Hagen-Haspe. . Als Fan des Hamburger SV hat er nicht viel zu lachen. Der Schal des Klubs aus dem hohen Norden hängt über seiner Tür. Richard Busse aber lächelt. Die Weltmeisterschaft ist gerade vorbei. In Brasilien hat Deutschland nach einem dramatischen Finale den WM-Titel geholt. Das freut den schwer erkrankten Mann sehr.

Zum „Public Viewing“ begleiteten ihn die Schwestern abends an den großen Tisch in der Lobby. Oft war dort in den vergangenen vier Wochen Fußball-Zeit in der neuen Beatmungs-WG, einer Wohngemeinschaft für intensiv-pflegebedürftigen Patienten der Firma Humanitair.

Richard Busse ist einer von sieben, die hier in einen ehemaligen Kindergarten an der Voerder Straße eingezogen sind. Das Sprechen fällt ihm schwer. Was an dem Beatmungsgerät liegt, ohne das der gebürtige Hasper, der an der Lungenerkrankung COPD leidet, nicht leben kann.

Bericht über den Pflegenotstand in Deutschland

Das gilt auch für Erika Schäuferle. Eine 90-jährige, die noch so gerne Kreuzworträtsel löst. Rund um die Uhr wird sie beatmet. Sprechen kann sie nur sehr mühsam mit Hilfe eines bestimmten Ventils, das ihr die Schwestern anlegen, wenn Verwandte sie besuchen. „Gut, dass ich hier gelandet bin“, hat sie einmal gesagt, als sie im Fernsehen einen alarmierenden Bericht über den Pflegenotstand in Deutschland gesehen hat.

Ärzte und Therapeuten kommen zu den Patienten

Zur medizinischen Versorgung kommen Ärzte unterschiedlicher Disziplinen in die Hasper Einrichtung.

Daneben gibt es ein Team u.a. aus Logopäden und Physiotherapeuten.

Patienten, die in die Beatmungs-WG aufgenommen werden wollen, müssen bestimmte Kriterien erfüllen und als intensivpflegebedürftig eingestuft werden.

Weiter Infos unter www.humanitair-wetter.de

Denn dieser Notstand hat die neue Einrichtung nicht erreicht. Drei bis vier Schwestern mit speziellen Qualifikationen kümmern sich hier rund um die Uhr um Patienten, die ohne dauerhafte Pflege nicht weiterleben könnten. Nicht alle, die in der Einrichtung wohnen, können noch am Leben der Gemeinschaft teilnehmen. „Trotzdem“, sagt Regina Kowolik, „wollen wir so etwas wie eine große Familie sein.“

Persönliches Schicksal

Die Pflege in der eigenen Familie war es, die Regina Kowolik einst ins Grübeln gebracht hat. Sie und ihre Geschwister haben die eigene Mutter bis zum Tod begleitet. „Da ist mir die Idee gekommen, eine Einrichtung zu schaffen, die Pflegende entlasten kann, ohne dass sie ihre Angehörigen jedes Mal mit einem schlechten Gewissen zurücklassen müssen“, sagt Regina Kowolik, „ich habe mich gefragt, wie ich wohl betreut werden wollte, wenn ich selbst in eine solche Situation kommen würde.“ Herausgekommen ist die Einrichtung für Intensivpflege, die jetzt von Ennepetal nach Haspe gezogen ist. „Ein Haus, das dort steht, wo das Leben pulsiert“, sagt Regina Kowolik, „die Bewohner können ins Grüne blicken. Sie hören aber auch die tobenden Kinder, den Streit der Nachbarn oder die Lkws auf der Straße.“

Mitten im Leben

Jedes Zimmer hat eine eigene Terrasse. Die wiederum sind durch einen Weg rund um das Gebäude miteinander verbunden. „So haben sie die Möglichkeit, einander zu treffen“, erklärt Regina Kowolik, deren Unternehmen in Schwerte eine zweite Wohngemeinschaft unterhält, daneben aber auch eine 24-Stunden 1:1-Versorgung für Intensivpatienten anbietet, die in den eigenen vier Wänden gepflegt werden möchten.

Intensivpflege fordert die Mitarbeiter. Es gibt aber auch viele schöne Momente. Und es gibt die Patienten, die so wieder mobilisiert werden können, dass sie in ihre eigene Wohnung zurückkehren können. „Eine Patientin hat unser Haus selbstständig mit ihrem Rollator wieder verlassen können. Das ist ein toller Erfolg“, so Regina Kowolik, die Wert darauf legt, dass es sich bei der Einrichtung nicht um ein Hospiz handelt, in das die Menschen kommen, um dort ihre letzten Tage zu verbringen.