Hagen. .

Es war bereits weit nach 20 Uhr, als Kämmerer Christoph Gerbersmann gestern Abend in der Ratssitzung zufrieden nicken konnte: Sparziel erreicht, der Haushaltssanierungsplan steht, die 36 Millionen Euro Stärkungspaktmittel des Landes können fließen. Vorausgegangen war ein Abstimmungsmarathon über Konsolidierungsmaßnahmen, dessen Folgen die Bürger in den nächsten Jahren noch arg zu spüren bekommen werden. Im Überblick:

Die Sparbeschlüsse

Die Bürgerämter Vorhalle und Eilpe/Dahl werden geschlossen, Geschwindigkeitsüberwachungen ausgeweitet, Lernmittel-Sachkosten reduziert, Gebühren für die Stadtbücherei erhöht, Pauschalzuweisungen für die Wohlfahrtsverbände gestrichen, Parkgebühren um 50 Cent pro Stunde angehoben, die Zahl der stellv. Bezirksbürgermeister reduziert, die Ausschüttung des HEB sowie des WBH erhöht, Mittel für die Bauunterhaltung reduziert, die Toilettenanlage in Haspe geschlossen, die GWH als Eigenbetrieb aufgelöst, für Erwachsene Sportler eine so genannte Bewirtschaftungsumlage eingeführt, bei den Schwimmvereinen Kostenbeteiligungen erhoben, das Kulturbudget um zehn Prozent gekürzt, die Rathaus-Kantine geschlossen, die VHS-Gebühren sowie die Hundesteuer angehoben.

Keine Mehrheiten fanden sich für Zuschusskürzungen bei Schwangerenkonfliktberatung, Freiwilligenzentrale und Seniorenbegegnungsstätten, die Elternbeiträge für Kitas und den Offenen Ganztag bleiben unangetastet, ebenso die Fraktionszuwendungen. Die Schließung der Freibäder Hestert und Hengstey wurden abgewendet, das Lennebad in Hohenlimburg bleibt, je nach Entwicklung der Besucherzahlen, zumindest noch bis 2015 bestehen.

Die Haushaltsreden

„Dennoch sanieren wir noch immer zu zögerlich“, hatte CDU-Fraktionschef Wolfgang Röspel zuvor in seiner Haushaltsrede deutlich gemacht, dass seine Partei weiterhin auf einen konsequenten Sparkurs achten werde. Allerdings glaubte er einen neuen Konsolidierungsgeist bei allen Fraktionen ausgemacht zu haben: „Es stand das gemeinsame Ziel im Vordergrund, ohne Taschenspielertricks oder Luftnummern einen genehmigungsfähigen Haushaltssanierungsplan ohne erneute Steuererhöhungen aufzustellen.“ Sprecher aller Parteien kritisierten aber auch die weiterhin unzureichende finanzielle Unterstützung durch Land und Bund: „Ohne eine grundlegende strukturelle Veränderung der Finanzausstattung insbesondere für jene Städte, die sich im Stärkungspakt befinden, wird sich an dieser jährlich wiederkehrenden Situation nichts ändern“, forderte SPD-Fraktionschef Mark Krippner eine langfristige Neuorganisation der Gemeindefinanzierung. „Der Stärkungspakt unserer Landesregierung ist unterdimensioniert“, sparte auch Grünen-Fraktionssprecher Jochen Riechel nicht mit Kritik an seinen Parteikollegen in Düsseldorf: „Es gibt praktisch keine ausreichenden Hilfen von außen, dafür Fristen und Zwänge, die uns zu eine Selbstamputation nach der anderen zwingen.“ Gleichzeitig versuchte er zu rechtfertigen, dass seine Fraktion sich an dem „Infrastrukturkahlschlag“ beteiligte: „In Hagens Situation gibt es nur noch die Wahl zwischen katastrophalen und verheerenden Optionen.“

Eine Abwärtsspirale, deren Ende FDP-Fraktionschef Claus Thielmann noch nicht erreicht sieht: „Wir schaffen es zwar rechnerisch, einen Haushaltsausgleich darzustellen, aber nur, weil wir die viel zu optimistischen Orientierungsdaten des Landes anwenden.“ Der Liberale schlug vor, weitere Aufgaben zu überdenken, um betriebsbedingte Kündigungen bei der Stadt auch in Zukunft ausschließen zu können. In die gleiche Kerbe schlug auch Hagen-Aktiv-Chef Josef Bücker: „Aufgrund der demografischen Entwicklung müssen wir weitere Anpassungen an der Infrastruktur vornehmen. Maßnahmen, die die Lebensqualität massiv verschlechtern sind allerdings nicht hinnehmbar.“