Hengstey.. Der Moment, in dem du aufstehst, ist der Moment der Wahrheit. Baden gehen oder richtig lässig im Stehen paddeln? Jonas Dickmann bietet am Hengsteysee jetzt Stand up Paddling an. Stehpaddeln auf einem Surfbrett. Ein richtig guter Freizeittipp, den wir mal getestet haben.
Zack. Ich stehe. Ich glaub’s nicht: ich stehe.
Und was ist jetzt mit dem Film in meinem Kopf? Wie ich mehrfach in den See falle? Wie mich die Wasserpest an den Beinen kitzelt? Nix. Denn ich stehe auf diesem Brett und ziehe meine Kreise über den Hengsteysee. „Kayabamba“ heißt der kleine Laden von Jonas Dickmann neben dem Bootshaus des Ruhrverbandes, wo er „Stand up Paddling“ anbietet. Was wackelig beginnt, hat höchsten Suchtfaktor. Der Paddeltest auf dem Hengsteysee.
Jonas Dickmann ist 30 Jahre alt und ein sehr entspannter Typ. Obwohl er ein genaues Konzept verfolgt, hat er sich die Lockerheit bewahrt, die in seiner Sportwelt zur Grundausstattung gehört. Der gelernte Gemüsebauer hat einige Jahre in einer Bootswerft in Norddeutschland gearbeitet und später in Frankreich, England und auf Fuerteventura als Surflehrer. Jetzt arbeitet der Dortmunder am Hengsteysee und hat hier vor kurzem eine Idee an den Start gebracht: Stand up Paddling. Stehpaddeln auf einem Surfbrett sozusagen.
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Einführung an Land. Dickmann erklärt. Im Knien soll es am Steg später aufs Brett gehen. Dann aufrichten, schulterbreit stehen und mit der richtigen Technik paddeln. „T-Shirt kannst du anlassen“, sagt er, „die Ins-Wasserfall-Quote liegt bei etwa 20 Prozent.“ Ob ich wohl Quoten-Mike oder trockene Mehrheit bin? Sehen wir gleich. Wir tragen die Bretter zum Steg. Doch lieber kneifen? Der Fotograf steht schon bereit. Der petzt bestimmt in der Redaktion, wenn ich es nicht probiere. Egal, auf geht’s. Brett ins Wasser, draufknien und . . . ist das wackelig!
Während mein Hirn versucht, die schaukelige Situation irgendwo zwischen Kopf am Fenster stoßen und einer durchzechten Nacht zu verorten, spricht Dickmann, der längst stehend an mir vorbeifährt, locker weiter. „Einfach aufstehen“, ruft er. Dickmann, denke ich mir, wenn es zwei Worte gibt, die ich jetzt nicht hören will, dann sind das „einfach“ und „aufstehen“! Sag’ ich ihm das jetzt so? Nein. Ich mach’s einfach. Ich stehe auf.
Ungewohnte Perspektive
Mein Lieber, was ist das für ein starkes Gefühl!? Sechsmal paddeln und das Brett treibt mit mir raus auf den See. Vor mir: die Autobrücke Dortmunder Straße mal aus einer völlig anderen Sicht. Neben mir: Ardeygebirge, nur Ardeygebirge. Hinter mir: die roten Bojen, die das Ende der Wassersportzone markieren.
„Cool, oder?“, ruft’s vom anderen Brett hinüber. Cool? Jonas Dickmann, Meister der Untertreibung. Das hier muss das schwebende Gefühl sein, dass polynesische Fischer haben, wenn sie den Fang nach Hause paddeln. Ich bin jetzt nicht so der Surfer-Boy, aber das hier bringt mich dazu, zu glauben, ich wäre einer. Waikiki-Beach und Hagen – für mich ist das gerade ein Atemzug. Sehr aufregend und als Freizeittipp total empfehlenswert.
Seit Mai bietet Jonas Dickmann, der gerne wieder in der Nähe seiner Heimatstadt arbeiten wollte, Stand up Paddling am Hengsteysee an. Noch weisen nur zwei dezente Schilder auf seinen sehr idyllisch gelegenen Arbeitsplatz neben dem Bootshaus des Ruhrverbandes an der Dortmunder Straße hin.
„Ich will, dass das hier langsam wächst“, sagt er. Deshalb habe er auch keine große Werbe-Offensive gestartet, „ich glaube, wenn man etwas gut macht, dann werden die Dinge auch funktionieren. Den ersten Sommer nutze ich hier zur Präsentation. Alles andere bestimmen die Menschen, die sich dafür interessieren.“
Artverwandt mit Wellenreiten
Stand up Paddling ist artverwandt mit Wellenreiten, nur viel leichter und schneller zu erlernen. „Es ist gut für den Körper, vom Zeh bis zur Kopfhaut, und es ist schön für Seele und Geist, sich einfach hier auf dem See zu bewegen. Außerdem gibt es uns die Chance, hier in Hagen mal ohne große Hürden aufs Wasser zu kommen.“ Bevor der Surf-Lehrer jemandem mit einem seiner bislang neun Bretter auf den See schickt, gibt es eine Einführung an Land. Danach kann jeder so lange raus wie er möchte.
Jetzt das letzte Kunststück. Anlegen und absteigen. Müsste so wie draufsteigen und lospaddeln gehen – nur rückwärts. „Richtig“, ruft Dickmann. Vier Wackler später stehe ich auf dem Steg.
Fazit: Das Stand up Paddling am Hengsteysee ist ein richtig, richtig guter Freizeittipp für Menschen aller Altersklassen. Und: Die Preise sind sehr moderat. Eine Stunde paddeln auf dem See kostet 10 Euro.
Die einmalige Einführung, die auch für alle weiteren Besuche gilt, kostet 29 Euro. Dafür kann gepaddelt, auf der Terrasse gechillt und bei Bedarf auch ein Neoprenanzug geliehen werden. Zum Beispiel, wenn es regnet. Es sind noch eine Woche Ferien und einige Wochen Sommer. Einfach ausprobieren. Ach ja, und bleiben Sie trocken . . .