Münster/Hagen. . Fünf Tage lang hatte Sergej B. (33) im Juli 2013 für Angst und Schrecken in Hagen gesorgt. Bei der Verlesung der Anklageschrift am ersten Verhandlungstag vor dem Landgericht Münster wird noch einmal deutlich, welch beispiellose Serie von Gewalttaten auf das Konto des gebürtigen Kasachen geht.
Rechtsanwalt Wolfgang Zwiehoff steht nach dem nur 45 Minuten dauernden Prozessauftakt vor Saal A 23 und denkt darüber nach, dass Sergej B.’s brutaler Angriff auf einen 49-jährigen Hagener am Kattenohl (16. Juli) auch tödlich hätte enden können. „Das war eine ganz knappe Kiste“, sagt der Jurist in Bezug auf das akute Nierenversagen, dass das Opfer durch die brutalen Schläge und Tritte davon getragen hatte.
„Emotionslos und eiskalt“
Der Hagener war zusammen mit einer 33 Jahre alten Frau gerade bei einem Abendspaziergang, als der mutmaßliche Gewalttäter „ohne Ansage“ auf die beiden einschlug. „Emotionslos und eiskalt“, nennt Zwiehoff den Mann, der zunächst an den Spaziergängern vorbei gejoggt war. Der 49-Jährige erlitt damals nach Angaben der Staatsanwaltschaft Münster auch ein Schädel-Hirn-Trauma ersten Grades. Er war einige Zeit arbeitsunfähig.
Die Spaziergänger, die als Nebenkläger im Prozess auftreten, leiden bis heute unter den Folgen der Attacke. „Die Ereignisse sind psychisch schwer zu verarbeiten“, sagt deren Rechtsvertreter Zwiehoff. „Weil der Angriff aus dem Nichts kam.“
Sergej B. hatte nach einer stationären Alkohol-Therapie in der LWL-Klinik Warstein im Jahr 2012 zunächst in einer Einrichtung des Betreuten Wohnens in Hagen gelebt. Auf Vermittlung des Blauen Kreuzes bezog er Anfang 2013 ein Ein-Zimmer-Apartment auf Emst. Zwei bis drei Monate später, so schilderte es der Angeklagte seinen psychiatrischen Gutachtern, hatte er eine Arbeitsstelle bei einer Leihfirma angetreten. Kurz vor seiner Verhaftung am 19. Juli 2013 hatte der dreifache Vater den Job verloren - weil er ein krankheitsbedingtes Fehlen nicht rechtzeitig kommuniziert hatte.
Angehörige im Zeugenstand
Sein Überfall auf eine Tankstelle in der Karl-Ernst-Osthaus-Straße soll am zweiten Prozesstag vor dem Schwurgericht näher beleuchtet werden, ebenso der Tod von Andy A. - Sergej B. soll den 24-Jährigen mit einer Vielzahl an Messerstichen umgebracht haben. Dessen Angehörige werden als Zeugen gehört. Auch sie fragen sich: warum?