Hagen. Hans-Günter Cremer, Vorsitzender des Bezirksverbands der Hagener Kleingärtner, hat schon viele Gärten gesehen: „Aber dieser ist wirklich der schönste von allen“, schwärmt er und deutet auf die Blumen-, Kräuter- und Staudenpracht rings umher.
Das Blütenmeer gehört Sabine (57) und Joachim (58) Barton, die Eheleute haben beim Einzelgartenwettbewerb der Hagener Kleingärtner, der wie die Fußball-WM nur alle vier Jahre stattfindet, den ersten Preis gewonnen. „Dieser Überfluss an Farben – einfach herrlich“, sagt Cremer.
Und dann diese Aussicht: Von der Kleingartenanlage am Sonnenberg aus, die an einem Hügel unterhalb des Kuhlerkamps liegt, schweift der Blick über die gesamte Innenstadt, Hagen sieht von hier aus sehr großstädtisch aus und dennoch sehr anziehend. Die Abgase riechen nicht, und den Lärm hört Sabine Barton nicht, wenn sie sich in ihrem Garten zu schaffen macht. Und das tut sie beinahe täglich: „Wir haben die Arbeit aufgeteilt“, berichtet sie. „Ich kümmere mich um Beete, Pflanzen, Blumen und Gemüse.“ Ihr Mann, Betriebsschlosser bei den Deutschen Edelstahlwerken, ist für Rasen- und Heckenschnitt zuständig.
Lebende Baumscheiben aus kunterbunten Wildblumen
Bartons wohnen in der Heinrichstraße, nur drei Gehminuten von ihrem Garten entfernt. Wenn sie verärgert sei oder aufgeregt, dann nehme sie ihr Körbchen und gehe in den Garten, erzählt die Hausfrau. Der Garten macht zwar viel Arbeit, aber für Sabine Barton bedeutet diese Arbeit Glück. „Ich fühle mich hier pudelwohl“, sagt sie. „Es ist so entspannend, sich mit den Pflanzen zu beschäftigen.“ Unter den Apfel- und Kirschbäumchen hat sie lebende Baumscheiben aus kunterbunten Wildblumen und Kapuzinerkresse angepflanzt, die gleich drei Funktionen erfüllen.
Sie sind herrlich anzuschauen, sie sind essbar (jedenfalls die Kresse) und sie verhindern, dass Ungeziefer in die Obstbäume krabbelt. Nebenan strahlen die sonnenhellen Rosen mit dem violett-tiefblauen Lavendel und den mannshohen Wintermargeriten um die Wette. Die Trittsteine in den Beeten sind eine Erfindung der Gärtnerin, die mit flüssigem Beton und Rhabarberblättern experimentiert hat. In der ausgehärteten Masse haben die Blattadern wie Fossilien ihre Spuren hinterlassen.
Eheleute Barton siegen bei Einzelwettbewerb
Beim Einzelwettbewerb der Hagener Kleingärtner erreichte das Ehepaar Barton sensationelle 281 von 300 überhaupt möglichen Punkten.
Auf Platz zwei landete Familie Karl-Heinz Engelhardt (Kleingartenanlage Im Alten Holz) mit 259 Punkten, Platz drei ging an Familie Wolfgang Spieß (Waldesruh) mit 243 Punkten.
Bewertungskriterien waren Obst-, Gemüse- und Blumenbestand, Gesamtgestaltung des Gartens und Naturgemäßes Gärtnern.
Bartons dürfen den Wanderpokal für den schönsten Kleingarten nun vier Jahre lang behalten. In zwei Jahren findet wieder der Vereinswettbewerb um die schönste der 41 Kleingartengesamtanlagen in Hagen statt.
Sabine Barton legt Wert darauf, alles, was wächst und gedeiht in ihrem Garten, selbst gezogen zu haben: „Fertige Pflänzchen kaufe ich grundsätzlich nicht.“ Es sei so faszinierend mitzuerleben, dass aus einem Samenkorn ein Tomatenstrauch werde. Sie stellt Rosenwasser und Lavendelöl her, in diesem Sommer versucht sie erstmals eine Ananas zu züchten.
Urlaub im eigenen Garten
Mit wie viel gärtnerischer Eleganz sie das Grundstück zu gestalten weiß, beweist vielleicht am besten der fließende Übergang zwischen Blumen-, Stauden-, Kräuter- und Gemüseflächen. Ein verträumter Zauber.
Doch so ein Garten bringt eine Menge Arbeit mit sich, nur am Wochenende legen Bartons manchmal die Füße hoch und genießen von der Terrasse ihrer Laube aus das Panorama der Stadt. Urlaub machen sie nicht, jedenfalls nicht in dem Sinne, dass sie in die Berge oder ans Meer fahren. Sie verbringen den Urlaub in ihrem Garten. Einen schöneren Ort gibt es für Bartons nicht auf dieser Welt.