Hagen. .

Er nennt sich selbst immer noch einen „Eilper Jungen“. Und nach beruflichen Stationen weiter weg, lebt Peter Schmidt (59) heute auch wieder in Hagen. Doch mit einer neuen Geschäftsidee will er nun ganz Deutschland erobern. Es geht um ein Genossenschaftsmodell für Solaranlagen, bei dem Anteilseigner über Jahre die steigenden Abgaben aus dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) einsparen können sollen. Die frisch gegründete Genossenschaft „Wechselstrom eG“ mit Sitz in Köln soll das Ganze verwirklichen.

Frage: Solaranlagen gibt es viele auf Hagens Dächern – und Energie-Genossenschaften sind auch nichts Neues. Was unterscheidet ihr Projekt davon?
Peter Schmidt: Wir wollen die Energiewende wirklich vor Ort schaffen. Sprich: Der erzeugte Solarstrom soll zu einem höchstmöglichen Anteil direkt vor Ort verbraucht und nicht in das allgemeine Stromnetz eingespeist werden.


Welche Vorteile soll der Nutzer denn davon haben?
Zunächst einmal kann er sich sicher sein, dass er – solange die Anlage ausreichend läuft – echten Ökostrom aus der Steckdose bekommt. Wir sind damit im Gegensatz zu vielen andere Energiegenossenschaften, die Solarstrom oder Windanlagen betreiben, keine reine Rendite-, sondern eine Verbrauchsgemeinschaft. Vor allem müssen nach unserer Auffassung alle Genossenschafts-Mitglieder für den mit ihrer Anlage erzeugten Strom keine EEG-Abgaben zahlen. Durch Rechtsgutachten ist das untermauert worden.

Wie groß ist die Ersparnis?
Wir können den Strompreis bis zum Jahr 2022 für die Genossenschaftsmitglieder konstant halten, weil die Abgabe für Erneuerbare Energien nicht anfällt. Die wird in den kommenden Jahren noch einmal steigen und der Hauptkostentreiber beim Strompreis sein. In einer Musterberechnung gehen wir davon aus, dass ein Durchschnittshaushalt binnen zehn Jahren mehr als 2000 Euro EEG-Abgaben zahlen muss. Unsere Genossen bleiben bei dem selbst produzierten Strom davon verschont.


Gibt es das Prinzip schon in Deutschland?
In Süddeutschland gibt es eine Genossenschaft, die das ähnlich angeht. Hier in der Region sind wir aber meines Wissens nach die einzigen, die vor allem auf den Direktverbrauch vor Ort setzen.


Was muss man denn investieren, um Mitglied der Genossenschaft zu werden?
Sich anmelden und um Genossenschaftsanteile bewerben. Infos dazu gibt es auf unserer Internetseite. Ein Genossenschaftsanteil kostet 500 Euro, eine Person kann maximal 25 Anteile kaufen.
Und dann muss ich auf jeden Fall mein Dach für eine Photovoltaikanlage zur Verfügung stellen?

Nein, man kann auch wie bei den herkömmlichen Energiegenossenschaften auf die Rendite setzen. Dann unterstützt man eine Anlage an einem anderen Ort und nutzt das Ganze als Geldanlage. Unser Ziel ist eine Rendite von fünf Prozent. Wenn sie den erzeugten Strom nicht selbst nutzen, können Sie aber nicht von der Befreiung der EEG-Umlage profitieren. Andererseits: Wer den Strom selbst nutzt, profitiert zusätzlich von der Rendite.

Wenn ich eine Anlage auf dem eigenen Dach habe: Muss ich diese selbst kaufen und auch warten?
Nein, sowohl sie Anschaffung als auch die Installation und Wartung übernimmt die Genossenschaft bzw. die von ihr beauftragten Firmen. Damit hat das Genossenschaftsmitglied nichts zu tun. Das ist dann auch der Unterschied zu einer privaten Solaranlage, bei der sie ja auch den eigenproduzierten Strom zunächst selbst verbrauchen und von der EEG-Befreiung profitieren: Hier haben sie keine eigenen Investitionskosten.

Wer ist Ihre Zielgruppe?
Generell alle Menschen in der gesamten Republik, weil wir der Überzeugung sind, dass man die Energiewende nur dezentral mit vor Ort produziertem Strom hinbekommt. Ansonsten werden die Kosten für alle zu hoch. In erster Linie schauen wir natürlich auf größere Dächer mit mehreren Abnehmern. Also klassischerweise Mehrfamilienhäuser oder Häuser mit Mietwohnungen oder Eigentumswohnungen. Dann lohnt sich die Anlage besser. Es können sich aber auch Nachbarschaften zusammentun, bei denen Einfamilienhäuser nah beieinander liegen.

Was planen Sie konkret in Hagen?
In meiner Heimat Eilpe habe ich schon erste Gespräche geführt, weil ich mir eine größere Anlage auf dem Einkaufszentrum mit Kaufpark, Aldi und den anderen Geschäften vorstellen kann. Dort gibt es viel Energieverbrauch am Tage – also dann, wenn unsere Anlage auch die meiste Energie erzeugt. Das ist ja unser Ziel: den Strom dort verbrauchen, nur den Überschuss ins Netz bringen.

Was mache ich als Verbraucher eigentlich, wenn meine Anlage keinen Strom produziert?
Das ist kein Problem. Sie bleiben ja weiter an das allgemeine Netz bei einem der Versorger, etwa Enervie, angeschlossen.

Wenn die eigene Anlage keinen Strom liefert, bekommen sie ihn automatisch dort her. Dafür muss allerdings die EEG-Abgabe gezahlt werden.

Sie wollen deutschlandweit die größte Energiegenossenschaft werden – ist das nicht ein vermessenes Ziel?
Wir sind von unserer Idee überzeugt und wir haben Vertriebspartner gewonnen, die schon in Ost- und Norddeutschland unterwegs sind. Ich bin zuversichtlich.