Wehringhausen. Es ist fast wie am Schloss von Dornröschen: An einer Mehrfamilienhaus-Zeile an der Leopoldstraße wächst die Hecke unaufhörlich dem Himmel entgegen. Das ärgert Mieterin Brigitte Ruby-Braun maßlos.

An der Leopoldstraße auf dem Kuhlerkamp steht kein Märchenschloss. Und Brigitte Ruby-Braun ist auch keine Königstochter, sondern „nur“ die Mieterin einer Erdgeschosswohnung, die einem großen Immobilienkonzern gehört. Und trotzdem scheint die Hecke vor ihrem Balkon wie in „Dornröschen“ seit 100 Jahre unaufhörlich zu wachsen.

Brigitte Ruby-Braun flucht wie ein Rohrspatz, wenn es um die Gagfah-Gruppe geht, die bundesweit 144.000 Wohnungen vermietet. „Seit Anfang Juni war niemand mehr hier und hat sich der Hecke angenommen“, sagen die Mieterin und ihr Mann Ewald Braun, „und auch damals sind nur einige wenige Äste beschnitten und an der Spitze 30 Zentimeter weggenommen worden. Das hat man aber kaum gemerkt.“

Höher als vier Meter

Die Äste sind in den letzten Monaten längst nachgewachsen. Und zwar höher als zuvor. Mehr als vier Meter misst das Grün, das den Namen Hecke eigentlich nicht verdient, vor ihrem Balkon. „Wir wohnen hier seit 1999“, sagt Brigitte Ruby-Brown, „als wir damals eingezogen sind, war eine kniehohe Hecke gepflanzt worden. Da hat man noch mitbekommen, was sich im Bezirk abspielt. Jetzt kriege ich hier nichts mehr mit. Wir fühlen uns abgeschnitten von der Außenwelt.“

Wild wuchernde Büsche, die sich offenbar selbst ausgesät haben, und die Ursprungspflanzen sind allerdings wie ein undurchdringlicher Dschungel dem Himmel empor gewachsen. „Ich kann die unteren beiden Etagen der Häuser auf der gegenüberliegenden Seite nicht mehr sehen“, sagt die Seniorin, „die Sonne scheint in meine Wohnung nur noch ab 13.30 Uhr eine Stunde lang. Wenn ich Wäsche auf den Balkon stelle, trocknet die nicht mehr. Das ist nicht hinnehmbar.“

Ende August hat Brigitte Ruby-Braun den Vermieter mit Unternehmenszentrale in Mülheim angeschrieben, sich über den Zustand beschwert und mit einer Kürzung der Miete gedroht. Getan hat sich seither nichts.

Gagfah beruft sich auf Vogelschutz

Die Gagfah beruft sich auf den Vogelschutz, der Rodungen bis Ende September untersage. „Das haben wir Frau Ruby-Braun auch schriftlich mitgeteilt“, erklärte Unternehmenssprecherin Bettina Benner gegenüber unserer Zeitung. Hinzu käme, dass die Einigkeit unter den Mietern nicht gegeben sei. „Es gibt durchaus andere Parteien, die einen höheren Sichtschutz wollen. Wir können nicht allen gerecht werden.“ Immerhin erklärte das Unternehmen, dass ein Gärtner für heute beauftragt sei. „Wir versuchen einen Mittelweg“, so Bettina Benner weiter.

Ob der allerdings den Wünschen von Brigitte Ruby-Braun entspricht... „Einen wirkungsvollen Rückschnitt hat es ja in den letzten Jahren weder im Herbst noch im Winter gegeben“, sagt sie, „sonst hätte das Gestrüpp ja gar nicht so hoch wachsen können.“