Hagen. . Elfmal Ja, zweimal Nein, zehnmal vielleicht - das ist das Fazit einer Befragung der Stadtredaktion in der Hagener SPD. In den Ortsvereinen, den Arbeitsgemeinschaften und bei den Abgeordneten haben wir die Stimmung der 1724 Hagener Genossinnen und Genossen erkundet.

Sie hat bereits gewonnen, die Hagener SPD: 41 Frauen und Männer sind der Partei beigetreten, seit klar ist, dass es eine Mitgliederbefragung zur Großen Koalition geben wird. Und so sind es nun exakt 1724 Hagener Genossinnen und Genossen, die in den kommenden beiden Wochen abstimmen dürfen, ob die SPD in eine Koalition mit der CDU eintreten soll.

Aber wie ist die Stimmung an der Basis? Die Stadtredaktion hat sich umgehört in den 21 Ortsvereinen, in den Parteigliederungen und bei den Hagener SPD-Abgeordneten. Wie schätzen die Vorsitzenden die Stimmung in ihren Organisationen ein? Wie werden Sie selbst abstimmen? Was sind für sie die inhaltlichen Knackpunkte? Fazit: Die Gruppe der Unentschiedenen ist groß. Und: Mindestlohn, volle Rente nach 45 Arbeitsjahren und die Stärkung der Kommunalfinanzen sind bei fast allen die entscheidenden Themen.

Sie werden zustimmen:

Der Bundestagsabgeordnete René Röspel hat mit in einer Verhandlungsgruppe zur Großen Koalition gesessen: „Natürlich bin ich nicht mit allem zufrieden. Aber am Ende ist entscheidend: Bekommen die Menschen schon jetzt einen Mindestlohn, eine Rente ohne Abschlag nach 45 Berufsjahren und werden die Kommunalfinanzen gestärkt?“

Am Montag Info-Veranstaltung im „Boni“

  • Der SPD-Unterbezirk Hagen wird am kommenden Montag, 2. Dezember, um 19 Uhr eine große Informationsveranstaltung zum Thema „Große Koalition – Ja oder Nein?!“ veranstalten. Sie findet statt im Vereinshaus St. Bonifatius („Boni“) in Haspe, Berliner Straße 110a.

  • Rede und Antwort stehen wird der Hagener Bundestagsabgeordnete René Röspel, der als Mitglied der Arbeitsgruppe Bildung und Forschung“ den Koalitionsvertrag mit verhandelt hat.
  • Wer jetzt noch spontan der SPD beitreten will, kann übrigens nicht mehr mit abstimmen. Der Stichtag war der 13. November.

Das sind auch die Argumente von Christian Mechnich, Vorsitzender des Ortsvereins (OV) Kuhlerkamp. Er wird zustimmen und glaubt auch, dass es seine Mitglieder „mit Bauchmerzen“ tun werden. „Der Koalitionsvertrag trägt eine sozialdemokratische Handschrift“, sagt Angelika Kulla, OV-Vorsitzende Helfe-Fley. Mindestlohn, Regulierungen auf dem Arbeitsmarkt und „ein vernünftiges Rentenkonzept“, lassen sie mit Ja stimmen. Der Mindestlohn ist auch für Christian Peters, OV-Vorsitzender Eppenhausen-Halden, der entscheidende Punkt: „In Anbetracht des bescheidenen SPD-Wahlergebnisses kann sich das inhaltliche Ergebnis sehen lassen.“ Er geht auch davon aus, dass die Mehrheit seines Ortsverein das so sieht.

„Die Meinungen der Mitglieder meines Ortsvereins gehen weit auseinander“, sagt Claus Homm, OV-Vorsitzender Oberhagen. „Im Moment tendiere ich dazu, dem Entwurf zuzustimmen.“ Ausschlaggebend für ihn: Mindestlohn, Eindämmung von Leih- und Zeitarbeit sowie Hilfe für die Kommunen.

Für Jörg Bodenröder, OV-Vorsitzender Garenfeld, ist aber auch die geplante Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ein entscheidender Punkt. Er wird mit Ja stimmen und erwartet das auch mehrheitlich bei seinen Mitgliedern im Ortsverein. Gleiches gilt für Andreas Schumann, OV-Vorsitzender Boele-Kabel. Ein „transparentes Verfahren der Parteispitze und ein ordentliches Verhandlungsergebnis“ attestiert er der SPD-Führung.

Dass „wesentlich mehr SPD-Themen durchgesetzt worden sind als bei der vergangenen Großen Koalition“, ist für Jörg Meier, OV-Vorsitzender Emst-Bissingheim, entscheidend für sein Ja zum Vertrag. Er erwartet auch letztlich eine deutliche Mehrheit bei den Mitgliedern. Klaus Hirschberg, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Bildung, spricht nur für sich persönlich: „Was wäre denn die Alternative? Wäre Schwarz-Grün in Fragen der sozialen Gerechtigkeit besser?“ Zustimmen werden auf jeden Fall die beiden Landtagsabgeordneten Wolfgang Jörg und Hubertus Cramer.

Sie sind noch unentschlossen:

„Die Meinungen sind geteilt im Ortsverein “, sagt Muamer Andelija, OV-Vorsitzender Altenhagen. Und auch er ist noch unentschlossen: „Ich muss mir den Koalitionsvertrag noch im Detail durchlesen.“ Die Kommunalfinanzen sind für ihn entscheidend, aber auch die doppelte Staatsbürgerschaft. Für Brigitte Kramps, OV-Vorsitzende Remberg/Fleyerviertel, ist der Mindestlohn wichtig. „Aber ich sehe noch Gefahren durch die Übergangsfristen.“ Der Ortsverein wird extra noch mal tagen: „Das wird drei, vier Stunden dauern.“ Diskussion erwartet auch Michael Grzeschista, OV-Vorsitzender Eilpe/Delstern/Selbecke. Er weiß, dass es am Anfang der Debatte eine große Ablehnung im Ortsverein gab. Er glaubt aber, dass sich diese durch die Verhandlungsergebnisse relativiert hat. Er selbst bleibt unentschieden, bis er mehr Details gelesen hat. Gleiche Erfahrungen hat auch Günter Mosch, OV-Vorsitzender Boelerheide, in seinem Ortsverein gemacht. Er selbst ist auch noch unentschlossen: „Für mich gibt es nicht den einen entscheidenden Punkt, ich muss noch das Gesamtpaket prüfen.“

„Bis zur Stimmabgabe habe ich glücklicherweise noch ein paar Tage Zeit“, sagt Sven Söhnchen, OV-Vorsitzender Eckesey. Er will den 185-Seiten-Vertrag zumindest in längeren Teilen genau lesen. Und sein Ortsverein? „Noch bin ich mir nicht sicher, ob die Eckeseyer Roten überzeugt sind.“ Das Thema Mindestlohn werde zumindest für eine „besänftigte Annäherung“ sorgen.

Überlegen will auch noch Birgit Buchholz, Vorsitzende OV Mittelstadt und der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF): „Ich bin mir noch nicht sicher. Vieles ist nur halb umgesetzt.“ Sie tippt in ihrem Ortsverein auf eine „knappe Zustimmung“.

Stefan Krippner, OV-Vorsitzender Berchum, kann in seinem Ortsverein „bislang keine Richtung ausmachen, in die das Pendel ausschlägt“. Er selbst will auch noch intensiv den Vertrag studieren: „Ob Mindestlohn oder Rente für eine Zustimmung ausreichen.“ Ganz ähnlich sieht es sein Bruder Mark Krippner, OV-Vorsitzender Hohenlimburg und Fraktionschef im Stadtrat. Und auch Timo Schisanowski, Vorsitzender des Unterbezirks und des OV Haspe-Süd sagt: „Erst einmal die 185 Seiten vollständig lesen und mit René Röspel reden. Danach werde ich mich endgültig entscheiden.“ Nesrin Öcal, Vorsitzende der Jusos Hagen: „Ich bin noch unschlüssig: Ist mir das Ganze sozialdemokratisch genug?“ Eine Einschätzung, wie die rund 240 Hagener Jusos ticken, traut sie sich nicht zu.

Sie werden ablehnen:

Es gibt aber auch die, die den Koalitionsvertrag klar ablehnen werden. Zu ihnen gehört Rolf Adler, Vorsitzender der AG sozialdemokratischer Juristen (AsJ): „Wegen der unzulänglichen Umsetzung des Mindestlohns ab, der vollständig erst 2017 kommen wird.“ Er sieht die SPD als „farblosen Juniorpartner“. Auch Günter Stricker, OV-Vorsitzender Westerbauer, wird mit Nein stimmen – und glaubt, dass dies auch die Mehrheit der Mitglieder in seinem Ortsverein tun wird. Er sieht die „Beendigung der Energiewende und einen Mindestlohn mit zu vielen Fragezeichen“ als Gründe.

Keine Antworten liegen von den Ortsvereinen Dahl, Haspe-Nord, Vorhalle und Wehringhausen sowie den Arbeitsgemeinschaften 60plus und Arbeitnehmerfragen vor.