Hagen. .
Die NRW-Landesregierung hat einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der die Bedeutung des Regionalverbands Ruhr (RVR) deutlich stärken und festigen soll. Mit der angestrebten Regelung soll die Funktion des Verbandes als administrative und politische Klammer der Metropole Ruhr ausgebaut und hervorgehoben werden. „Auf diese Weise kann der RVR seine Aufgaben und Strukturen zukunftsgerecht aufstellen und neue Impulse setzen, um die vielfältigen Herausforderungen für die Region zu bewältigen“, formulierte Innenminister Ralf Jäger bei der Präsentation des Papiers. Doch in der Hagener Politik dominiert in einer ersten Stellungnahme die Skepsis. In den folgenden Punkten hat der Hagener Rat in seiner letzten Sitzung mit den Stimmen von CDU, Grünen, Hagen Aktiv, FDP und Linken seine Bedenken angemeldet:
Ausweitung derZuständigkeiten
Das plant die Landesregierung:
Düsseldorf möchte mit Hilfe des Gesetzentwurfes die Pflichtaufgaben des RVR um die Trägerschaft, Fortführung und Weiterentwicklung regional bedeutsamer Kooperationsprojekte erweitern. Unter anderem sollen Ziele des Klimaschutzes und die Nutzung erneuerbarer Energien gefördert werden. Außerdem sollen die Verkehrsentwicklungsplanung und die Vernetzung der kommunalen Europaarbeit im Verbandsgebiet weiter ausgebaut werden. Die Kommunen sollen zudem die Möglichkeit erhalten, Aufgaben auf den Verband zu übertragen sowie kommunale Tätigkeiten durch den RVR durchführen zu lassen.
Das sagt der Hagener Rat:
Sicher ist es hilfreich, wenn der Regionalverband Ruhr seine Mitgliedskommunen dabei unterstützt, Modelle von interkommunaler Zusammenarbeit zu entwickeln, sich hier auch als Träger oder Dienstleister anbietet. Eine solche Aufgabenübernahme sollte ausdrücklich nur im Benehmen mit den betroffenen Kommunen geschehen, nicht über sie hinweg. Darüber hinaus ist das künftige Betätigungsfeld des RVR nicht klar genug umrissen. Auf diese Weise entsteht eine Ermächtigungsgrundlage, die zur Sorge Anlass gibt. Der Rat gibt deshalb zu bedenken, dass die geplante Ausweitung der Zuständigkeit des RVR und die vorgesehenen Übertragungsmöglichkeiten von Zuständigkeiten ohne ausreichendes Mitspracherecht der Kommune empfindlich in die kommunale Selbstverwaltung eingreifen würde.
Hinzu kommt, dass der RVR nach dem Entwurf für die Übernahme von Tätigkeiten von den Städten und Kreisen zusätzlich zur weiterhin zu entrichtenden Umlage ein aufwanddeckendes Entgelt verlangen kann. Offen bleibt, welchen Vorteil die Kommunen durch die Erledigung ihrer Aufgaben durch den RVR haben werden. So ist zumindest denkbar, dass die Kosten für die Aufgabenerledigung am Ende nicht sinken, sondern sogar steigen. Den Schluss lässt der Umstand zu, dass hier losgelöst aus der lokalen Verwaltungsebene zusätzliche Strukturen geschaffen werden, die auch zusätzlich finanziert werden müssen. Diese Overhead-Kosten würden dann auf die Kommunen umgelegt werden.
Aufbau einerweiteren Bürokratie
Das plant die Landesregierung:
Nach den Vorstellungen von Minister Jäger soll ein Kommunalrat errichtet werden, in dem Hauptverwaltungsbeamte der Mitgliedskörperschaften als ergänzendes Gremium mit beratender Funktion agieren. Damit einher sollen die bestehenden Restriktionen bei der inneren Organisationsstruktur gestrichen werden.
Das sagt der Hagener Rat:
Neben den bisherigen Organen des Verbandes, der Verbandsversammlung, dem Verbandsausschuss und Geschäftsführer wird ein zusätzlicher Kommunalrat eingeführt, der weiteres Personal für eine angemessene Geschäftsstelle benötigt. Zudem kann neben den bisherigen höchstens sechs Ausschüssen die Verbandsversammlung die Anzahl der Ausschüsse völlig frei bestimmen. Verpflichtend ist lediglich ein Rechnungsprüfungsausschuss zu bilden. Auch das öffnet Tür und Tor für eine Vielzahl von Ausschüssen, die kontinuierlich auf eine weitere Übertragung von kommunalen Aufgaben hinwirken.
Einrichtung einesRegionalparlaments
Das plant die Landesregierung:
Ein weiterer Reformschritt sieht vor, die Verbandsversammlung stärker demokratisch zu legitimieren. Diese soll ab 2020 unmittelbar und direkt von den Bürgern im Verbandsgebiet gewählt werden. „Durch die Direktwahl identifizieren sich die Menschen besser mit dem Regionalverband Ruhr. Sie können über die eigenen Gemeinde- und Kreisgrenzen hinaus mitbestimmen“, sagte Innenminister Jäger.
Das sagt der Hagener Rat:
Wir betrachten demokratische Wahlen als Grundlagen unseres Mehrebenen-Staatsgebildes. Es ist allerdings völlig uneinsichtig, warum zwischen den Kommunen und dem Land ein weiteres parlamentarisches Gremium errichtet werden soll, dessen Aufgaben sich ausdrücklich auf das Gebiet der Mitgliedskommunen erstrecken soll. Der Rat der Stadt Hagen sieht mit Sorge, dass hier eine vordergründige Legitimation geschaffen wird, um immer mehr kommunale Kompetenzen auf die regionale Ebene zu verlagern. Dies bedeutet im Ergebnis neben der Einführung einer weiteren Wahl eine Abkoppelung von der Willensbildung in den Vertretungen der Mitgliedskörperschaften des RVR.
Wegfall derAustrittsoption
Das plant die Landesregierung:
Mit der Übernahme von Aufgaben seiner Mitglieder sowie der Einführung der Direktwahl soll auch die Verbandsmitgliedschaft neu geregelt werden. Der Gesetzentwurf sieht daher weder eine Beitrittsmöglichkeit für angrenzende Mitgliedskörperschaften noch eine Austrittsmöglichkeit vor.
Das sagt der Hagener Rat:
Ein Austritt aus dem RVR soll künftig nicht mehr möglich sein. Bislang war in § 3 die mehr als komplizierte Möglichkeit eines Austritts aus dem Regionalverband Ruhr vorgesehen. Diese Möglichkeit soll nun ersatzlos entfallen. Damit verschafft die Landesregierung dem RVR eine Bestandsgarantie für die Ewigkeit – ungeachtet kommunaler Interessen der Mitgliedskommunen. Bei einer Gesetzesänderung dieser Tragweite stellt sich – analog zum Vertragsrecht – die Frage, ob in diesem Fall nicht ein außerordentliches Kündigungsrecht angezeigt ist, bzw. sich dieses nicht schlüssig aus dem Sachverhalt ergibt.