Vorhalle. . Es gibt sie, die Probleme in Vorhalle. Leidenschaftlich wurden sie Freitagvormittag diskutiert, als unsere Zeitung mit dem Redaktionsmobil drei Stunden lang auf dem Vorhaller Wochenmarkt Station machte. Viele Bürger waren gekommen. Und trotz aller Kritik: Sie stehen zu ihrem Stadtteil.

Es gibt sie, die Probleme in Vorhalle. Leidenschaftlich wurden sie Freitagvormittag diskutiert, als unsere Zeitung mit dem Redaktionsmobil drei Stunden lang auf dem Vorhaller Wochenmarkt Station machte. Viele Bürger waren gekommen. Und trotz aller Kritik: Sie stehen zu ihrem Stadtteil. Als die Redaktion die generelle Frage in den Pulk von Menschen richtete: „Leben Sie denn gerne in Vorhalle?“, da schallte uns ein kollektives „Ja“ entgegen. Ein lebenswerter Stadtteil sei dies, in dem man sich noch kenne.

Vorhaller Lokalpatriotismus

Seit 1959 wohnen Heinrich und Anneliese Rüthing in Vorhalle. Ganz in der Nähe des Güterbahnhofs, die Geräuschkulisse kennen sie also seit mehr als fünf Jahrzehnten – „Heini“ Rüthing hat auch lange bei der Bahn gearbeitet. Wegziehen käme für sie aber nicht in Frage. „Hier kennen wir doch alle. Und das Notwendige kann man hier auch einkaufen.“ Ebenso geht es ihrer Nachbarin Agnes Burkhardt. Die Kinder hatten ihr schon gesagt, sie solle doch in ihre Nähe nach Eilpe ziehen: „Aber ich habe gesagt: Ich bleibe in Vorhalle.“

Solche Stimmen sind vielfach zu hören an diesem Vormittag – und Jürgen Wellerdieck hofft, dass sich daraus Energie speist: „Jammern bringt uns alle nicht weiter. Vielmehr sollten wir uns als ,Pohlbürger’ beweisen. Damit sind alle Bevölkerungsschichten angesprochen, sich hier zum Gemeinwohl einzubringen, das Miteinander zu erleichtern und zu einem positiveren Bild von Vorhalle zu kommen.“

Einkaufen und die Post

Stadtteilhaus als großes Vereinsheim

Die Zukunft des Stadtteilhauses bewegte die Besucher an unserem Redaktionsmobil Freitag Vormittag ganz besonders. Das Café im Obergeschoss wird nicht mehr betrieben und steht leer. Das Bürgeramt im Erdgeschoss wird es bald nicht mehr geben. Wie soll es weiter gehen mit dem Vorhaller Stadtteilhaus?

Das rollende Bürgeramt

„Warum verwirklicht eigentlich niemand die Idee eines rollenden Bürgeramts“, fragt sich Marianne Kerpal. Statt einer Anlaufstelle, die zu schlecht frequentiert wird, um sie weiter zu erhalten, könne doch ein Mobil durchs Stadtgebiet rollen, das den Bürgern zu angekündigten Zeiten an einem bestimmten Ort den bisherigen Service bietet. Kerpal: „Das würde doch auch der demografischen Entwicklung in unserer Stadt Rechnung tragen.“

In CDU-Ratsherr Stefan Ciupka hat sie schon mal einen Unterstützer. „Die Sparkasse hat das mit ihrer rolllenden Geschäftsstelle ja schon vorgemacht. Wir sollten diese Idee wirklich verfolgen.“

Sorgenkind Café

Peter Timm, der als Bürger, aber auch als SPD-Mitglied der Bezirksvertretung Nord auf den Marktplatz gekommen war, bemängelte, dass das große Café im Obergeschoss einst ohne Küchenbereich geplant worden sei: „So ist es heute schwierig, einen Gastronomen zu finden, der sich vorstellen kann, es weiterzubetreiben.“ Er freute sich aber gleichzeitig über die Auslastung des Gebäudes, das für Events wie Geburtstage oder Hochzeiten häufig gebucht werde.

Treffpunkt für Vereine

Egon Baske, vor Jahrzehnten aus Cuxhaven nach Vorhalle gezogen und lange bei Südwestfalen-Stahl beschäftigt, hat eine ganz andere Idee für die Zukunft des Stadtteilhauses. „Wir haben so viele Vereine hier in Vorhalle. Ob Sport, Schützen oder Karneval – warum stellt man das Stadtteilhaus nicht den Vereinen zur Verfügung, damit sie es alle gemeinschaftlich nutzen können?“

Was wird mit der AWO-Begegnusstätte?

Das würde wohl auch Heinz Friedhoff entgegen kommen. Er ist der zweite Vorsitzende des AWO-Ortsvereins. Und er bangt mit seinen Leuten um das bisherige Domizil im Stadtteilhaus, weil die AWO im gesamten Bezirk ihre Arbeit neu strukturiert und die Miete wohl zu teuer ist: „Wenn wir hier in Vorhalle kein eigenes Domizil mehr haben, dann haben schon viele angekündigt, dass sie austreten wollen. Aber ich bin optimistisch, dass wir eine Lösung finden. Es wird schon weitergehen.“

Doch es ist natürlich nicht nur eitel Sonnenschein in Vorhalle. Leere Geschäfte beschäftigen die Bürger. Und vor allem die nicht mehr existente Post-Agentur bewegt die Gemüter. „Da bin ja schon fünf Euro für das Bus-Ticket los, wenn ich erst in die Stadt fahren muss, um ein Päckchen abzugeben“, so Martha Eckleder, die aus Bayern stammt, aber seit 53 Jahren in Vorhalle lebt und hier trotz aller Kritik auch auf keinen Fall wegziehen will. Ein weiterer Leerstand kommt Ende des Monats hinzu: Hüseiyn Göger schließt seinen Gemüseladen: „Es tut mir auch sehr leid, ich habe viele nette Reaktionen von Kunden bekommen. Aber es lohnt sich einfach nicht mehr. Die Stromkosten, die Miete – dafür reicht der Erlös nicht.“

Das ist Wasser auf die Mühlen derer, die sagen, der Vorhaller Einzelhandel gehe den Bach herunter. Doch Monika Schäfer und Bernd Pfannkuch, die Vorsitzenden der Werbegemeinschaft Vorhalle, sind extra gekommen, um engagiert diesem Eindruck entgegenzutreten. „Was genau können Sie hier denn nicht einkaufen?“, fragt Pfannkuch eine Bürgerin. Spontan fällt ihr nichts ein.

Was immer wieder kommt, ist der Wunsch nach einem „Vollsortimenter“, einem Supermarkt, der weit mehr als die Produktpalette eines Discounters bietet. Zum Beispiel eine Fleisch- oder Käsetheke oder ein größeres Drogerie-Segment. „Ich kann dazu nur sagen: Wir befinden uns in Gesprächen“, sagt Peter Timm, SPD-Mitglied der Bezirksvertretung Nord. Er betont aber auch, dass man sich schon sehr lange in Gesprächen befinde.

Tempolimit

Einhellige Meinung am Redaktionsmobil: Im Vorhaller Süden wird zu viel gerast. Der Bereich rund um die Grundschulen, die Lindenstraße und das Wohngebiet Brandenburger Straße/Masurenstraße/Vossacker ist eine 30er-Zone. „Viele Fahrer nehmen den Schwung von der Weststraße mit in die Wohngebiete. Hier würde sich eine digitale Anzeige irgendwo lohnen, die den Fahrern ihre Geschwindigkeit anzeigt“, sagt Jürgen Wellerdieck.

Sauberkeit

Rund um die Reichsbahnstraße werden Anwohner schon in Eigeninitiative aktiv. Auf die städtischen Reinigungstrupps sei kein Verlass. „Ich sammele auf der einen Seite den Müll auf“, erzählte ein Rentner. „Mein Nachbar macht den anderen Teil. Ich fahre jetzt zwei Wochen in Urlaub. Mal sehen, wie es danach aussieht.“ Werner Quäkper ist die Zuwegung zum neuen Friedhofsteil ein Dorn im Auge. „Die Straße wuchert zu, man kann entgegenkommende Autos nicht sehen. Wem gehört der Abschnitt?“ Wir recherchieren.

Busverbindung

Eigentlich werde Vorhalle gut mit Buslinien versorgt, sagt Elisabeth Michaelis. „Aber der Aldi-Markt an der Ophauser Straße ist nicht zu erreichen. Für ältere Leute ist es ein Problem, dort hin zu laufen. Da muss eine Haltestelle hin.“ Der einzige Haltepunkt in der Nähe ist die Haltestelle „Hartmannstraße“ direkt am als „Asthma-Bogen“ bekannten Brückenschlag über die Weststraße. Michaelis: „Die Wege sind kurz, nur der zu Aldi nicht.“

Der Sportverein

Der TSV Vorhalle habe sich nach Schließung der Turnhalle Nöhstraße von der Stadt im Stich gelassen gefühlt, sagt Vorstandsmitglied Hildegard Sichelschmidt. „Wir sind mit vielen Gruppen nun im alten Kino in der Lindenstraße untergekommen. Der angedachte Bau einer Gymnastikhalle kommt vorerst nicht. Sichelschmidt: „Vielleicht in weiterer Zukunft mal. Aktuell ist das kein Thema.“