Hagen-Mitte. Zum Tag des offenen Denkmals am Sonntag, 8. September, werden die Türen des Bunkers an der Bergstraße 98 in der Hagener Innenstadt geöffnet. Führungen werden zwischen 11 und 18 Uhr angeboten.

Vorne am Eingang stand ein Eimer. Und wenn die Türen zum Bunker an der Bergstraße verschlossen wurden, war dieser Eimer voll. Dieser Eimer ist Teil der bitteren Kriegsrealität. Er gehört zu einem Bereich der Wirklichkeit, die auch jene, die die Angriffe auf Hagen im Zweiten Weltkrieg erlebten, bis heute oft ausblenden.

Frische Unterwäsche und eine neue Hose

„In diesen Eimer“, sagt Wilfried Maehler vom Bochumer Studienkreis für Bunker, „kamen die Hosen.“ Die Hosen von jenen, die nicht mehr an sich halten konnten, als die ersten Bomben hinter ihnen detonierten. „Sie mussten sie am Bunkereingang ausziehen und bekamen neue Unterwäsche und eine neue Hosen. Das waren in der Regel Kleidungsstücke von deportierten Juden.“

Der Bunker an der Bergstraße wird am Tag des offenen Denkmals 2013 geöffnet
Der Bunker an der Bergstraße wird am Tag des offenen Denkmals 2013 geöffnet © WP

Vier Toiletten mussten für bis zu 3000 Leute ausreichen. Was besonders in der ersten Stunde eines Angriffs nicht reichen konnte. „So ein Fliegeralarm war ein traumatisches Erlebnis“, sagt Wilfried Maehler, „wer das zwei- bis dreimal erlebt hatte, dem räumte der Körper eine gewisse Kulanzzeit ein. Wenn dann aber bis zu 800 Leute innerhalb von 20 Minuten sich eine Toilette teilen mussten – das konnte nicht funktionieren.“

20 Menschen in engen Räumen

Die Hygieneprobleme waren hinter den meterdicken Wänden aus Beton nicht in den Griff zu kriegen. „Epidemien machten sich schnell breit“, erzählt Wilfried Maehler, „die Menschen litten an Typhus und Krätze oder sie hatten Läuse. Der Planung nach waren viele Bunker für bis zu 800 Leute gedacht. Bei einem Alarm kamen oft viermal so viele. In Räumen, die für sechs Personen ausgelegt waren, drängten sich mehr als 20 – über Stunden.“

Sofort-Befehl

Durch einen Führersofort-Befehl war die Legitimation mit den ersten Angriffen auf deutsche Städte zum Bau der Stahl- und Betonkolosse gegeben worden.

Die Pläne lagen zu diesem Zeitpunkt längst in den Schubläden. Sie stammten von Flieger- und Ballonvereinen, die sich nach dem ersten Weltkrieg formiert hatten. „Sie haben sich schon früh mit dem Thema Luftschutz beschäftigt“, so Wilfried Maehler. „Schon im Jahr 1927 existierten viele Bunker-Pläne. Auf die haben die Nationalsozialisten zurückgegriffen.“ Auch der Bau an der Bergstraße zählt zu den Bunkern der ersten Welle. Allerdings waren diese Bunker für Bomben bis 500 Kilogramm ausgelegt. Die Wände und die Decke waren 1 bis 1,40 Meter dick. „Als sie fertig waren, warfen die alliierten Verbände allerdings bereits 2000-Kilo-Bomben ab“, sagt Wilfried Mähler. „Man hat die veralteten Pläne ad hoc umgesetzt. Es war den Nationalsozialisten unangenehm, die enorme Sprengkraft der feindlichen Waffen einzugestehen.“

Alles andere als durchdacht

Und auch sonst waren Bau- und Planung alles anderer als durchdacht. Denn den Stahl, der für die Bunker vorgesehen war, wurde ebenso dringend in der Rüstungsindustrie benötigt. Auch die Arbeiter – 300 bis 400 Menschen wurden für den Bau eines Bunkers eingesetzt – wurden an anderen Stellen benötigt. Betonmischer gab es nicht. Der wurde vor Ort per Hand gemixt.

Die hygienischen Verhältnisse waren katastrophal. Ausreichend Waschgelegenheiten und Toiletten gab es nicht.
Die hygienischen Verhältnisse waren katastrophal. Ausreichend Waschgelegenheiten und Toiletten gab es nicht. © WP

Kleinere Mängel beim Bau wurden ganz bewusst in Kauf genommen. Viele Anlagen (auch der Bunker an der Bergstraße) konnten nicht fertiggestellt werden. „Das wird schon an der Fassade deutlich“, so Maehler, „eigentlich sollte die verklinkert werden.“

Dafür wurden Heizungsanlagen in die neuen Bunker eingebaut. „Absoluter Blödsinn“, wie Wilfried Maehler erklärt. „Die Angriffe, die verschiedene Verbände direkt hintereinander flogen, dauerten zum Teil bis zu acht Stunden. Bei 3000 Leuten in den Bunkern lagen die Temperaturen schnell zwischen 27 und 30 Grad. Kein Mensch brauchte da eine Heizung.“