ein Hofbräuhaus“, „Tulpen aus Amsterdam“, „Weiße Rosen aus Athen“ „Arrivederci Roma“ oder „Ganz Paris träumt von der Liebe“ konnte die 18-köpfige Gruppe mitsingen, schunkeln und in die Vergangenheit eintauchen.
Es ging aber auch körperlich zur Sache. „Da Federballspielen wie am Strand hier im Gemeindehaus nicht möglich ist, nehmen wir Fliegenklatschen und schlagen uns Luftballons zu“, so Beyling. Mit Erfolg: Neben lautem Lachen gibt es auch nicht ganz ernst gemeinte Rufe wie „Och menno, den Luftballon wollte ich weghauen“. Auch über ein Schwungtuch, an dem alle im Stuhlkreis zerren, soll der Kreislauf der Teilnehmer in Schwung kommen.
Los geht es stets mit einer Kaffeetafel. Und dabei zeigt sich, dass laut Beyling über all die Jahre auch Freundschaften entstanden sind. „Es gibt auch Treffen über die Freitags-Termine hinaus.“ Zumal das Zusammenkommen vor allem den Angehörigen den Alltag erleichtern soll. „Es geht darum, weg von den krankheitsbedingten Defiziten zu kommen.“ Neben Erinnerungen sollen Gefühle und Empfindungen aktiviert werden, dabei ist die Musik ein wesentliches Instrument. „Die soll das Herz ansprechen, denn das wird nicht dement“, so Beyling.
Die Organisatoren, die sich alle paar Monate zur Vorbereitung treffen, setzen auf eine feste Struktur mit kleinen Einheiten im Café Vergissmeinnicht. Dazu gehören auch etwas Gymnastik, Tanz oder (im weitesten Sinne) Sport sowie die Erinnerungsarbeit über das Vorlesen von Gedichten und Geschichten. Als Besonderheit stehen alljährlich ein sommerlicher Ausflug mit Bootstour und ein Weihnachts-Gottesdienst auf dem Programm.
Neben dem Konzept komme die herzliche Atmosphäre in dem offenen Kreis gut bei den Teilnehmern an. „Ich bin seit zwei Jahren regelmäßig mit meiner Mutter hier und jedes Mal begeistert“, sagt etwa Angelika Royla aus Hagen. Sie lobt den persönlichen und liebevollen Umgang mit den Erkrankten. „Alle bemühen sich, dem Treffen hier einen familiären Charakter zu geben.“
Unterstützung und Austausch
Das bestätigt Ferdai Cetin von einem Senioren-Betreuungs- und Besuchsdienst, der seit einem halben Jahr das Geschehen verfolgt. „Die Erkrankten brauchen Unterhaltung, um den Verlauf der Demenz aufzuhalten. Zudem tut es vielen Angehörigen gut, über ihre Sorgen sprechen und durch die Abwechslung diese kurzzeitig vergessen zu können.“ Beide betonen, dass die Treffen auch eine Art Lebenshilfe darstellen. Es gebe auch Unterstützung bei praktischen Fragen wie der Unterbringung und Betreuung. „Nach einem Anruf setzt sich eine Kette in Bewegung, um eine Lösung für ein Problem zu finden“, berichtet Angelika Royla.
Ihr bietet das Café Vergissmeinnicht Entlastung, Entspannung und Freude. Royla: „Wenn ich meiner Mutter etwa vom Akkordeon berichte, reagiert sie darauf mit sichtbarer Freude.“
Nach der Sommerpause geht es ab dem 11. September, 15 Uhr, im gewohnten Zwei-Wochen-Takt weiter. Wer einmal unverbindlich vorbeischauen möchte, sollte sich zwecks Planung bei Uschi Beyling telefonisch anmelden unter 02330/2716.