Schwerte.

Die halbnackte Schöne verschwindet fast total zwischen Daumen und Zeigefinger. Viel zu schade zum bloßen Umrühren sind die Mokkalöffel mit den kunstvollen Griff-Verzierungen. Besser ist es, die silbrigen Meisterstücke in Vitrinen einem staunenden Publikum zu präsentieren.

So wie die Schöne im knappen Textil, die Bernd Kirchbrücher für eine Ausstellung im Hagener Freilichtmuseum herausgesucht hat. An Weintrauben naschend, steht sie symbolisch für den Herbst.

Und bildet zusammen mit drei anderen Grazien, die die übrigen Jahreszeiten darstellen, einen seltenen Satz. Auf dieses Quartett und rund 150 weitere schöne Stücke verzichtet der Sammler den ganzen Sommer lang. Sie sind vom 4. Mai bis zum 31. Oktober im Goldschmiedehaus im Mäckingerbachtal zu sehen.

„Schwerter Silber“

„Bisher wurde dort immer nur Schmuck gezeigt“, berichtet der Schwerter: „Warum nicht auch handgemachte Bestecke?“ Denn manche der Mokkalöffel, die ab 1870 den Genuss des luxuriösen Getränks erhöhten, sind tatsächlich Einzelanfertigungen für wohlhabende Kunden oder Kleinserien. Zu sehen sind aber auch Zeugnisse der industriellen Produktion, die zumindest den Löffel für die breite Mehrheit erschwinglich machten. Die Vereinigten Deutschen Nickelwerke kamen dabei auf die verkaufsfördernde Idee, teures Silber durch sogenanntes Neusilber oder Alpacca zu ersetzen. Verkauft wurde es als „Schwerter Silber“.

Aber auch bei Bestecken, in deren Griffe „Silber“ eingeprägt ist, wurde kräftig am Material gespart. „90er-Silber bedeutet beispielsweise, dass auf ein Dutzend Löffel 90 Gramm Silber galvanisch aufgebracht wurden“, weiß Kirchbrücher. Für einen echten Sammler indes spielt der Materialwert sowie keine Rolle. Er schwärmt vom Design und von den Gestaltern, die ihre Handschrift an den erlesenen Besteckstücken hinterließen. Darunter Künstler und Designer wie Henry van de Velde, Richard Riemerschmid und Peter Behrens. Auch der Schöpfer des Schwerter Rathauses, Carl C.H. Schmitz, entwarf eine Serie für die Nickelwerke.

Organisatoren begeistert

Löffel mit Jugendstil- und Bauhaus-Elementen vermögen Kirchbrücher ganz besonders zu faszinieren. „Der Stil ist auf so kleiner Fläche umgesetzt“, schwärmt der Schwerter, der seit 30 Jahren eine beachtliche Besteck-Sammlung zusammengetragen hat. Das Klingenmuseum in Solingen, mit dem er im ständigen Austausch steht, schlug ihn im Mäckingerbachtal für die Ausstellung vor. Die Organisatoren waren hellauf begeistert, als vor ihren Augen beim ersten Kontakt 20 Mokkalöffelchen auf dem Tisch ausgebreitet wurden.

600 Stücke

Freunde dürfen einige der rund 600 Stücke, die in flachen Schubladen bei Kirchbrücher ruhen, auch schon mal zu ihrem eigentlichen Zweck nutzen. Hergestellt werden sie auch noch, bloß unter anderem Namen: „Heute heißen sie Espressolöffel.“

Ach ja, und dann gibt es da noch unausrottbare Souvenirstücke mit Bildchen von Dresden, Drachenfels oder anderen Sehenswürdigkeiten, die in den Andenkenbuden dieser Welt verkauft werden. Eine ganze Pappkiste voll nimmt Kirchbrücher mit nach Hagen. Als Beispiel für das, was in Sammleraugen als kitschig und wertlos gilt.

Die Ausstellung „Mythos Mokka – Kleine Löffel aus einer Privatsammlung“ wird am Sonntag, 4. Mai, um 13 Uhr eröffnet. Anschließend ist sie bis zum 31. Oktober im Freilichtmuseum Hagen, Mäckingerbach, zu sehen. Einlass in das Museum ist dienstags bis sonntags sowie an Feiertagen von 9 bis 17 Uhr. Der Museums-Eintritt kostet für Erwachsene 7, für Kinder (6 bis 17 Jahre) 2 und für Familien 15 Euro.