Breckerfeld. .

Der junge Breckerfelder (26) führt ein riskantes Doppelleben. Er stammt, wie er selber sagt, „aus einem behüteten Elternhaus“, hat einen ordentlichen Beruf („ich bin auf der Arbeit hoch angesehen“) und ist inzwischen selbst Vater. Nun sitzt er da, gepflegt, das Haar akurat gekämmt, im eleganten Streifenhemd – auf der Anklagebank. Er soll jahrelang der Großdealer der Hansestadt gewesen sein.

Das Landgericht Hagen verhandelt seit gestern diesen Fall: Zwischen Februar 2009 und Februar 2013 hätte der freundliche Mann mindestens siebeneinhalb Kilo Marihuana („Gras“) von allerbester Qualität, Premiumstufe „Haze“, verkauft – zu einem Grammpreis von sieben Euro.

Griffbereit in Nähe der Drogen, so der Vorwurf, bewahrte der Angeklagte in seiner Wohnung auch Totschläger auf. Betäubungsmittelhandel mit Waffen. „Dafür sieht das Gesetz Strafen zwischen fünf und 15 Jahren vor“, weiß Sonka Mehner-Heurs, seine engagierte Verteidigerin. Bei einer Hausdurchsuchung am 19. Februar wurden zwei Teleskopschlagstöcke und ein Butterfly-Messer sichergestellt.

Die Ermittler fanden im Schlafzimmerschrank auch eine tintenblaue Sporttasche mit 804 Gramm Marihuana, 26,1 Gramm Amphetamine und 1,6 Gramm Ecstasy. Als Vorsitzender Richter Dr. Christian Vogt gestern Mittag im Gerichtssaal die luftdichte Tasche öffnete, um daraus drei Feinwaagen herauszuholen, verbreitete sich der aufdringlich süßlich-muffige Drogengestank im ganzen Raum. Sichtlich angewidert rümpfte eine Schöffin die Nase – und die Staatsanwältin fing an zu husten.

Die im Labor untersuchten Betäubungsmittelproben enthielten teilweise den sehr hohen Wirkstoffgehalt von 17,5 Prozent THC. Bei jedem verkauften Gramm „Gras“ hätte er ein oder zwei Euro auf den Preis aufgeschlagen, hatte der Breckerfelder kurz nach seiner Festnahme zu Protokoll gegeben. Gestern vor Gericht klang das alles viel sympathischer: Er habe das Rauschgift im Freundeskreis „nur verteilt, aber nicht verkauft“. Der Angeklagte behauptet sogar: „Ich hatte kein Interesse, daran zu verdienen.“

Das sieht das Finanzamt ganz anders. Dort hat man die Erlöse aus 77 zugrunde gelegten Drogenverkäufen hochgerechnet und die Summe von 72.800 Euro ermittelt. Diesen Betrag versucht die Steuerbehörde konsequent einzutreiben: 4000 Euro, die bei der Durchsuchung der Wohnung gefunden worden waren, unterliegen der Einziehung. Das Sparkonto, auf dem 3000 Euro schlummerten, wurde amtlich leergeräumt. Und jeden Monat werden dem Breckerfelder 400 Euro vom Lohn gepfändet.

Vor der 6. Großen Strafkammer legte der junge Mann gestern eine umfassende Drogenbeichte ab. Bereits auf der Hauptschule habe er angefangen zu kiffen, „drei Joints am Tag“. Während der Ausbildungszeit ging’s auf Techno-Partys. Da war man gemeinsam in einer Clique, „und der, der an was drangekommen ist, hat eben was mitgebracht.“

Nach dieser Zeit habe er auch seinen Marihuanakonsum gesteigert: „Auf 50 Gramm im Monat.“ „Das sind ja 150 Joints“, staunte der Vorsitzende Richter Dr. Vogt.

Irgendwann soll der Breckerfelder „Gras“-Raucher dann selbst zum Großdealer geworden sein. In Erwartung einer hohen Haftstrafe baumelt er jetzt ängstlich am Abgrund: „Ich habe schlaflose Nächte seitdem.“ Der Prozess wird fortgesetzt.