Wetter. . Die Wohnstättengenossenschaft in Wetter investiert Millionen in die Modernisierung und will dabei mehr sein als nur ein Vermieter.

Es ist eines der ältesten Häuser der Wohnstättengenossenschaft und wird bald das erste mit Aufzügen sein. Noch gehen an der Kaiserstraße am Ortsausgang nach Herdecke die Handwerker in dem Gebäuderiegel ein und aus. Wenn auch die letzte Wand versetzt ist und alle Bäder neu eingerichtet sind, wird es wohl keinen Leerstand geben: Die frisch sanierten Wohnungen der WSG sind gefragt. Und auch sonst ist die Genossenschaft mit der Auslastung zufrieden. Grund dafür: Das Unternehmen sieht in den Mietern die Menschen und macht Angebote, die weit über das Wohnen hinausgehen.

Erstmals wird Aufzug eingebaut

Mit Schwung rollt Leon Korge eine Schubkarre voll Bauschutt in einen Container im Hof vor dem Gebäude Kaiserstraße 205 und kippt sie aus. Drinnen ist es laut und staubig. Eine Steinsäge frisst sich in eine Wand und schneidet Platz für eine Wohnungstür frei. Der alte Eingang ist noch zu sehen, wird aber künftig in einen Aufzug führen. „Für uns ist das eine Premiere“, sagt Claudia Büchel, Geschäftsführender Vorstand der WSG. „Barrierefreier Umbau wird in den nächsten Jahren das Thema sein, das uns am meisten bewegt“ sagt sie. Diese Zukunft hat längst angefangen.

In einer der mittlerweile zwei „Auszeitwohnungen“ ist das zu sehen. Auszeitwohnungen sind für Paare, die es miteinander nicht mehr zusammen in einer Wohnung aushalten und zunächst mal sehen wollen, ob ihnen die räumliche Trennung nicht gut tut. Und oft genug endet die Auszeit mit einem Rückzug zum Partner. In einem WSG-Haus an der Gartenstraße liegt eine solche Auszeitwohnung. Küchenzeile, Boden und Bad sind neu. Die Duschtasse ist ohne jede Erhöhung eingelassen. Neben dem Waschbecken steckt eine Handdusche in der Haltung. Die hat die WSG nicht nur einmal bestellt.

Ein Haus aus der Gründerzeit

„Die Minidusche ist ein Traum für Senioren“, schwärmt Jürgen Brause, Technischer Vorstand der WSG. Wer nur mal kurz die Haare auswaschen will, muss nur den Kopf übers Becken halten und kann gezielt spülen. „Das gefällt auch den Jungen“, ergänzt Brause. Denn nicht nur bei der Körperhygiene hilft der kurze Brauseschlauch. Wer einen Eimer mit Putzwasser auffüllen will, muss ihn nachher auch nicht mehr aus dem Becken wuchten, sondern kann ihn schön unten auf dem Boden stehen lassen.

Von solch zeitgemäßen Lösungen war das Haus Kaiserstraße 205 weit entfernt. 1898 ist es errichtet worden, im Gründungsjahr der Wohnstättengenossenschaft Wetter. „Ein Abriss kam für uns daher nicht in Frage“, sagt Claudia Büchel. Wenn eine Wohnung frei wurde, gab es keine Nachbelegung mehr. Bis jetzt ein ganzer Block auf die Höhe der Zeit gebracht werden kann. Die Balkone zur Kaiserstraße hin sind schon angebracht, die Wände für moderne Bäder und größere Küchen verrückt worden, nur die alte Raumhöhe von gut drei Metern bleibt. Auch die „ist ein Traum“, sagt Jürgen Brause.

954 Wohnungen zählen aktuell zum Bestand der WSG. Gut zwei Millionen Euro gibt sie in diesem Jahr für Instandhaltung und Modernisierung aus. Gut 40 Wohneinheiten lassen sich dafür in einem Jahr sanieren, wenn nicht ein Großprojekt dazwischen haut. „Wir bräuchten 30 Jahre, um einmal komplett durch zu sanieren“, überschlägt Jürgen Brause. Und auch wenn mancher Mieter die Sanierung scheut, sehnen andere sie doch sehr herbei. Selbst wenn nachher die Miete leicht steigen sollte. Dabei legt die WSG nicht so viel um, wie ihr das Gesetz es erlaubt. Bei 4,28 Euro pro Quadratmeter liegt der Mietpreis derzeit im Schnitt, „bei 5,50 Euro ist die magische Grenze für uns in Wetter“, so Jürgen Brause.

Ein Imageproblem sieht er nicht, auch wenn jungen Leuten schon mal die Vorzüge einer Genossenschaft schmackhaft gemacht werden müssten. Das Projekt „WG-Kochen“ hilft dabei. Einmal im Monat zieht es vor allem jüngeren Mieter an. Bewusst werden Studenten, Azubis oder Schüler angesprochen. „Die sollen in Wetter bleiben können“, sagt Claudia Büchel. 3 Euro Miete für den Quadratmeter machen das leicht.

Ein Café gegen die Vereinsamung

Für alle Altersgruppen hat die WSG ihr Café „1898“ an der unteren Bismarckstraße eingerichtet. Es soll ein Mittel gegen die Vereinsamung sein, die größer wird, wenn immer mehr Menschen allein in ihren Wohnungen leben und gerade die älteren auch noch in ihrem Radius eingeschränkt sind. Die begleitenden Angebote halten die Wohnungsgenossenschaft jung und ihre Mieter bei der Stange. Viele von ihnen eint ein ganz besonderer Geist. „Die alten Genossen fühlen sich verantwortlich“, sagt Jürgen Brause nicht ohne Stolz. „Wenn im Beet ein Joghurtbecher herum liegt, dann gehen die nicht achtlos vorbei, sondern räumen auf.“