Hagen. . Alle Förderschulen in Hagen verzeichnen sinkende Schülerzahlen – ein Resultat der Inklusion, in deren Gefolge immer mehr behinderte Kinder an Regelschulen unterrichtet werden.

Alle Förderschulen in Hagen verzeichnen sinkende Schülerzahlen – ein Resultat der Inklusion, in deren Gefolge immer mehr behinderte Kinder an Regelschulen unterrichtet werden. Eine Entwicklung, die zwangsläufig zu einer Ausdünnung der Förderschullandschaft führt.

Beschlossene Sache ist die Zusammenlegung der Sonderschulen Friedrich von Bodelschwingh in Wehringhausen und August Hermann Francke in Eilpe. Im Sommer 2016 soll die Vereinigung am Standort der Francke-Schule in der Selbecker Straße 185 erfolgen – unter dem Namen Bodelschwingh-Schule, weil die Lehranstalt aus Wehringhausen mehr als doppelt so viele Schüler zählt und bei einer Fusion immer der Name der größeren Schule beibehalten wird.

Keine neuen Schüler mehr

Als weitere Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Lernen soll die Pestalozzischule in Hohenlimburg aufgelöst werden. Dort stehen im Sommer 2015 die 18 Schüler der zusammengelegten Klassen 9 und 10 vor dem Schulabschluss; was mit den verbleibenden 32 Schülern der Klassen 5/6 und 7/8 geschieht, ist noch offen. Neue Schüler darf die Pestalozzischule nicht mehr aufnehmen.

Größte Schule mit dem Förderschwerpunkt Lernen bleibt die Fritz-Reuter-Schule in Boelerheide, deren Existenz in der nahen Zukunft nicht gefährdet ist. In fünf Jahren könnte das anders aussehen, dann könnte eine Entscheidung zwischen Fritz-Reuter- und Bodelschwingh-Schule bevorstehen: „Weil wir wohl früher oder später darüber diskutieren müssen, ob wir weiterhin zwei Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen benötigen oder ob nicht eine ausreicht“, so Schulamtsleiter Jochen Becker.

Bevorzugter Lernort

Anders stellt sich die Situation an der Erich-Kästner-Schule (Förderschwerpunkt Sprache) dar, die sich als Durchgangsschule versteht und an der die Verweildauer eines Schülers im Schnitt 2,75 Jahre beträgt. Ob sie im Zuge der Inklusion aufgelöst wird, weil alle sprachbehinderten Kinder an Regelschulen unterkommen, oder ob Eltern die Sprachheilschule als notwendigen und bevorzugten Förderort ihrer Kinder betrachten, bleibt abzuwarten. „Ich persönlich glaube, dass es auch zukünftig Eltern geben wird, die wünschen, dass ihr Kind an einer besonders ausgerichteten Schule gefördert wird“, so Schulamtsleiter Jochen Becker.

Die Gustav-Heinemann-Schule (Geistige Entwicklung) in Oberhagen wird ihre Existenzberechtigung sicherlich auch in Zeiten einer fortgeschrittenen Inklusion behalten. Zwar nehmen einzelne Schüler in ausgewählten Fächern am Unterricht der benachbarten Grundschule in der Franzstraße teil, doch wird die Förderschule sicherlich ein notwendiger Baustein im Schulsystem bleiben.

Schwierig sind die Umstände an der Wilhelm-Busch-Schule (emotionale und soziale Entwicklung) mit ihren beiden Standorten in Halden (Primarstufe) und in der Obernahmer (Sekundarstufe). An vielen Regelschulen herrschen Bedenken gegen den gemeinsamen Unterricht mit Kindern und Jugendlichen, die ihre Selbststeuerung nur schwer kontrollieren können. Derzeit deutet alles darauf hin, dass auch diese Förderschule erhalten bleiben muss, wenngleich der ein oder andere Schüler mit emotional-sozialem Förderbedarf bereits eine Regelschule besucht.

Paradigmenwechsel

Prinzipiell stellt der Paradigmenwechsel in der Sonderpädagogik die Stadt vor eine Herausforderung. Während bislang zumeist ein Lehrer beurteilte, ob ein Kind Förderbedarf hat oder nicht, liegt die Entscheidung nun bei den Eltern, die grundsätzlich für ihr Kind einen Platz an einer Regelschule beanspruchen können. Das bedeutet aber nicht, dass demnächst jede Hagener Schule Kinder mit jeglicher Form an Förderbedarf unterrichten wird. Vielmehr dürften einzelne Schulen zu Schwerpunktschulen herausgebildet werden – die eine inkludiert Kinder mit emotional-sozialem Förderbedarf, die andere solche mit sprachlichen, die dritte solche mit Lerndefiziten. Der Schullandschaft stehen aufregende Zeiten bevor.