Bathey.
So beschaulich es da liegt, so laut und unbeschaulich könnten Bagger und Kräne hier in nicht allzu ferner Zukunft die Idylle stören. Eben dann, wenn im Naturschutzgebiet Uhlenbruch zwischen Bathey und Hengstey die bestehenden Strommasten entfernt und gegen neue Hochleistungsmasten ausgetauscht würden. „So weit ist es aber noch nicht“, sagt Ria Tommack vom Hagener Umweltamt und lässt den Blick Richtung Wald schweifen.
Es ist richtig nass in dem kleinen Waldstück, das man von der Böhfeldstraße aus sieht, wenn man Richtung Hengsteysee blickt. Eine Wildnis aus Röhricht und Schilf. „Das Gebiet ist in der Vergangenheit ganz massiv durch menschliche Einflüsse verändert worden“, sagt Tommack. In den 1920er-Jahren zunächst durch die Schaffung des Hengsteysees. Dabei verschwand hier ein großer Teil der Ruhraue, zu der der Uhlenbruch einstmals gehörte, völlig. Und in den 50er-Jahren wurde die Kernzone des Gebietes, eben jene kleine nasse Wildnis, erstmals als Schlammdeponie genutzt. Für Flussschlamm. Überwiegend wurde hier Bodenmaterial angehäuft, das durch die Zerstörung der Möhnetalsperre im Zweiten Weltkrieg angespült wurde. Dazu kam noch eine Zurücksetzung der Bepflanzung um 40 Meter entlang der Bahnschienen.
Pappeln nicht mehr ideal
Nach der Aufschüttung mit Schlamm, die an manchen Stellen acht Meter hoch war, wurden verstärkt Pappeln gepflanzt. „Weil Holz damals knapp war, hat man sich für eine schnell wachsende Baumart entschieden“, erklärt Tommack. Die Pappeln seien aus heutiger Sicht nicht mehr ideal. „Damit sind wir nicht mehr zufrieden.“
Doch vor der Diskussion um Bäume und andere Pflanzenarten schwebt die Errichtung einer neuen 380 kV-Höchstspannungsleitung von Amprion über dem Naturschutzgebiet. Für einen großräumigen Energietransport zur Vermeidung von Netzengpässen im süddeutschen Raum soll das Netz an dieser Stelle verbessert werden. Für das Hagener Stadtgebiet ist unter anderem der Neubau einer Freileitung vom Koepchenwerk bis nach Garenfeld (4,5 Kilometer) geplant. Und diese Strecke führt genau durch den Uhlenbruch. Tommack: „Es sind bereits Untersuchungen im Gange, wie hier die Bauarbeiten bewerkstelligt werden können. Es müssen auf jeden Fall Großgeräte in das Naturschutzgebiet.“
13 verschiedene Libellenarten
Die Feuchtgebiete im Kernbereich des Gebietes mit Tümpeln, kleinem Weiher, Sumpfzonen und Bruchwäldern sind vor allem für Amphibien und Libellen von Bedeutung: Bergmolch, Teichmolch, Grasfrosch, Grünfrosch, Erdkröte. Auch die seltenen Arten wie die Geburtshelferkröte und der Kammmolch wurden hier früher beobachtet. An Libellen wurden 13 verschiedene Arten nachgewiesen. Auch von den knapp 100 sonstigen Insektenarten, die ein Hagener Insektenkundler hier beobachtet hat, sind viele auf Feuchtgebiete spezialisiert. „Es ist die Frage, ob man an die Gewässer in der Kernzone nochmal dran geht und sie neu auskoffert oder ob man sie einfach zuwachsen lässt“, sagt Ria Tommack. Aktuell lässt man die Natur hier einfach mal machen.
Was man noch deutlich beobachten kann, wenn man von der Böhfeldstraße auf das Gebiet blickt, ist die deutliche Terrassenanlage am Rande der ehemaligen Ruhraue. Unmittelbar am Fahrbahnrand fällt das Gebiet zunächst sehr steil ab. „Das versuchen wir mit Priorität zu erhalten.“
Und neben den bisherigen Eingriffen, die der Mensch in das Gebiet vorgenommen hat, könnte ein mögliches Gewerbegebiet auf dem Böhfeld der nächste sein. Dazu wären aber zunächst umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfungen nötig. Auch die Frage, wie sich das auf den Wasserhaushalt im Uhlenbruch auswirken könnte, müsste geklärt werden.
Nähert man sich dem Gebiet von der Westseite – über die Straße, die ebenfalls Uhlenbruch heißt (Zufahrt Ecke Einhausstraße in Hengstey) – fährt man nach einigen Metern auf eine Kleingartenanlage zu. „Hier vom Hang kann man deutlich sehen, wie steil es hinunter in das Gebiet geht“, sagt Tommack und zeichnet noch einmal die Funktion des Gebietes als ehemalige Aue nach. Unten im Tal steht ein Strommast.
Und es ist wirklich nur schwer vorstellbar, wie dieses monströse Gebilde dort heraus bewegt werden sollen, ohne das Gebiet weitenteils zu beschädigen.