Vor zwei Jahren verschwand Martin Bach (34) nach einer Party in Eckesey spurlos. Ein Verbrechen? Seine Leiche wurde nie gefunden. Die Polizei hält es aber auch nicht für möglich, dass er seine Familie im Stich gelassen hat. Der Fall ist ein einziges Rätsel.
Hagen.Nadine Bach weiß nicht mehr, was sie denken soll: Am 2. Juni 2007 verschwand ihr Mann nach einem Streit von einer Party - und tauchte nie wieder auf. Anfangs glaubte sie, er sei verunglückt oder einem Verbrechen zum Opfer gefallen. Doch seine Leiche wurde nie gefunden. Auch für die Polizei ist der Fall rätselhaft.
„Der Papa ist noch ein paar Tage in Hagen geblieben, der kommt wieder nach Hause.” Mit solchen Ausreden gelang es Nadine Bach eine Zeitlang, ihre Tochter Lia zu vertrösten. Doch Martin Bach ist bis heute nicht zu Frau und Tochter zurückgekehrt. Seit über zwei Jahren fehlt von dem Familienvater jedes Lebenszeichen. Ob er tot ist, als Obdachloser sein Leben fristet oder sich gar eine neue Existenz aufgebaut hat - niemand vermag es zu sagen. „Die Ungewissheit ist schlimmer als Trennung oder Tod”, sagt Nadine Bach. „Es ist, als sei die Erde aufgegangen, Martin hineingefallen und die Erde wieder zugegangen.” Der Tag, an dem Martin Bach scheinbar vom Erdboden verschluckt wurde, war der 1. Juni 2007. Gemeinsam war das in Aukrug/Schleswig-Holstein lebende Ehepaar zu einer Familienfeier nach Hagen gefahren. Nadine Bach stammt aus der Volmestadt, ihr Onkel Horst Schmidt, der in Helfe einen Malereibetrieb führt, feierte im Vereinsheim des TuS Eintracht Eckesey an der Droste-Hülshoff-Straße seinen 60. Geburtstag. „Wir waren bester Laune, es war eine schöne Party”, erinnert sich Nadine Bach. Doch zu fortgeschrittener Stunde, gegen 1.45 Uhr, kam es wegen eines harmlosen Vorfalls zum Streit zwischen den Eheleuten. Martin Bach (34) verließ die Feier und wollte mit dem Auto davonfahren. Nachdem ihn seine Frau überredet hatte, ihr die Wagenschlüssel zu überlassen, gingen sie spazieren, um sich auszusprechen. In der Lenaustraße bat sie ihn zu warten: „Ich wollte nur schnell Jacke und Handtasche holen.” Martin Bach setzte sich auf eine Haustreppe. Sie sah ihn nie wieder. Als sie wenige Minuten später zurückkehrte, war er verschwunden. Sie rief nach ihm, vergebens. Sie suchte in den umliegenden Straßen nach ihm, zuerst allein, dann mit Verwandten, vergebens. Sie übernachtete im Auto, um da zu sein, wenn er zurückkäme: „Als ich am Morgen aufwachte und er immer noch nicht da war, wusste ich, dass etwas passiert war.” Tage, Wochen, Monate vergingen. Nadine Bach suchte mit Flugblättern nach ihrem Mann, klapperte Krankenhäuser ab, schaltete die Polizei ein. Sie kehrte zu ihrer Tochter nach Schleswig-Holstein zurück, und irgendwann fand sie den Mut, Lia die Wahrheit mitzuteilen. „Ich habe ihr gesagt: Ich weiß nicht, wo Papa ist. Seitdem sprechen wir viel von ihm. Er ist präsent, Lia hat sein Bild auf dem Nachttisch stehen.” Aber er ist nicht mehr da. Die Polizei tappt im Dunkeln. „Eine mysteriöse Sache”, urteilt Kriminalhauptkommissar Erhard Böttcher von der Kripo Neumünster. Nichts spreche dafür, dass Martin Bach seine Familie nach dem Ich-gehe-mal-eben-Zigaretten-holen-Motto im Stich gelassen habe. Denn der Betonwerker galt als zuverlässiger Arbeiter und fürsorglicher Familienvater, er war nicht krank und nicht depressiv. Stundenlang habe er mit Lia gespielt, sei mit ihr zum Kinderarzt gegangen, habe sie täglich von seiner Arbeitsstelle aus angerufen, berichtet Nadine Bach. „So einer haut nicht einfach ab”, meint auch Kommissar Böttcher. Nadine Bach (34) wohnt weiterhin in Aukrug, sie arbeitet als Krankenschwester, sie versucht, mit ihrer heute achtjährigen Tochter ein normales Leben zu leben: „Wenn ich zugrunde gehe, geht mein Kind zugrunde. Das darf nicht sein. Sie muss später einmal beziehungsfähig sein, muss Vertrauen aufbauen können. Sonst geht sie verloren. Wir können uns nicht an etwas festhalten, das nicht da ist.” Und was, wenn er eines Tages vor der Tür steht? „Ich würde ihn als Mensch wieder aufnehmen, aber nicht als Ehemann. Er ist ein guter Mensch, aber er hat sich aus der Verantwortung gestohlen.” Nadine Bach hat für sich und ihre Tochter Rat bei einer Psychologin gesucht - vergebens. Als die Psychologin ihre Geschichte hörte, brach sie in Tränen aus.