Hagen. . Die Spritpreise fahren Achterbahn: Bis zu 14 Mal ändert sich der Benzinpreis pro Tag. Der Liter kostet am Abend bis zu 15 Cent weniger. Das macht Tankstellenbetreibern zu schaffen, weil sie auf ihren Frühstücksangeboten sitzen bleiben. Denn wer abends tankt, kauft weniger ein.

Mindestens jeder vierte Autofahrer nutzt nach Angaben des Instituts für Demoskopie Allensbach bereits eine Benzinpreis-App, um die Tankstelle mit den günstigsten Preisen zu finden. Seitdem das Bundeskartellamt vor einem halben Jahr die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe eingeführt hat, herrscht zwischen den Tankstellen ein massiver Preiskampf. Morgens teuer, abends günstig: Bis zu 15 Cent fallen die Benzinpreise über den Tag. Blöd, wer da noch morgens tankt. Das bekommen die Tankstellenbetreiber zu spüren, denn kaum jemand kauft noch Brötchen und Kaffee.

Den Wettlauf um den günstigsten Preis muss auch Christine Walter mitmachen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Sie ist Pächterin einer freien Shell-Tankstelle in Hagen-Hohenlimburg. „Vormittags haben viele Betreiber bis zu 50 Prozent Einbußen im Kraftstoffbereich, in den Nachmittagsstunden dann ein Plus von 50 Prozent“, sagt sie. Darunter leider der Umsatz im Bistro- und Kaffeebereich immens. Wer vor der Arbeit tankt, nimmt sich gleich ein Brötchen und ein Heißgetränk mit. Wer aber abends kommt, möchte nichts mehr trinken und nur schnell nach Hause.

Vorteil für Tankkunden

Das ist ein Problem für viele Tankstellenpächter, weil sie hauptsächlich vom Shopgeschäft leben. Im Monat hat Walter rund 1000 Euro weniger Umsatz im Backwarenverkauf, beim Kaffee sind es etwa 300 Euro. „Am Vormittag kann man froh sein, wenn man noch auf seine Stammkunden zählen kann und auf diejenigen mit Firmenwagen und Flottenkarten, die nun mal tanken müssen, bevor sie Dienstfahrten antreten“, so Walter. Für die Kunden sei es natürlich toll, wenn sie günstig tanken können, die Preissprünge würden aber nachvollziehbarer Weise auch bei ihnen auf Unverständnis stoßen.

Ähnlich sieht Michael Seeharsch, Betreiber einer Aral-Tankstelle in Breckerfeld, die Situation: „Wenn die Leute nicht tanken, dann kaufen sie auch nichts.“ Seine Backwaren würden immer häufiger noch am Abend im Regal liegen. Markus Rummel, Pächter in Brilon, versucht mit Aktionen wie kleinen Give-Aways mehr Stammkunden zu gewinnen. Ihm macht neben dem Auf und Ab der Benzinpreise ein weiterer Faktor zu schaffen: „Wir merken deutlich, dass die Supermärkte ihre Öffnungszeiten zum Teil bis 22 Uhr verlängern.“

Aral-Pressesprecher Detlef Brandenburg weiß, wie die Berg- und Talfahrt der Benzinpreise zustande kommt: „Der Kraftstoffabsatz geht seit zehn Jahren zurück, weil Autos weniger verbrauchen und Menschen häufiger auf das Autofahren verzichten. Die Zahl der Tankstellen blieb aber gleich.“ Der so entstehende Wettbewerb um die Kunden werde über den Preis ausgeführt. „Die Pächter beobachten die Preise in ihrer Umgebung und melden diese an den Konzern, welcher eine Anpassung freigibt.“ Die Konkurrenz gehe genauso vor, wodurch der Benzinpreis über den Tag mehr und mehr abbröckelt. „Irgendwann liegt dieser am Abend so nah am Einkaufspreis, dass eine weitere Anpassung aus kartellrechtlichen Gründen nicht mehr möglich ist.“ Nach 19 Uhr zieht der Preis wieder an und das Spiel beginnt am nächsten Morgen von vorne.

Hoffnung auf stabile Preise

„Die Markttransparenzstelle führt dazu, dass das Geschäft überhitzt“, sagt Stephan Zieger, Geschäftsführer des Bundesverbandes freier Tankstellen. Ein stabiler mittlerer Preis wäre ihm am liebsten, dann laufe das Shopgeschäft am besten.

„Diese Entwicklung ist bestimmt noch nicht am Ende und wird uns noch mindestens ein halbes Jahr verfolgen“, prognostiziert Pächterin Christine Walter. Auch sie hofft, dass sich die Preise an den Zapfsäulen beruhigen und die Preissprünge aufhören. Das liege aber nicht in der Macht der Tankstellenbetreiber, sondern in der Hand der großen Mineralölkonzerne.