Münster/Hagen. Die Zahl der Lottogewinner, die von einem Gewinnerberater von Westlotto an die Bank “Merck Finck & Co“ vermittelt wurden, steigt immer weiter an. Die Bank soll dann den Gewinnern risikoreiche Immobilenfonds und Schiffbeteiligungen verkauft haben, ohne über die Risiken aufzuklären.

Die Affäre um Lottomillionäre, die von einem Gewinnerberater von Westlotto an die Bank „Merck Finck & Co.“ vermittelt wurden und Geld bei riskanten Kapitalanlagen verloren, zieht Kreise. „Es haben sich zahlreiche Lottogewinner in unserer Kanzlei gemeldet“, sagt Rechtsanwalt Dr. Johannes Wilkmann, „es geht ausschließlich um Geldanlagen bei Merck Finck.“

Nach „Spiegel“-Informationen soll der Gewinnerberater auch versucht haben, den Lottomillionär aus dem Sauerland, der im März 26,9 Millionen Euro gewann, an die Privatbank zu vermitteln. Der Mann wurde dem Magazin zufolge misstrauisch, auch weil der Westlotto-Mitarbeiter mehrmals darum gebeten habe, „seinen Tipp ganz diskret zu behandeln“.

Anwalt Wilkmann und sein Kollege Dr. Thomas Durchlaub von der Sozietät Haas und Partner (Bochum) haben ein Lottomillionärs-Ehepaar aus Westfalen vertreten, dem das Landgericht Münster in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil vom April einen Schadenersatz von 510.000 Euro zugesprochen hatte.

Keine Aufklärung über Risiken

Der Gewinnerberater hatte den Lotto-Glückspilzen (6,3 Millionen Euro), so wurde im Urteil festgehalten, Merck Finck vermittelt. Dort wurden ihnen offene und geschlossene Immobilienfonds und Schiffsbeteiligungen verkauft. Eine Aufklärung über die Risiken habe nicht stattgefunden.

Zwei Tage, nachdem sich seine Mandanten bei Westlotto gemeldet hatten, so erzählt Wilkmann, war der Gewinnerberater in den Privaträumlichkeiten eines befreundeten Ehepaares der Glückspilze erschienen. Beide Familien gewannen als Tippgemeinschaft. Auf den Vorschlag des Lottomillionärs, das Geld auf sein Sparkassenkonto zu überweisen, habe der Gewinner­berater mit einem „überheblichen Lächeln“ reagiert. Er habe da eine Privatbank, die sich in diesen ­Dimensionen gut auskenne. Und: Die Gefahr sei groß, dass bei einer Überweisung aufs eigene Konto der Gewinn im Ort die Runde ­mache.

Großteil des Gewinns in riskante Fonds angelegt

Eine Woche später traf man sich zum Termin in einer Filiale von Merck Finck. Der Gewinnerberater war dabei. „Von dem 6,3-Millionen-Lottogewinn wurde ein Großteil angelegt, weit überwiegend in riskante offene und geschlossene Fonds“, so Anwalt Wilkmann. „Ein derartiges Verlustrisiko steht alles andere als im Einklang mit dem geäußerten Wunsch nach einer sicheren Anlage des Kapitals.“

Der typische Lottomillionär habe vor dem Gewinn „nie“ etwas mit Kapitalanlagen zu tun gehabt. „Er wird in der aufwühlenden Situation eines frischen Millionengewinns mit Anlagegesprächen überrumpelt und überfordert.“

Das Verfahren vor dem Land­gericht Münster, das die Westfalen mit Hilfe von Haas und Partner führten, bezog sich nur auf einen vermittelten Fonds. „Die juristische Aufarbeitung wird wohl noch länger andauern“, so Wilkmann. „Das ist natürlich sehr belastend für unsere Mandanten.“ Wie viel Geld diese letztlich verloren ­haben? „Ganz schwer zu sagen. Aber die meisten Fonds, in die investiert wurde, sind nichts mehr wert.“

Unbefriedigende Antwort

Westlotto-Sprecher Axel Weber zufolge ist jedem in seinem Haus klar, dass die Vorwürfe das Vertrauen der Spielteilnehmer in die Lotteriegesellschaft berühre. „Deshalb wollen wir eine lückenlose Aufklärung.“ Man habe sich zum einen zur juristischen Klärung an die Staatsanwaltschaft Münster gewandt, zum anderen eine Compliance-Kanzlei als „neutraler, externer Dritter“ mit internen Untersuchungen beauftragt. „Wir werden mit nichts hinter dem Berg halten.“ Der betroffene Westlotto-Mitarbeiter sei der einzige hauptamtliche Gewinnerberater gewesen. Weber: „Er hat das Unternehmen inzwischen verlassen.“