Hagen/Münster/Weeze. . Die Polizei ist sich sicher: Ein 33-jähriger Hagener hat den aus Weeze stammenden Andy A. getötet und ihn anschließend in dessen Auto im Dortmund-Ems-Kanal bei Münster versenkt. Es wäre der Höhepunkt einer Gewaltorgie, denn der 33-Jährige soll binnen fünf Tagen vier weitere Gewalttaten begangen haben.
„Emst kann aufatmen“ – so hieß am 20. Juli die Schlagzeile unserer Zeitung, nachdem die Polizei einen 33-Jährigen festgenommen hatte, auf dessen Konto vier gewalttätige Überfälle in dem Stadtteil gingen. Seit Dienstagabend wird das Aufatmen über diese Festnahme im Juli noch größer sein. Denn die Polizei ist sich sicher, dass Sergej B. auch den 24-jährigen Andy A. mit einer Vielzahl von Messerstichen getötet hat.
Dessen Leiche war bereits am 14. Juli, einem Sonntag, im Dortmund-Ems-Kanal in Münster gefunden worden. Es wäre der traurige Höhepunkt einer regelrechten Gewaltorgie des Hageners zwischen dem 14. und 18. Juli.
DNA-Spuren brachten Erfolg
Dienstagabend um 20 Uhr gab die Polizei in Münster den Ermittlungserfolg bekannt. DNA-Spuren hatten die entscheidenden Hinweise gegeben. Nachdem Sergej. B im Juli in seiner Emster Wohnung festgenommen worden war, hatten die Ermittler eine DNA-Probe entnommen und in die Datenbank eingepflegt. Jetzt ergab ein Abgleich: Die Spuren fanden sich auch in dem Auto aus dem Kanal.
Bei der Wohnungsdurchsuchung hatten Hagener Beamte zudem ein Springmesser und einen Elektroschocker sichergestellt. Die Untersuchung des Messers in der Rechtsmedizin der Uni Münster bestätigte: Es war darauf das Erbgut des Opfers zu finden. Die Ermittler sind sich sicher, dass es sich um die Tatwaffe handelt, mit der Andy. A. getötet wurde. Sergej B., der die vier Hagener Taten im Sommer größtenteils eingeräumt hatte, schweigt zu den neuen Vorwürfen. Er sitzt derzeit aufgrund eines psychiatrischen Gutachtens in der geschlossenen Abteilung einer forensischen Klinik.
Haben sich Opfer und Täter gekannt?
Die enge Abfolge der fünf Taten zeigt ein erschreckendes Maß an Gewalt. Noch ist wenig bekannt über Sergej B.: Er wurde in Kasachstan geboren, ist aber deutscher Staatsangehöriger. Er war der Polizei bereits vor den Juli-Taten wegen kleinerer Körperverletzungsdelikte bekannt – diese waren aber wohl alle nicht so gravierend. Er wohnte noch nicht lange auf Emst. Vorher hatte er bis zur Trennung von seiner Familie in Münster gelebt. Und hier schließt sich dann der Kreis zum Fundort des getöteten Andy A.
Fünf Taten in fünf Tagen
Fünf Taten binnen fünf Tagen: Die Vorwürfe der Ermittler lesen sich wie ein Protokoll des Schreckens.
- Sonntag, 14. Juli, 12.30 Uhr: Der 33-Jährige überfällt die Shell-Tankstelle an der Karl-Ernst-Osthaus-Straße. Er schlägt die 58-jährige Kassiererin mehrfach ins Gesicht, bis diese zusammenbricht.
- Sonntag, 14. Juli, abends: Gegen 19 Uhr wird Andy A. zuletzt lebend in der Lüdenscheider Innenstadt gesehen. Um 23.30 Uhr wird das Auto im Kanal in Münster entdeckt. In der Zwischenzeit muss ihn der Hagener erstochen haben.
- Dienstag, 19. Juli, 22 Uhr: Der 33-Jährige greift – als Jogger getarnt – ein Spaziergänger-Pärchen in der Nähe des Wanderparkplatzes an der Staplakstraße an. Sowohl der 49-jährige Mann als auch seine Begleiterin (30) werden durch Faustschläge verletzt – der Mann liegt noch Tage später auf der Intensivstation. Der 33-Jährige stiehlt die Schlüssel und fährt mit dem VW-Multivan des Mannes davon.
- Mittwoch, 17. Juli, 20 Uhr: Der 33-Jährige schlägt an der Ecke Cunostraße/Emsterstraße ohne Grund auf das Dach eines Pkw. Als ihn die 46-jährige Fahrerin zur Rede stellen will, schlägt er ihr mit der Faust ins Gesicht.
- Donnerstag, 18. Juli, morgens: Im Parkgelände „Am Großen Feld“ schlägt er ohne Grund auf eine 19-Jährige an Hals und Kehle ein, die mit ihrem Hund unterwegs ist.
Ob sich Opfer und Täter gekannt haben, ist ungewiss. Der aus Weeze am Niederrhein stammende Andy A. war am Sonntag, 14. Juli, gegen 19 Uhr von Zeugen in der Lüdenscheider Innenstadt gesehen worden. Dorthin, so der Ermittlungsstand, wollte der Aushilfsarbeiter wohl auch ziehen. An dem Abend soll er zudem mit seiner Ex-Freundin telefoniert haben, mit der er einen gemeinsamen Sohn hat.
ADAC-Mietwagen lag im Dortmund-Ems-Kanal
Ihr hatte er auch erzählt, dass er mit einem Mietwagen des ADAC unterwegs war, nachdem er bei Bochum eine Panne gehabt hatte. Diesen silbernen VW-Golf mit ADAC-Aufklebern und Wiesbadener Kennzeichen (WI) hatte ein Anwohner gegen 23.30 Uhr im Dortmund-Ems-Kanal in Amelsbüren bei Münster entdeckt. Nachdem der Pkw geborgen wurde, fand die Polizei darin den mit Messerstichen übersäten Andy A.
Gesucht werden nun Zeugen, die Sergej B. am 14. Juli allein oder in Begleitung des späteren Opfers Andy A. in Münster, Hagen oder Lüdenscheid gesehen haben. Gesucht wird auch immer noch eine schwarze Kofferraumabdeckung des Mietwagens, die verschwunden ist. Hinweise bitte an die Polizei Münster unter der Telefonnummer: 0251/275-0.