Hagen/Lennetal. . An Hagens aufwendigster Baustelle geht es voran: Parallel zur maroden Lennetalbrücke entstehen gerade provisorische Pfeiler, auf die erste von zwei neuen Brücken zunächst geschoben wird. Nächstes Jahr sollen darüber die ersten Fahrzeuge rollen.

Bevor es nach oben gehen kann, geht es nach unten. Rund 15 Meter tief arbeitet sich der Bohrer in das Erdreich. Und schafft eine Röhre mit einem Durchmesser von 1,50 Metern. Nicht an einer Stelle. Sondern an acht pro Brückenpfeiler. Und nicht an einem Pfeiler, sondern an 14, die zunächst die Autobahnbrücke über das Lennetal tragen sollen. Provisorisch.

Es geht voran an Hagens aufwendigster und teuerster Baustelle. Und zwar jetzt auch so, dass die Bautätigkeit wahrgenommen wird. Knapp 1000 Meter misst die alte Brücke, und genau so lang werden die beiden neuen sein, auf denen der Verkehr auf je drei Spuren in eine Richtung fließt. Diese Länge macht die Baustelle so einzigartig.

Fundament für Pfeiler

Der Bohrer bohrt. Und in die Röhren, die aus statischen Gründen leicht schräg eingelassen werden, werden Bewehrungsgitter eingelassen. Dann werden sie mit Beton ausgegossen. Oben drauf kommt eine sogenannte Pfahlkopfplatte. Dieses Konstrukt bildet das Fundament, das später die Pfeiler trägt. Von Norden nach Süden arbeitet sich der Bohrer vor. Im Oktober sollen die Pfeiler stehen.

Bauarbeiten an Lennetalbrücke an der A45

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    Ludger Siebert, Leiter der Regionalniederlassung Südwestfalen von Straßen NRW, und Michael Neumann, Leiter der Abteilung Bau, stehen neben dem Bohrer. Der Blick geht nach oben. Hinauf zu der maroden Brücke, über die so lange der Verkehr rollt, bis die neue Brücke zunächst auf den provisorischen Stützen fertig ist. „Optisch sieht sie gar nicht so schlecht aus“, sagt Siebert, „aber sie in einem schlechten Zustand – Note 3,4. Damals war das Stand der Technik. Aber im Grunde genommen ist die gesamte Konstruktion für die heutigen Verkehrsverhältnisse zu schmal angelegt.“

    Wenn die Pfeiler stehen, beginnen die Stahlarbeiten an Ort und Stelle. Die Unterkonstruktion der neuen Brücke wird bereits jetzt in Zwickau vorproduziert. Mit rund 100 Schwertransporten werden die Teile in Richtung Hagen gebracht. „Und zwar immer dann, wenn sie hier benötigt werden.“

    Transport wiegt 180 Tonnen

    25 Meter lang ist das größte Teil. 120 Tonnen wiegt es. Der Transport, der es nach Hagen bringt, kommt auf 180 Tonnen Gesamtgewicht. „Es kann sein, dass wir eine Richtungsfahrbahn ab und an für die Schwertransporte sperren müssen“, sagt Michael Neumann. „Wie oft und wie lange genau – das können wir noch nicht mit Sicherheit sagen.“

    979,5 Meter lange Brücke wird verschoben

    An der Lennetalbrücke entsteht zunächst eine neue Brücke auf provisorischen Stützen.

    Dann wird innerhalb eines Jahres die parallel verlaufende alte Brücke zurückgebaut.

    Eine zweite neue Brücke, über die später der Verkehr in Richtung Dortmund verläuft, wird errichtet.

    Neben dieser Fahrbahn werden neue Stützpfeiler aufgestellt.

    Die 979,5 Meter lange Brücke, die den Verkehr in Fahrtrichtung Frankfurt aufnimmt, wird von ihren provisorischen an einem Tag über spezielle Träger gut zwölf Meter weit auf diese neuen Stützpfeiler geschoben.

    In der letzten Bauphase werden die provisorischen Betonpfeiler, die aktuell gebaut werden, wieder abgerissen.

    2018 sollen die Arbeiten nach viereinhalb Jahren abgeschlossen sein.

    Von Süden her werden die ersten Stahlteile zunächst im sogenannten Taktschiebverfahren auf die Pfeiler gesetzt. „Da sind wir an einen festen Termin gebunden, den wir mit der Deutschen Bahn vereinbart haben“, so Ludger Siebert. Denn an dieser Stelle müssen die Stahlteile über eine Bahnstrecke hinweg geschoben werden.

    Vorbereitet und geschoben

    Die meisten Elemente werden jedoch im Norden unter einem Zelt vorbereitet und dann geschoben. Eine Ausnahme bildet ein wegen seiner enormen Länge gebogenes Stück in der Mitte der Brücke, das auf Stützen gestellt und dann verbunden wird.

    Der Beton verzahnt sich später fest mit der Unterkonstruktion aus Stahl. Halbfertigplatten werden aufgelegt, darauf am Ende die Asphaltdecke aufgebracht. All das geschieht, ohne dass der Verkehr beeinträchtigt wird.

    Zeitplan noch im Rahmen

    Der Zeitplan liegt (ebenso wie die Kosten) noch im Rahmen. Bleibt das so, können die ersten Fahrzeuge im Jahr 2015 über die Brücke rollen. Der Verkehr wird dann am Beginn der Brücken leicht verschwenkt. Es gilt Tempo 80. An den fünf Fahrspuren wird sich nichts ändern.

    „Staus wird es wie schon jetzt geben“, sagt Michael Neumann, „aber die Brückenbaustelle wird dafür nicht verantwortlich sein.“

    Auch im Hagener Süden wird gebaut 

    Dafür neben dem zunehmenden Verkehr bald auch einer der weiteren Baustellen, die Deutschland brückenreichster Autobahn drohen. Denn sämtliche Brücken auf der Sauerlandlinie sind sanierungsbedürftig. Also auch die auf Hagener Gebiet. Die Baustellen für die Talbrücken Kattenohl und Brunsbecke sind schon in der Planung.

    Mit ganz eigenen Herausforderungen, wie Ludger Siebert sagt. Das Prinzip wird bei den wesentlich kürzeren Brücken dasselbe sein wie im Lennetal. „Die Pfeiler im Hagener Süden sind bis zu 77 Meter hoch“, so Siebert, „sie stehen aufgrund der Höhe nicht so stabil. Das macht das Taktschiebeverfahren so komplex.“ 2016 sollen die Arbeiten an den beiden eng beieinander liegenden Brücken starten. Bauzeit: zwischen drei und fünf Jahren.

    Rahmede-Brücke verläuft im Bogen

    Eine ganz anderes Problem ergibt sich wenige Kilometer weiter in Richtung Lüdenscheid. Die Talbrücke Rahmede verläuft in einem Bogen. Baut man eine versetzte Brücke daneben, stimmt der Radius nicht mehr. „Aber auch dafür werden wir eine Lösung finden“, so Ludger Siebert.