Frankfurt. Die “E-Book-Allianz“ wirkt: Mit ihrem “Tolino“ sind Thalia, Weltbild, Hugendubel und Club Bertelsmann ganz vorn, wenn es um digitale Lesegeräte geht. Ein Bollwerk gegen Amazon. Jetzt haben die Hagener Unternehmen Thalia und Könemann auf der Buchmesse neue Entwicklungen vorgestellt.
Wer die Endgeräte stellt, diktiert das Geschäft mit den E-Büchern. Zwar liegt der Marktanteil der digitalen Lektüre in Deutschland noch bei unter fünf Prozent, doch die Branche rechnet mit einem starken Anstieg. Mit der Tolino-Allianz soll jetzt dem Amazon-Kindle Konkurrenz gemacht werden. Führend mit dabei sind zwei Unternehmen aus der Region: Der Hagener Filialist Thalia und das Hagener Barsortiment Könemann. Auf der Frankfurter Buchmesse stellten sie jetzt die neuen Entwicklungen vor.
Erstmals haben sich mit der Tolino-Allianz Filialisten und stationärer Buchhandel gemeinsam zusammengefunden, um den Kulturstandort Deutschland nicht den globalen Internetkonzernen zu überlassen – eine Entwicklung, die angesichts der starken Konkurrenz der Filialisten untereinander und der Ketten versus inhabergeführte Buchhandlungen noch vor fünf Jahren undenkbar erschien. Doch ein technisch hervorragendes Lesegerät zu entwickeln, setzt finanzielle Investitionen voraus, die einer alleine nicht meistern kann.
Allianz aus Thalia, Weltbild, Hugendubel und Bertelsmann
Thalia, Weltbild, Hugendubel und Club Bertelsmann haben als Technologieexperten die Deutsche Telekom ins Boot geholt. Die Tür zum stationären Buchhandel öffnen ganz aktuell der Barsortimenter Libri und dessen Partner Könemann. So kann jeder Bucheinzelhändler künftig den Tolino anbieten, vorausgesetzt, er hat seinen E-Shop von Libri oder Könemann einrichten lassen.
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„Es ist für den stationären Buchhandel ganz wichtig, dass er auf ein gutes E-Lesegerät zugreifen kann. Denn jeder bundesweite Anbieter ist mittlerweile ein Konkurrent des Buchhändlers vor Ort“, freut sich Geschäftsführer Stefan Könemann über den Beitritt zur Tolino-Allianz. Und Michael Busch, Vorsitzender der Geschäftsführung Thalia, unterstreicht: „In der Partnerschaft mit Libri sehen wir eine wichtige Chance und neue Perspektiven für den gesamten einheimischen Buchhandel: Jeder Buchhändler in Deutschland kann ab sofort vom dynamisch wachsenden E-Buch-Markt profitieren. Das ist nicht nur für die jeweiligen Unternehmen gut, sondern auch für unsere Gesellschaft, da wir alle hierzulande Steuern zahlen und Arbeitsplätze schaffen.“
Der Servicegrad ist einzigartig
Letzter Punkt liegt Stefan Könemann besonders am Herzen, der auch Vorsitzender des Vorstands des Börsenvereins NRW ist. „Die Buchbranche kann stolz auf sich sein. Sie bietet einen Servicegrad, den der Einzelhandel sonst nicht bringt. Das liegt daran, dass Amazon uns relativ früh Konkurrenz gemacht hat, da haben wir unsere Hausaufgaben gemacht.“ Könemann zum Beispiel hat sein Angebot vom Grossisten zum Servicedienstleister ausgebaut und errichtet Online-Shops für Buchhandlungen. „Alleine wir haben über 100 Onlineshops am Markt, und diese Kunden können bei der Tolino-Allianz jetzt alle mitmachen.“
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Der Kampf gegen den Internet-Riesen Amazon ist mehr als nur eine Überlebens-Notwendigkeit für den stationären Buchhandel. „Überall in Europa haben Politiker angefangen zu erkennen, dass sie mit den Subventionen für Amazon-Logistikzentren Geld ausgegeben haben, das allen Innenstädten schadet. Der stationäre Buchhandel hingegen zahlt seine Steuern vor Ort; der internationale Player kämpft nicht mit Waffengleichheit, wenn er keine Steuern zahlen muss. Diese Themen können Sie runterbrechen von der EU bis zur Hagener Fußgängerzone“, fasst Stefan Könemann zusammen.
Tolino glänzt mit 35 Prozent Marktanteil
Könemann ist von dem neuen Tolino überzeugt, der ab November verfügbar sein soll. Bisher scheint sich der Aufwand für die Tolino-Allianz zu lohnen. „Nur in Deutschland ist der Kindle nicht Marktführer“, unterstreicht Könemann. „Der Marktanteil der E-Buch-Umsätze auf dem Tolino beträgt 35 Prozent“, bilanziert Thalia-Sprecherin Mirjam Berle. Gleichwohl kommen die Kosten über den Verkauf des Tolinos nicht wieder herein. „An den Geräten verdient keiner etwas. Das E-Buch-Geschäft dient noch der Kundenbindung“, analysiert Stefan Könemann. „Beim Thema E-Buch darf man nicht vergessen, dass das E-Buch-Geschäft bisher nur ein E-Buch-Aufwand ist. Die Wertschöpfung ergibt sich stationär und im Netz nach wie vor aus dem gedruckten Buch, allen Unkenrufen zum Trotz.“