Herdecke. . Gewässer- und Hochwasserschutz gehen Hand in Hand. Die EU gibt dafür die Regeln vor. In Herdecke nimmt die Verwaltung den Herdecker Bach ins Visier.

Es geht um HQ 100 und um Gewässerschutz. Und darum, wie sich Herdecke darauf vorbereitet. Hinter der Abkürzung verbirgt sich der in der Vergangenheit häufiger verwendete Begriff Jahrhunderthochwasser. Also ein Ereignis, das statistisch gesehen, nur alle 100 Jahre eintreffen soll.

100 Jahre sind lang, die Wasserplaner im Land haben aber weit weniger Zeit, weil es nicht nur um die Abwehr von Hochwassergefahren, sondern auch um den Gewässerschutz geht. Eigentlich soll nach dem Willen der EU schon in diesem Jahr für alle Gewässer ein „guter Zustand“ erreicht werden, eine Fristverlängerung gibt Städten und Kreisen allerdings nun Zeit bis 2027.

Müll aus dem Bach holen

Besonders im Blick haben die Planer dabei den Herdecker Bach, der teilweise durch enge Rohre und Rinnen mitten durch das Stadtgebiet fließt. Das ist wenig naturnah und gleichzeitig anfällig für Überschwemmungen. Bereits 2011 wurde ein Fahrplan entworfen, wie aus den zum Teil stark regulierten Gewässern im Stadtgebiet wieder Naturräume geschaffen werden können. Für 2015 sind nun ein ganzes Bündel von Maßnahmen vorgesehen, die den Herdecker Bach – mit 52 Kilometern das längste Gewässer in der Stadt – optimieren sollen. Der Bach gilt als „Gewässer mit potenziell signifikantem Hochwasserrisiko“. Neben Säuberungsarbeiten, dem Abbau von Stufen und der Pflanzung von heimischen Ufergehölzen ist als größte Maßnahme die Anlage einer neuen Aue im Bereich An der Walkmühle geplant.

Noch ist dort ein altes Gartengelände mit Schutthaufen und halb zerfallenen Hütten, bald soll das Ufer des Herdecker Baches an dieser Stelle jedoch zum Naturerlebnisraum nicht nur für Kinder werden. Auf der einen Seite wollen die Planer die Ufermauer, die schon halb zerfallen ist, ganz entfernen und dem Bach so mehr Raum geben. Das Ufer soll als Aue gestaltet werden, die im Fall von Hochwasser überflutet wird und so den Wasserdruck gerade auf die folgenden Engstellen vermindert.

Eben diese Engstellen im Bereich Hauptstraße/Schmale Straße geraten beim Thema Hochwasserschutz besonders in den Blick. Hier läuft der Herdecker Bach durch eine schmale Rinne, die teilweise nur auf einer Seite durch eine höhere Mauer begrenzt wird. In Absprache mit den Anwohnern sollen nun auch die andere Uferbegrenzung erhöht und besonders enge Durchflüsse erweitert werden. „Die Maßnahmen in diesem Bereich werden ein wenig Entlastung bringen, der Hochwasserschutz muss aber eigentlich an anderer Stelle beginnen“, erklärte im zuständigen Umweltausschuss Janina Flüs, im Rathaus für Umweltthemen zuständig.

Niederschlagsmengen messen

Bevor hier jedoch konkrete Maßnahmen wie zum Beispiel die Errichtung von Hochwasserrückhaltebecken – in der Regel bepflanzte Trockenflächen – beschlossen würden, müssten Niederschlagsmengen, ihre Abflusswege und -geschwindigkeiten ermittelt werden. „Das kann bis zu drei Jahre dauern“, so Flüs. Konkret werden in diesem Zusammenhang auch anderswo Niederschlagsmengen in Kooperation mit dem Ennepe-Ruhr-Kreis erfasst.

Vorteil einer Neuberechnung der Niederschlagsmengen ist, dass man im Gegensatz zu früheren Methoden, nun digitale Modell erstellen kann, in denen die Auswirkungen von Hochwasser simuliert werden können. „Unsere letzte Berechnung stammt aus dem Jahr 1978“, erklärte Andreas Schliepkorte, Leiter der Technischen Betriebe. Damals seien Wassermengen aus allen Zuflüssen einfach addiert worden, „ohne zu wissen, wann die einzelnen Hochwasserwellen im Herdecker Bach ankommen.“ Das will man nun genauer wissen, um nicht falsch zu planen.