Hagen.. 35 Frauen engagieren sich in Hagen als Willkommensbesucherinnen. Sie wollen nicht kontrollieren, sondern jungen Müttern Erziehungstipps und Ratschläge geben.
Nein, sie sind nicht vom Amt, sie wollen nicht kontrollieren. Diese Richtigstellung steht meist am Anfang eines Besuches. „Viele Mütter glauben nämlich, wir wollten sie und ihr Baby überprüfen“, berichtet Irmtraud Heyne: „Wenn wir sie überzeugt haben, dass wir gekommen sind um zu helfen, geraten wir schnell ins Gespräch miteinander.“
Von Mutter zu Mutter sozusagen. Denn fast alle der 35 Damen, die sich in Hagen bei den Willkommensbesuchen engagieren, haben selbst Kinder. Und wollen ihre Erfahrung, ihre Kenntnisse an Familien mit Neugeborenen weitergeben: „Es mag sich überheblich anhören, aber ich sage es jetzt trotzdem einmal“, so Elisabeth Kalbers: „Ich weiß so viel über Kinder, und ich bin dankbar, dass ich dieses Wissen weitergeben kann.“
Willkommensbesuche sind in Hagen mittlerweile Kernbestandteil der sozialen Betreuung – wie das Gratulationsschreiben des Oberbürgermeisters, das jede Mutter erhält. Doch Irmtraud Heyne, Elisabeth Kalbers und die anderen Frauen klingeln nicht an der Haustür, um nach Anzeichen von Vernachlässigung oder Misshandlung der Neugeborenen zu forschen. Sie kommen, sofern das nicht abgelehnt wird, in jede Familie, um den Müttern ihre Hilfe anzubieten und Tipps beim Umgang mit dem Baby zu geben. Häufig fragen die jungen Frauen nach der richtigen Ernährung für ihr Kind oder wie sie das Kleine dazu bringen könnten durchzuschlafen: „Und wenn dann das Fernsehen läuft, weise ich schon mal darauf hin, dass diese Reizüberflutung nicht dazu angetan ist, ein Kind zur Ruhe kommen zu lassen“, so Elisabeth Peters-Benscheidt.
Sinnvolle Beschäftigung
Wenn es um das Wohl von Kindern geht, machen die Willkommens-Besucherinnen nicht gern Kompromisse. Dass sie nicht als Kontrolleure auftreten, bedeutet ja nicht, dass sie nicht – mal dezent, mal resolut – auf etwaiges Fehlverhalten hinweisen. „Ich liebe Babys und möchte einen Teil meiner Freizeit in ein sinnvolles Ehrenamt investieren“, schildert Rita Bertels ihre Motivation.
In der Willkommenstasche, die jede Mitarbeiterin dabei hat, befinden sich neben Spielzeug, einer Rassel und einem Geschenkgutschein vor allem Broschüren und Erziehungsratgeber. Der Willkommensbesuch ist in der Regel eine einmalige Angelegenheit, die ehrenamtlichen Damen kehren nur auf ausdrücklichen Wunsch einer Mutter mehrmals ins Haus zurück. Es versteht sich von selbst, dass sie Kontakte zu Behörden oder sozialpädagogischen Diensten vermitteln, wenn die jungen Frauen depressiv oder mit der Situation schlichtweg überfordert sind.
Aufgeschlossene Marokkaner
Ihre Lieblingsfamilien unter den Migranten seien die Marokkaner, erzählt Irmtraud Heyne. Das seien durchweg herzliche, aufgeschlossene Menschen, die Wert auf die Bildung ihrer Kinder, auch die der Mädchen, legten. Auch wenn die Häuser von außen den Eindruck erweckten, als müssten sie demnächst abgerissen werden: „Die Wohnungen sind immer top gepflegt.“
Von ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit profitieren die Damen auch selbst. „Ich mache das, weil es mir gut tut“, sagt Margit Becker, kaufmännische Angestellte: „Im Beruf habe ich häufig Stress, als Besucherin kann ich hervorragend abschalten.“ Wie Gabriele Augustin, die im Einzelhandel tätig ist, kommt es ihr entgegen, dass sie sich die Zeit für den ehrenamtlichen Job frei einteilen kann. Nicht jede der Damen hat, wie Irmtraud Heyne, die seit sechs Jahren dabei ist, 400 Besuche absolviert. Gabriele Augustin fasst zusammen, worauf es allen ankommt: „Die Kinder sind das Wichtigste.“