Hagen. Stefan Otto wehrt sich. Und zwar gegen einen Bußgeldbescheid der Stadt Hagen. Der Polizeibeamte aus Wehringhausen sollte ein Verwarngeld von 35 Euro zahlen, weil er eine Plastiktüte in einen Altpapiercontainer gesteckt haben soll. Dabei setzt er sich als Umwelt-Aktivist in seinem Stadtteil ein.

Umweltrichterin Susanne Wegner steht vor einem kniffligen Problem. Es geht um die heikle Frage: Wie sauber hat der Hagener Mülldetektiv (37) gearbeitet? Zahlreiche angeblich „ertappte Abfallsünder“ behaupten inzwischen vor Gericht, völlig zu unrecht beschuldigt zu werden. Darunter auch Polizeikommissar Stefan Otto.

Drei Monate lang, von April bis Ende Juni letzten Jahres, war der private Mülldetektiv an verschiedenen Containerstandorten im Stadtgebiet unterwegs. Im Auftrag des Hagener Entsorgungsbetriebs (HEB) agierte er wie ein verdeckter Ermittler. Aus einem Auto heraus wurden heimlich mit einem Teleobjektiv Beweisfotos geschossen. Darauf zu erkennen: „Umweltferkel“, die Hausmülltüten ins Altpapier werfen, Farbtöpfe im Altglas verschwinden lassen oder ganze Autoladungen an Sperrgut „kostengünstig“ neben die Container stellen.

1029 Anzeigen hat der Mülldetektiv in den zwölf Wochen seiner Observationstätigkeit geschrieben, er selbst spricht sogar von „1700 Vorfällen“, die er beobachtet haben will. Die Stadt verschickte bündelweise Bußgeldbescheide wegen illegaler Abfallentsorgung. Knapp 21.000 Euro flossen dadurch in die Stadtkasse.

Bußgeld kurzerhand auf 10 Euro gekürzt

Auch Stefan Otto aus der Lange Straße bekam ein Umwelt-Knöllchen ins Haus geschickt. Der Polizeibeamte aus Wehringhausen sollte ein Verwarngeld von 35 Euro zahlen. Grund: Am 4. Juni 2013 hätte er um 18.14 Uhr in einen Altpapiercontainer an der Augustastraße eine Plastiktüte gestopft. Auf den beigelegten Fotos ist aber lediglich zu sehen, wie eine Plastiktüte in den Einwurfschlitz geklemmt ist. Der Mülldetektiv schrieb elf Monate später als Stellungnahme dazu: „Es ist völlig lebensfremd, dass diese Tüte schon vorher da hing.“

Stefan Otto, der sich von der Stadt völlig zu unrecht verfolgt fühlt, legte Einspruch ein. Daraufhin wurde kurzerhand das Bußgeld auf 10 Euro reduziert. Die Reaktion des Umweltamtes verblüfft den Kommissar: „Wenn ich das in meinem Job auch so machen würde, wäre ich dort nicht mehr tätig“, ärgert er sich und will den Vorgang jetzt richterlich aufgeklärt wissen.

Es geht ums Prinzip

Bekannterweise ist der 36-Jährige eigentlich alles andere als ein Umweltferkel. Im Gegenteil: Stefan Otto ist Mitinitiator der Projektgruppe „L(i)ebenswertes Wehringhausen“, nimmt regelmäßig an Fegeaktionen teil und engagiert sich für die Sauberkeit im Stadtteil. „Gerade erst haben wir in Zusammenarbeit zwischen Händlergemeinschaft und der Stadt Automaten mit Hundekotbeuteln aufgestellt.“

Kein Wunder, dass ihn da der Vorwurf, ein angeblicher Plastiktütensünder zu sein, geradezu auf die Palme bringt. Stefan Otto: „Auch wenn es hier nur noch um zehn Euro geht, das lasse ich mir nicht gefallen. Das geht mir absolut gegen den Strich.“

Immer wieder hitzige Verhandlungen

Umweltrichterin Susanne Wegner: „Ich muss über die Sache noch mal gründlich nachdenken und mache einen zweiten Termin.“ Der soll am 2. September um 9 Uhr stattfinden.

Nahezu regelmäßig, wenn die zahlreichen „Müll-Fälle“ verhandelt werden und der Mülldetektiv in den Zeugenstand gerufen wird, kochen im Sitzungssaal 44 die Emotionen hoch. Jetzt musste sogar eine Verhandlung abgebrochen werden, weil sich ein Anwalt und der Mülldetektiv gegenseitig anschrien.