Mit großen Begrifflichkeiten sollte man vorsichtig hantieren. Doch die Jamaika-Kandidatur von Erik O. Schulz als CDU/Grüne/FDP-Bewerber für das Oberbürgermeister-Amt verdient wahrhaftig, als politische Zeitenwende tituliert zu werden. Zumal dies bereits zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit passiert: Auch der Erdrutsch-Sieg von Margarita Kaufmann kurz vor Weihnachten war einer veränderten politischen Allianz im Rat und damit einer Abkehr von ausgetretenen Pfaden geschuldet.

Letztlich war dieser Triumph neuer Koalitionäre der Auslöser dafür, auch bei der Ausschau nach einem Dehm-Nachfolger mutig und unkonventionell zu agieren. Dass es sich letztlich um einen SPD-Abtrünnigen handelt, der den um Peilung ringenden Genossen den Rücken kehrt, gibt der Personalie natürlich zusätzliche Pikanterie.

Jetzt muss der parteilose Kandidat in seiner neuen Rolle zügig funktionieren. Eine anspruchsvolle Herausforderung, deren Bewältigung Schulz zuzutrauen ist. Der Hagener Junge kennt sich aus, fühlt sich seiner Heimatstadt tief verbunden, engagiert sich bereits heute auf verschiedensten Parketten, ist ein exzellenter Netzwerker und auch Strippenzieher sowie obendrein eine Persönlichkeit mit George-Clooney-Appeal. Aber vor allem ist der 48-Jährige eine Figur mit Ecken und Kanten, aber ohne beschämende Affären-Vergangenheit.

Sein größtes Talent und Kapital bleibt, dass er in alle politische Richtungen kompatibel funktionieren kann. Eine Stärke, die ihn nicht nur zum Favoriten der Jamaika-Allianz macht, sondern Schulz auch zur Alternative bei den Unzufriedenen in Reihen der SPD werden lässt. Und davon soll es ja einige geben . . .