Hagen-Mitte. .

Ein wenig stolz sind sie schon auf das, was sie leisten und geleistet haben. Zweimal sind Projekte des Jugendkulturzentrums Kultopia und der Evangelischen Schülerarbeit ausgezeichnet worden. Nicht mit einem beliebigen Jodeldiplom, sondern mit dem Jugendkulturpreis des Landes Nordrhein-Westfalen. „Da gehen viele gute Bewerbungen ein“, sagt Gandhi Chahine, „das ist schon eine besondere Wertschätzung unserer Arbeit.“

„Coole Monkeys“ und „Muslim 3.0“ heißen die ausgezeichneten Musiktheaterstücke. Heute, am 75. Jahrestag der Pogromnacht, wird mit „Die Erinnerung bleibt“ im bereits ausgebuchten Kultopia das nächste preiswürdige Stück, das vom Land NRW gefördert wird, aufgeführt. Ein Musiktheater zur Pogromnacht, das es, so Chahine, seines Wissens nach in Deutschland so kein zweites Mal gebe. Eingebettet ist es in die Kampagne „Erinnern, erkennen, engagieren - 75 Jahre Pogromnacht“ der Evangelischen Jugend im Rheinland.

Nicht das Stück allein zeichnet das Projekt aus. Es geht vielmehr um den Prozess. „Natürlich freuen wir uns, wenn am Ende eine gelungene Aufführung auf die Bühne gebracht wird“, sagt Marco Zeh, stellvertretender Leiter des Kultopia, „aber viel wichtiger ist, ein Entstehungsprozess, an dem die Kinder und Jugendlichen beteiligt sind und an dessen Ende ein Erkenntnisgewinn steht.“

Das Gefühl von Macht

Der kommt nicht von Quellen und Materialien, die wie im Geschichtsunterricht analysiert werden. „Es geht um

das Erleben, darum, sich in Rollen hinein zu versetzen“, sagt

Gandhi Chahine. So wie bei jenem Jugendlichen, der einen SS-Führer spielt. „Wie fühlt sich Macht an? Was bedeutet es, Macht über andere zu haben? Und wie kann man damit umgehen? Das sind Fragen, um die es geht.“

Für Schauspieler, die zwischen zwölf und 23 Jahren alt sind, verschiedenste Schulen besuchen und unterschiedlichste kulturelle Wurzeln haben. „70 Prozent haben einen muslimischen Hintergrund, 30 Prozent sind Urdeutsche“, sagt Gandhi Chahine und grinst. „Die Erinnerungskultur, um die es ja auch geht, betrifft uns alle. Daraus erwächst das Verantwortungsbewusstsein, das unsere Gesellschaft braucht.“

Und Projekte wie dieses wirken nach. Zum Beispiel bei Mehdi Ramadan, der die Hauptschule Altenhagen besuchte, 2008 zum ersten Mal auf der Bühne stand und heute auch bei der Regie assistiert. „Damals habe ich mich getraut, weil ein Freund von mir mitgemacht habe. Durch dieses Projekt ist mein Interesse geweckt worden. Vor vier Wochen sind wir zu einer Veranstaltung zu Thema Pogrom in Kunstquartier.“ Aus eigenem Antrieb. Gandhi, dem Organisator, haben sie erst danach davon erzählt.